# taz.de -- Verbot von sexistischer Werbung geplant: Sex sells? Nicht mehr lange | |
> SPD-Justizminister Heiko Maas will sexistische Werbung verbieten. Die | |
> Werbebranche wehrt sich: Das ist Zensur. FDP-Chef Lindner findet Maas | |
> spießig. | |
Bild: Sexistische Werbung: der Frauenkörper als Blickfang | |
Berlin taz | Sie sind eine Frau und wissen nicht so recht, wohin mit dem | |
Parfümflakon ihres Partners? Kein Problem, der Designer und Filmregisseur | |
Tom Ford hat eine Idee: einfach zwischen Ihre Brüste quetschen. | |
So jedenfalls wirbt der Amerikaner für einen seiner Männerdüfte. Die Frau, | |
zwischen deren Brüste die Flasche klemmt, ist nackt und hat den Mund | |
lustvoll geöffnet, wie kurz vor dem Orgasmus. Oder wie Tom Ford sich diesen | |
vorstellt. | |
Ist das sexistisch? Eindeutig, sagt Stevie Schmiedel, Geschäftsführerin von | |
Pinkstinks in Hamburg, einer Organisation, die sich gegen Sexismus in der | |
Werbung wendet. „Hier wird ganz klar visuelle Erniedrigung von Frauen und | |
ihren Körpern betrieben“, sagt die Geschlechterforscherin. | |
Dagegen gehen Schmiedel und ihr Verein seit Längerem vor. Pinkstinks | |
sammelt Werbung, die unter die Gürtellinie zielt, veröffentlicht sie und | |
meldet sie teilweise dem Deutschen Werberat. Die Selbstkontrolleinrichtung | |
rügt die Verstöße öffentlich. | |
Jetzt erhält Pinkstinks Unterstützung von Justizminister Heiko Maas (SPD). | |
Er will sexistische Werbung verbieten, weiß der Spiegel. Es gebe hierzu | |
noch keinen ausgefeilten Gesetzentwurf, aber bereits | |
Formulierungsvorschläge, heißt es dazu aus dem Justizministerium. | |
„Wir haben das Justizministerium diesbezüglich beraten“, so Schmiedel: „… | |
hoffen, dass unsere Vorschläge im Gesetzentwurf aufgegriffen werden.“ | |
## Der weibliche Körper als Blickfang | |
So ist es nach Vorstellung von Pinkstinks verurteilenswert, wenn „Frauen | |
auf einen Gegenstand zum sexuellen Gebrauch reduziert“ werden. Vor allem | |
dann, wenn „weibliche Körper oder Körperteile ohne Produktbezug als | |
Blickfang eingesetzt“ werden. | |
Maas’Idee stößt bei der Werbeindustrie auf Widerspruch. „Werbeverbote | |
helfen nicht gegen Sexismus“, meint der Zentralverband der deutschen | |
Werbewirtschaft. Dessen Chef, Manfred Parteina, sieht in dem geplanten | |
Verbot einen „Missbrauch des Wettbewerbsrechts für Werbezensur“. Ein | |
Werbeverbot könne kein „Fehlverhalten von Einzelnen oder Gruppen | |
verhindern“. | |
Der Marketingexperte erhält Schützenhilfe von Christian Lindner. Der | |
FDP-Chef wirft Maas vor, dass dessen „Pläne zum Verbot von Nacktheit und | |
sexualisierter Werbung“ an „Spießigkeit kaum zu überbieten“ seien. „D… | |
Verhüllung von Frauen zur Bändigung von Männern zu fordern, das kannte man | |
von radikalen islamischen Religionsführern, aber nicht vom deutschen | |
Justizminister“, so Lindner weiter. | |
## Verbot von Stereotypen | |
Stevie Schmiedel hält dagegen: Es gehe nicht um pauschale Verbote, sondern | |
um ein „Verbot von Stereotypen“. Wenn beispielsweise ein | |
Waschmaschinenproduzent seine Produkte ausschließlich mit Frauen bewerben | |
würde, stünde dahinter eine Botschaft: Die Frau gehöre an die | |
Waschmaschine. | |
Jeden Tag landen bei Pinkstinks mindestens zwei Meldungen zu sexistischen | |
Werbeverstößen. Auffallend oft mit Werbepostern und -bildern von | |
Autohäusern und Wurstbuden aus dem ländlichen Raum. Da werde der | |
Reparaturservice einer Autowerkstatt mit voluminösen Frauenbrüsten | |
beworben. „Das finden die Kunden vielfach lustig“, fragt Schmiedel. | |
Und was sagt der Werberat? Der findet Anzeigen verurteilenswert, die | |
Menschen auf ihren Körper und ihre Sexualität reduzieren und die | |
suggerieren, jemand sei allzeit zum Sex bereit. Darunter fallen auch | |
Anzeigen, die Nacktheit übertrieben herausstellten, sowie Pornografie. Im | |
vergangenen Jahr rügte der Werberat 196 Fälle sexistischer Werbung. Das | |
waren 52 Prozent aller Klagen, die das Kontrollgremium im Visier hatte. | |
11 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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