# taz.de -- Streit über neue Gentech-Methode: Ökobranche greift Bioforscher an | |
> „CRISPR hat großes Potenzial“, meint Wissenschaftler Urs Niggli. Für | |
> diese Äußerung gegenüber der taz kriegt er jetzt Gegenwind aus der Szene. | |
Bild: Schönstes Sommerwetter, nur über die Frage nach der richtigen Anbaumeth… | |
BERLIN taz | Der Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau, | |
Urs Niggli, stößt mit seinem Plädoyer für die neue Gentechnikmethode | |
Crispr/Cas auf teils heftigen Widerstand in der Ökoszene. „Weil hier | |
technisch direkt ins Erbgut eingegriffen wird, muss man sich mit Crispr/Cas | |
geschaffene Pflanzen genauso intensiv anschauen wie Pflanzen der alten | |
Gentechnik“, sagt Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bunds | |
Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), der taz. „Deswegen ist es auch | |
keine Technologie, die sich für den ökologischen Landbau eignen würde.“ | |
Niggli [1][hatte in der taz gesagt]: „Crispr/Cas hat großes Potenzial“, | |
weil man damit Pflanzen einfacher und genauer manipulieren könne als mit | |
früheren Gentech-Verfahren. Risiken und Nutzen „sollte man für jede | |
Anwendung einzeln bewerten, statt diese Technik generell abzulehnen.“ Mit | |
der Methode könne man zum Beispiel Gene für Krankheitsanfälligkeit | |
ausschalten. Das sei auch für den Biolandbau interessant. Niggli sprach | |
sich zudem dafür aus, Crispr/Cas-Pflanzen, in die keine artfremden Gene | |
eingeführt wurden, leichter zuzulassen als jene aus älteren | |
Gentechmethoden. | |
„Das ist eine Freisetzung, die nicht rückholbar ist“, widerspricht | |
BÖLW-Chef zu Löwenstein. Crispr/Cas sei weder so präzise wie suggeriert | |
wird, noch sei bekannt, wie es genau funktioniert. „Ungewollte | |
Veränderungen im Genom sind damit nicht ausgeschlossen.“ Auf die Frage, ob | |
Risiken belegt seien, antwortete er, die Hersteller müssten beweisen, dass | |
ihre Produkte sicher seien. Denn Crispr/Cas sei eine „Technik, bei der es | |
kaum Erfahrungen, aber Hinweise auf Risiken gibt“. Löwenstein wies Nigglis | |
Argument zurück, Crispr/Cas-Pflanzen könnten nicht durch Patente geschützt | |
werden, wenn das Genom nur wenig verändert würde. „Selbst einige | |
konventionelle Pflanzen werden schon patentiert“, so der Biolobbyist. | |
Der Geschäftsführer des in der Anti-Gentech-Szene einflussreichen Vereins | |
Testbiotech, Christoph Then, ergänzte, die Universität Kalifornien besitze | |
bereits ein [2][Patent auf Crispr/Cas]. Außerdem gebe es einen | |
Lizenzvertrag mit dem Saatgutkonzern DuPont. Zwar würden noch viele Labors | |
frei mit der Methode arbeiten, „aber das wird sich ändern, wenn es ans | |
Verkaufen des Saatguts geht“. | |
Die Gentechnik-Referentin des [3][Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND)], | |
Heike Moldenhauer, antwortet auf die Frage, ob Niggli der | |
Anti-Gentech-Bewegung in den Rücken gefallen sei: „Was die | |
Regulierungsfragen angeht: definitiv. Problematisch finde ich auch, dass er | |
sich nicht abgestimmt hat mit den Leuten, für die er arbeitet. Er tritt | |
sehr auf als Solitär und nicht als Teil der Bewegung, zu der er eigentlich | |
gehört.“ Zum Einwand, Niggli sei ja Wissenschaftler und nicht Lobbyist, | |
sagt die Aktivistin: „Ich glaube wirklich nicht an die reine Wissenschaft. | |
Jeder ist auf seine Art und Weise dann Interessenvertreter.“ | |
Der Verein Saat:gut, der die Ökopflanzenzüchtung fördert, verlangte [4][in | |
einem offenen Brief] an den Stiftungsrat von Nigglis Institut sogar, dessen | |
Mitarbeiter „darauf zu verpflichten, in ihren öffentlichen Äußerungen zu | |
den Zielen und Inhalten des Ökolandbaus zu stehen“. | |
Testbiotech-Chef Then kritisiert, Nigglis Äußerungen entsprächen „eher der | |
Propaganda der Betreiber“ der Gentechnik. Er merkte an, Niggli sitze im | |
Kuratorium des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung: „Diese | |
Netzwerke müsste man noch mal genauer untersuchen.“ Er sei „nicht der | |
Meinung von Niggli, aber ich spreche ihm nicht das Recht ab, seine Meinung | |
dazu zu äußern“, betont BÖLW-Chef zu Löwenstein. Niggli habe „so viel zu | |
sagen zu all den Themen des ökologischen Landbaus, dass er eine wichtige | |
Stimme ist“. Auch über Crispr/Cas dürfe diskutiert werden. Niggli sei „ke… | |
Vertreter der Biobauern“. Und: „Dogmen gehören nur in die Glaubenswelt – | |
und Exkommunikation auch.“ | |
11 Apr 2016 | |
## LINKS | |
[1] /Oekoforscher-ueber-neue-Gentech-Methode/!5290509 | |
[2] /Streit-um-CRISPR-Patente/!5289490 | |
[3] http://www.bund.net/ | |
[4] http://www.saat-gut.org/downloads/Pressemitteilung_SaatguteV_07042016.pdf | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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