| # taz.de -- Doku über rechte Musik: Nazischlager schlägt Metalcore | |
| > Linke definieren sich kaum noch über Musik, Neonazis umso stärker. Die | |
| > Doku „Deutsche Pop-Zustände“ geht der Geschichte rechter Musik nach. | |
| Bild: Auch Philipp Burger von der Band Frei.Wild setzt sich in der Doku mit Rec… | |
| Dank der HipHop-Band Antilopen Gang wissen wir: „Beate Zschäpe hört U2.“ | |
| Bekannt ist aber auch, dass sie mit ihren Freunden vom NSU regelmäßig | |
| Konzerte von strammen Neonazi-Bands besucht hat. Überhaupt scheint der NSU | |
| starke Bande zur rechten Musikszene gehabt zu haben. | |
| Er wurde von einem Ableger des internationalen Rechtsrock-Netzwerks Blood & | |
| Honour unterstützt, ein Bekennervideo wurde mit Stücken der Neonazi-Band | |
| Noie Werte unterlegt und dann gibt es noch Gigi & Die Braunen | |
| Stadtmusikanten, die auf einem Song ihres Albums „Adolf Hitler lebt!“ einen | |
| gewissen „Döner-Killer“ besangen. Die Band heroisierte den NSU zu einer | |
| Zeit, in der die Staatsanwaltschaft noch nichts von dessen Existenz wusste. | |
| In ihrem Dokumentarfilm „Deutsche Pop-Zustände – eine Geschichte rechter | |
| Musik“, der heute auf 3Sat zu sehen ist, gehen die Regisseure Lucía | |
| Palacios und Dietmar Post der Bedeutung von Musik im rechten Spektrum nach. | |
| Das Ergebnis ihrer Recherche ist beunruhigend: Während Popmusik für die | |
| Linke immer weniger identitäre Bedeutung hat, verfeinert die Rechte ihren | |
| Umgang mit Musik als Mittel der Propaganda und Agitation. | |
| Wer sich heute für rechts hält, muss nicht mehr Endstufe und Störkraft und | |
| deren martialischen Metalcore voller Hassbotschaften hören, sondern kann | |
| auch mal über Neonazi-Schlager schmunzeln, rechten Liedermachern mit | |
| Akustikgitarren lauschen. Selbst HipHop gibt es jetzt für Rechte, | |
| Verzeihung, „deutschen Sprechgesang“. | |
| Jugendkulturen definieren sich heute kaum noch über Musik, Neonazis dagegen | |
| umso stärker. Der für den Film interviewte Bielefelder Soziologe Wilhelm | |
| Heitmeyer, dessen Langzeitstudie „Deutsche Zustände“ titelgebend für die | |
| Dokumentation ist, glaubt, dass die textliche Verrohung in Nazi-Songs, in | |
| denen fröhlich zum Massakrieren aufgerufen wird, letztlich zu Taten wie | |
| denen des NSU führen. | |
| ## Ist Rammstein rechts? | |
| „Deutsche Pop-Zustände“ verfolgt sein Thema geradlinig und zielgerichtet, | |
| beinahe didaktisch. Dass der Nazi-Musik eine immense Wirkmacht zugestanden | |
| wird, merkt man daran, dass Beispiele meist nur vermittelt gezeigt werden. | |
| Man sieht Rechtsrock-Experten, wie sie sich am Laptop einen Rechtsrock-Clip | |
| ansehen, ganz so, als könne es bei diesem Thema gar nicht genug kritische | |
| Distanz geben. | |
| Relativ chronologisch wird dann die Entwicklung rechter Musik seit Ende der | |
| Siebziger bis heute referiert. Von den Böhsen Onkelz über allerlei | |
| Skinhead- und Hooligan-Bands bis hin zum ersten etwas bekannteren | |
| Nazi-Rapper MaKss Damage ist alles dabei. Dazwischen wird kurz die Frage | |
| aufgeworfen, ob Rammstein denn nun wirklich rechts sind. | |
| Das Aufkommen bestimmter Bands und ihrer Themen wird dabei mit | |
| gesellschaftspolitischen Ereignissen gespiegelt, mit Roland Kochs | |
| Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft Ende der | |
| Neunziger, den Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen, mit dem neuen | |
| Schland-Patriotismus nach der Fußball-WM 2006. | |
| Nicht an schlecht durchleuchteten Rändern der Gesellschaft entsteht demnach | |
| all die Blut-und-Boden-Musik der rechten Szene, sondern in deren Mitte. Und | |
| am Ende haben wir Xavier Naidoo, der sich inzwischen zu den völkischen | |
| Verschwörern der sogenannten Reichsbürgerbewegung bekennt und gleichzeitig | |
| in der Jury von „Voice of Germany“ saß. | |
| 4 Nov 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Hartmann | |
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