# taz.de -- Registrierung in Dänemark: Angst vor Zwangsasyl | |
> Viele Flüchtlinge trauen sich aus Furcht vor einer zwangsweisen | |
> Registrierung nicht über dänische Grenze und kommen nach Hamburg zurück. | |
Bild: Weisen Flüchtlingen nicht länger den Weg nach Schweden: Helfer in Flens… | |
FLENSBURG/HAMBURG taz | Familien sitzen auf Decken auf dem Boden, andere | |
drängen sich auf den Bänken in der Bahnhofshalle. Vor dem Gebäude stehen | |
junge Männer, rauchend, redend, unruhig – einige Hundert Menschen sind in | |
Flensburg gestrandet. Zwar halten vor dem Bahnhof Reisebusse, mit denen die | |
Flüchtlinge nach Dänemark weiterreisen könnten – als nächste Station auf | |
dem Weg nach Schweden –, doch seit Donnerstag raten die Ehrenamtlichen der | |
Initiative „Refugees Welcome – Flensburg“ den Flüchtlingen davon ab. | |
Nach ihren Informationen werde etwa jeder fünfte Bus gestoppt und Züge | |
kontrolliert. Flüchtlinge würden „zwangsregistriert“. Sie können in | |
Dänemark Asyl beantragen oder zurückfahren, nicht aber weiter nach Schweden | |
reisen. Da am Donnerstag deshalb immer mehr Menschen in Deutschland | |
blieben, mussten auch am Hamburger Hauptbahnhof, dem norddeutschen | |
Knotenpunkt, ungeplant 1.000 Flüchtlinge mehr untergebracht werden. | |
„Gegen 22 Uhr kam ein Zug mit rund 400 Flüchtlingen aus Flensburg zurück“, | |
berichtet Christian Böhme vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Mit | |
vereinten Kräften sei es gelungen, Notschlafplätze zu organisieren, unter | |
anderem im Musikklub „Docks“ auf St. Pauli. Die meisten übernachteten in | |
der nahe gelegenen Al-Nour-Moschee. In die städtische Erstunterkunft wollen | |
viele Flüchtlinge nicht, weil sie auch dort eine Registrierung fürchten. | |
Vor dem Wochenende blieb die Situation angespannt. Zwar versicherte ein | |
Vertreter der dänischen Bus-Gesellschaft, die Busse würden wie gewohnt zu | |
den Fähren fahren, die Flensburger Helfer überzeugt das aber nicht: „Wenn | |
Leute, denen wir grade ein Ticket nach Malmö gekauft haben, eine halbe | |
Stunde später in Padborg dänisches Asyl beantragen, passiert das bestimmt | |
nicht freiwillig“, sagt Pelle Hansen, einer der Sprecher der Initiative. | |
„Wir können es nicht mit unserem Gewissen vereinbaren, auch nur einen | |
dorthin zu schicken.“ | |
Flensburg gehört wie Kiel, Lübeck oder Rostock zu den Durchgangsorten in | |
Richtung Schweden. Im Unterschied zu den anderen Städten erreichen | |
Transit-Passagiere ab Flensburg die Fähre erst nach dem Landweg durch | |
Dänemark. Schon im September sammelten sich in Flensburg viele Flüchtlinge, | |
weil Dänemark die Grenzen schloss. Die aktuelle Strategie, sagt Hansen, sei | |
„Abschreckung durch Unsicherheit“. Und das Konzept scheint aufzugehen: Aus | |
Hamburg reisen Flüchtlinge nun in die Fährhäfen weiter. Doch dort fahren in | |
der Wintersaison weniger Fähren, sagen die Helfer. | |
In Flensburg sind viele der Flüchtlinge unsicher, was sie nun tun wollen. | |
Die Nacht konnten sie in einer städtischen Unterkunft verbringen, tagsüber | |
halten sie sich am Bahnhof auf, den die Bahn, anders als in vielen Städten, | |
als Aufenthaltsraum freigegeben hat. Ehrenamtliche versorgen die | |
Gestrandeten mit Essen und Kleidung. Einige werde sich vielleicht | |
entscheiden, in Deutschland Asyl zu beantragen. Andere könnten auf | |
Schleichwegen weiterreisen, meint Hansen: „Diese Menschen sind seit Monaten | |
unterwegs, sie lassen sich nicht aufhalten.“ | |
30 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
Esther Geißlinger | |
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