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# taz.de -- Die Wahrheit: Mit Lach und Krach
> Humorpolitik einfach erklärt: Was aus der lustigen Satirestaatsaffäre zu
> lernen ist und welche neuen Power-Pointen-Paare auf uns zukommen.
Bild: Die polnische Staatsspitze um Beata Szydlo und Jaroslaw Kaczynski fühlt …
Wer jetzt nicht lacht, wird plattgemacht. Seitdem der türkische Komiker
RecepErdoğan und der deutsche TV-Scherzbold Jan Böhmermann erfolgreich als
Duo zusammenarbeiten, ist die Welt nicht mehr dieselbe. Die Pariser
Anschläge auf das Satiremagazin Charlie Hebdo haben die weltweite
Witzsolidarität unter dem Schlachtruf „Je suis Charlie“ geschmiedet – je…
haben die Humorverbraucher Europas eine neue, schlagkräftige Satireallianz:
die Türkei und Deutschland Hand in Hand, um türkische Lächerlichkeiten und
deutsche Schmähungen international zu zertifizieren und wettbewerbsfähig zu
machen.
Das kranke Ziel dieser großartigen Koalition: Ultrakrasse
Gedankenherrschaft und absolute Totalkontrolle über alle Medien inklusive
Internet. Und das ist ihr gelungen. Mittlerweile beschäftigen sich 92
Prozent aller Facebook-Postings und Twitternachrichten mit der lustigen
Satirestaatsaffäre. Politiker in Straßburg, Berlin und Ankara debattieren
darüber, ob Ziegenficker ein ehrbarer Ausbildungsberuf ist oder ob man
darüber Witze machen darf. Nur die Ziegen fragt mal wieder keiner.
Dafür wollen nun Spaßvögel wie Springer-Chef Mathias Döpfner die weltweite
Satiresolidarität an sich reißen, und sein Gehilfe, der ehemals
talibanbarttragende Kai Diekmann, schreibt Satiren, die nicht halb so
lustig sind wie die täglichen Knallgasexplosionen seines Kolumnisten Franz
Josef Wagner.
Aneinandergereiht, verkettet, ordentlich verknotet und in einen sehr großen
Beutel gesteckt, ergäben alle derzeit in Umlauf befindlichen
Erdoğan-Böhmermann-Trittbrettwitze einen Lachsack in den Dimensionen Peter
Altmaiers. Doch der Kanzleramtschef schweigt und tut nichts für Böhmermann.
Übrigens als Einziger. Dafür haben sich bereits geäußert: der griechische
Comedian Gianis Varoufakis (einmal), die ostdeutsche Stimmungskanone Angela
Merkel (zweimal) und der lustige Nachrichtenonkel Steffen Seibert
(täglich). Wortmeldungen fehlen indes noch vom Humorexperten Donald Trump,
dem verrückten Comedy-Papst aus Rom (Italien), von Helmut Kohl und Til
Schweiger. Und die SPD dümpelt im historischen Umfragetief, weil sie es
nicht mal schafft, sich zur Schmähfrage kompetent zu äußern.
## Fies aus dem Hinterhalt
Dafür hat nun, ohne Vorankündigung und fies aus dem Hinterhalt, Didi
Hallervorden zugeschlagen („Erdoğan, zeig mich an“), was eine weitere
Eskalation der Ereignisse zur Folge haben dürfte. Denn so weit darf Satire
wirklich nicht gehen. Plötzlich ist „Je suis Erdoğan“ eine nachvollziehba…
Solidarisierung geworden, die sich nun sogar die polnische Komödiantin und
PiS-Politikerin Beata Szydło zu eigen macht.
Nachdem sie mitbekommen hat, dass sie in Böhmermanns „Be Deutsch“-Video
viel zu kurz vorkommt – in einer Bildsequenz beliebter rechtsradikaler
Ausländer- und Migrantenhasser von Donald Trump über Geert Wilders, Viktor
Orbán und Marine Le Pen bis Frauke Petry ist Szydłos Foto nur für eine
einzige Sekunde zu sehen –, ist sie nun ebenfalls stinksauer, total
beleidigt und voll aus dem Häuschen.
Bei den anstehenden Feierlichkeiten zum zehnjährigen Jubiläum der
deutsch-polnischen „Kartoffelgate“-Affäre – Peter Köhler hatte in der
Wahrheit vom 26. 6. 2006 den damals noch nicht abgestürzten polnischen
Ministerpräsidenten Lech Kaczyńskials „Polens neue Kartoffel“ porträtier…
plant die „Piserin“, wie man sie in ihren Parteikreisen scherzhaft nennt,
die symbolische Verbrennung einer Böhmermann-Puppe in Auschwitz, dem
Geburtsort Szydłos. Erdoğan ist bereits als Ehrengast geladen und wird
gemeinsam ohne Ziege erwartet. Dafür aber mit Gattin Emine Erdoğan – dies
freilich nur, wenn sie ein ordentliches Putzfrauenkopftuch trägt, wie man
es in polnischen Arbeitnehmerinnenkreisen bis heute zu schätzen weiß.
## Neues Duo: Augstein und Assad
Was lehrt uns das? Dass Comedians aus aller Welt künftig noch enger
zusammenarbeiten müssen, um die Grenzen der Satire und des schlechten
Geschmacks Tag für Tag von Neuem auszuloten.
Erkan und Stefan waren gestern, Erdoğan und Jan sind heute – aber welches
Power-Pointen-Paar kommt morgen? Augstein und Assad einmal wöchentlich auf
dem Ereignisfreikanal Phoenix? Olli Welke und Hans Olli Henkel im täglichen
Talkabtausch auf ZDF Neo? Claudia Roth und Akif Pirinçci beim fidelen
Schlammcatchen im rotgrünversifften Lesbenhomo-Sumpf? Und das neue
Humortrauma-Traumpaar Kim Jong Un und Dieter Nuhr liest uns täglich die
Leviten? Dann wird’s ganz sicher richtig lustig.
15 Apr 2016
## AUTOREN
Oliver Maria Schmitt
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