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# taz.de -- Ex-Landser-Sänger in Berlin: Polizei ignoriert Nazikonzert
> Szeneintern wird für ein Lunikoff-Konzert geworben, das Samstag an einem
> geheimen Ort stattfinden soll. Die Karten verkauft NPD-Chef Schmidtke.
Bild: Will diesen Mann wirklich jemand sehen? Neonazi und Sänger Michael Regen…
„Des Reiches heilige Fahne“ oder „Wenn ihr die Fremden so liebt“, heiß…
die Lieder auf dem neuesten Album des Neonazi-Sängers Michael Regener,
früher Sänger der mittlerweile verbotenen Band „Landser“, heute unter dem
Namen „Lunikoff“ weiterhin eine Szenegröße. Mit ihm wollen Berliner
Neonazis offenbar einen konspirativ organisierten „Liederabend“ am Samstag
veranstalten, der in rechtsextremen Kreisen mit dem Vermerk „Nur intern
weiterleiten!“ beworben wird – die Eintrittskarte im Vorverkauf zu 10, an
der Abendkasse zu 12 Euro.
Der Ort, an dem das Neonazi-Konzert stattfinden soll, ist bisher nicht
bekannt. Der Einladungstext und auch der Auftritt Lunikoffs spricht laut
der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) aber dafür, dass der
Liederabend eine Veranstaltung in größerem Stil werden soll: „Wir wissen,
dass dieser Musiker in der Szene eine beachtliche Besucheranzahl anziehen
kann“, sagt die Leiterin der MBR, Bianca Klose. Begleitet werden soll
Regener, dessen frühere Band Landser 2003 als kriminelle Vereinigung
eingestuft wurde und der ab 2005 eine gut dreijährige Haftstrafe absaß,
laut Ankündigungstext von dem rechtsextremen Liedermacherduo
„Diggi&Klampfe“ aus Thüringen.
## Der Parteichef persönlich
Für den Kartenverkauf ist in dem Text nur eine Handynummer angegeben, doch
hinter der verbirgt sich kein Unbekannter: Laut mehrerer Internet-Einträge
der NPD Berlin gehört die Nummer zu deren Vorsitzendem, dem Neonazi
Sebastian Schmidtke. Dass der Landesvorsitzende höchstpersönlich den
Kartenverkauf organisiert, könnte auf die NPD-Zentrale in Köpenick als
Veranstaltungsort schließen lassen. Wie in der letzten Woche auf Anfrage
der Grünen-Abgeordneten Clara Herrmann bekannt wurde, hatte hier erst Ende
Mai ein rechtsextremes Konzert mehrerer Musiker stattgefunden.
Die Polizei habe Kenntnis über die geplante Veranstaltung, so eine
Sprecherin auf Anfrage der taz. „Da zu dem Konzert aber nicht öffentlich
eingeladen wird und es sich somit um eine private Veranstaltung handelt,
kann die Polizei nur tätig werden, wenn eine Anzeige erstattet wird, etwa
wegen Ruhestörung oder Volksverhetzung“, so die Sprecherin. Erkenntnisse
über den Ort der Veranstaltung lägen nicht vor.
In den letzten Jahren war die Berliner Polizei in der Regel konsequent
gegen rechtsextreme Musikveranstaltungen vorgegangen, mehrere Konzerte
konnten so verhindert werden. Davon ist am Mittwoch wenig zu merken: Man
könne zwar vermuten, dass auf der Veranstaltung Lieder mit
volksverhetzendem oder anderweitig strafrechtlich relevantem Inhalt
gespielt würden, die Vermutung allein stelle aber noch keinen Grund für ein
polizeiliches Eingreifen dar, so die Sprecherin.
„Rechtsextremen Straftätern wie Michael Regener darf in dieser Stadt kein
Podium für ihre menschenverachtende Musik geboten werden“, sagt hingegen
Bianca Klose. Insbesondere die An- und Abreise der Konzertbesucher stelle
„eine erhebliche Gefährdung für potenziell Betroffene rechtsextremer
Gewalt“ dar. Sowohl der Ankündigungstext als auch die Popularität Lunikoffs
sprächen deutlich gegen eine Veranstaltung in rein privatem Rahmen.
Im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird Regener mit seiner Band „Die
Lunikoff-Verschwörung“ als Kern des Netzwerks „Rechtsextremistische Musik�…
bezeichnet. Regener sei einer der prominentesten Akteure der Szene, sein
Name gelte als „Zugpferd“. Im Juli wurde erneut ein Strafverfahren gegen
ihn eingeleitet, weil die bayerische Polizei bei der Kontrolle des zu einem
Konzert anreisenden Musikers einen als Taschenlampe getarnten
Elektroschocker bei ihm fand.
12 Aug 2015
## AUTOREN
Malene Gürgen
## TAGS
Schwerpunkt Neonazis
Rechtsrock
NPD
Schwerpunkt Neonazis
TV-Dokumentation
Schwerpunkt Rechter Terror
Protest
Nazis
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