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# taz.de -- Kolumne Eben: Mein persönlicher Weltmachtanspruch
> Der Facebook-Chef benutzt sein Kind, um uns die Daten aus der Tasche zu
> ziehen. Ach ja? Und warum stellen wir dann Kinderfotos auf diese Seite?
Bild: Spricht der Kleine schon Tibetobirmanisch?
Bis neulich verwechselte ich immer Mark Zuckerberg mit Steve Jobs. Dann gab
es einen Film über den einen. Und der andere bekam ein Baby. Daraufhin gab
es Tumult, weil der das auf seiner eigenen Firmenseite gepostet hatte.
Den Tumult fand ich amüsant. Musste lange überlegen, wen ich mit Kind und
Facebookaccount kenne, der den Elternstatus nicht annonciert oder mit
Fotos, Dialogen oder Kindgebasteltem dokumentiert hat.
Die dortigen Mitteilungen von der Art „Der 6-Jährige so über Merkel:…“ …
das neue: „Unser 5-Jähriger kann schon Chinesisch. Als nächstes will er
Tibetobirmanisch, ein Primärzweig des Sinotibetischen lernen.“ So wenig
hier auf die Persönlichkeitsrechte der Kleinen Rücksicht genommen wird, so
wenig kaschieren diese Einträge, was sie sind: Statusupdates von Narziss,
der sich vorm Spiegel wieder die Haare schön macht.
Und dafür benutzt er die Kinder, um die vermeintlich unschuldige,
unverstellte, unkorrumpierte Sicht auf die Dinge in die Welt zu tragen. Auf
dass niemand mehr argumentieren und man nur noch ein Stück zuckerfreie
Bioschokolade reichen kann.
## Alleine mit dem Rest der Welt
Nun hat Zuckerberg im Daddy-Rausch angekündigt, dass er ein Vater für alle
sein will, also dings, ein besserer Mensch eben. Und sein Geld will er so
verteilen, dass die ganze Welt und alle Kinder ins Internet und auf seine
Seite können.
Ha! Kindesmissbrauch! Das geht zu weit. Philantrop nennt ihn jetzt nur noch
Wikipedia. Für seine deutschen [1][Kritiker von der FAZ] und den
[2][Radikalen von links] ist er ein verlogener Steuerhinterzieher und
Datendealer, der den Geheimdiensten noch die Wanzen bezahlt und mit dem
Brief seinen „persönlichen Weltmachtanspruch“ formuliert hat, das aber als
Menschenliebe verkauft und sein Geld nicht mit ehrlicher Wertarbeit,
sondern mit Zinsen verdient, die er aus unserem Seelenleben, unseren Daten
generiert.
Zuckerberg mache sich ganz einfach die Welt wiedewiedewie sie ihm gefällt.
Die Kritiker Zuckerbergs entgegnen dem Vorwurf, ihre Kritik sei von
Ressentiments geleitet: „Einst nannte man so etwas [3][Ideologiekritik]“.
Soso. Die Vorstellung von politischer Ökonomie, in der ein Einzelner mit
unmoralischen Machenschaften die ganze schöne heile Welt der ehrlich
Arbeitenden vergiftet - einst nannte man so etwas verkürzte
Kapitalismuskritik.
Zuckerberg muss gar keinen Anspruch auf Weltmacht mehr formulieren,
Facebook ist schon Weltmacht. Und genauso wie Verkäufer nachhaltiger
deutscher Turnschuhe oder Akkuschrauber, versucht er, sein Produkt über ein
verkaufsförderliches Image weltweit zu vermarkten. Das ist auch nicht
verlogener als sagen wir das der Berliner Stadtreinigung „We kehr‘ for you�…
oder das der Berliner Verkehrsbetriebe „[4][So schmeckt Schal – is mir
egal“] oder das von Nokia „Connecting People“.
## Jedes Posting zählt
Dass er durch seine großzügige Spende nur Steuern hinterziehen wolle, ist
auch so ein Argument. Zumindest kann man im [5][Wirtschaftsteil jener
Zeitung], die Zuckerberg im Feuilleton für einen verlogenen Seelenverkäufer
hält, nachlesen, dass Facebook sogar eine höhere Steuerquote als manch
anderes, in deutscher Familientradition geführtes, Unternehmen hat.
In Zeiten, in denen kein einsamer Koffer auf einem Bahnhof stehen kann,
ohne dass das Bekennerschreiben vom IS sofort raus geht und auf Facebook
wahllos Muslime dafür verantwortlich gemacht werden, ist es besser, einen
Zuckerberg zu haben, der „[6][als Jude“] verspricht, dass auf seiner
Plattform kein Muslim davor Angst haben muss, für die Taten anderer
verantwortlich gemacht zu werden.
Ob er damit auch nur wieder seinen persönlichen Weltmachtanspruch
kaschieren will? Und wenn schon. An diesem Versprechen wird er sich mit
jedem Posting, das bei Facebook veröffentlicht wird, messen lassen müssen.
Und im Übrigen würd ich hier gern auch noch meinen persönlichen
Weltmachtanspruch formulieren: Alles, was ich denke, was die Welt gut und
bunt und vielfältig und friedvoll macht, möchte ich gern auch auf der
ganzen Welt verbreitet wissen. Einst nannte man das Universalismus. Wenn
ich rausgefunden habe, wie das geht, das versprech ich, poste ich es auf
Facebook.
15 Dec 2015
## LINKS
[1] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/facebook-chef-mark-zuckerber…
[2] http://linksunten.indymedia.org/de/node/162073
[3] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/offener-brief-von-juergen-ka…
[4] http://www.youtube.com/watch?v=xvcpy4WjZMs
[5] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/maechtige-internetriesen/facebook-zah…
[6] http://www.facebook.com/zuck/posts/10102517406079831
## AUTOREN
Doris Akrap
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