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# taz.de -- Räume für Flüchtlinge: Kiel beschlagnahmt, Lübeck besetzt
> Während Kiel ein leeres Kaufhaus beschlagnahmt, nehmen Lübecker
> Flüchtlingsunterstützer Gebäude des Gartenamtes symbolisch in Betrieb.
Bild: Symbolische Besetzung: Aktivisten vor dem Grünflächenamt.
Lübeck taz | Bunter Rauch weht vom Dach und malt für einen Augenblick einen
Regenbogen in die Luft: Mit diesem symbolischen Akt besiegelt das
[1][Lübecker Flüchtlingsforum] die „Inbetriebnahme“ einiger Gebäude, die
das städtische Grünflächenamt als Gerätelager, Büro und Frühstücksraum
nutzt.
Die Transitflüchtlinge auf dem Weg nach Schweden, die täglich zu Hunderten
nach Lübeck strömen, bräuchten die Häuser dringender, meinen die
Ehrenamtlichen des Forums, die mit ihrer Aktion am Samstag auf die Notlage
hinweisen wollten.
„Wir können Kinder bei diesem Wetter nicht auf der Straße spielen lassen
und Familien, die nachts ankommen, brauchen Schlafplätze“, sagt Jana
Schneider, eine der Sprecherinnen des Helferkreises. Doch die Stadt
erteilte ihrem Vorhaben eine Absage, unternahm aber auch nichts, um die
symbolische Übernahme der Häuser zu verhindern. Die Initiative will weiter
verhandeln.
Zeitgleich ließ der Oberbürgermeister von Kiel, Ulf Kämpfer, ein
leerstehendes ehemaliges Kaufhaus in der Innenstadt beschlagnahmen:
Feuerwehrleute stellten im Auftrag der Stadt Betten auf, um Schlafplätze
für 300 Flüchtlinge auf der Durchreise zu schaffen.
„Wir wollen sicherstellen, dass die Leute keine Nacht draußen campieren
müssen“, sagte Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) den Kieler Nachrichten.
Sein Lübecker Amtskollege und Parteifreund Bernd Saxe und dessen Senatoren
haben solche Bedenken offenbar nicht. Auf die Bitte des Forums, die Häuser
auf der Wallhalbinsel freizugeben, erwiderte Bausenator Franz-Peter Boden
(SPD), es gebe „keine Ersatzräumlichkeiten“ für den achtköpfigen
Arbeitstrupp des Grünflächenamtes.
Schließlich lagere hier Gerät, die Räume würden gebraucht, grummelte ein
Mitarbeiter des Amtes, der unter den Zuschauern stand, während
Ehrenamtliche des Forums das Gebäude von Weinranken befreiten und einen
Riesenteddy in ein Fenster setzten. Die Stadt verweist unter anderem
darauf, dass ein Arbeitsraum für den Vorarbeiter, sowie eine zweite Dusche
für die Frauen im Bautrupp gebraucht würden.
Tatsächlich gibt es in dem Backsteinhaus, das das Forum gern für die
Flüchtlinge nutzen will, zwei Duschen – in Betrieb ist aber sichtlich nur
eine. Weil in der anderen Kabine, die nachträglich in die Küche eingebaut
wurde, Putzmaterial liegt, hält Forumssprecherin Schneider den Hinweis für
„vorgeschoben“.
Sie betont aber, dass das Gebäude keineswegs besetzt oder beschlagnahmt
wurde: „Wir wollen nur klar machen, dass es so nicht weitergeht. Unsere
anderen Räume platzen aus allen Nähten.“
Das Forum ist an die „Alternative“ angegliedert, deren Grundstück an die
Häuser des Grünflächenamtes angrenzt. Dort haben die Ehrenamtlichen
Schlafplätze, Essensausgabe und Anlaufstellen für die Flüchtlinge
geschaffen, bezahlt aus eigenen Mitteln und Spenden [2][(taz berichtete).]
Von der Stadt erhoffen sich die Aktiven nun Entgegenkommen, um zumindest
die räumliche Not lindern zu können: „Die Häuser des Grünflächenamtes w�…
ideal, weil sie beheizbar sind“, sagt Schneider. „Wir sind weiter
verhandlungsbereit und hoffen auf eine gute Lösung.“
Hinter den Kulissen finden Gespräche statt, an denen allerdings nur
VertreterInnen des Forums und der SPD, Mehrheitspartei in der Stadt,
beteiligt sind, kritisiert Antje Jansen, Bürgerschaftsabgeordnete der
Linken.
Sie rechnet damit, dass die Stadtverwaltung in den nächsten Tagen einlenkt
und das Gebäude freigibt: „Die Flüchtlinge und das Forum erhalten in Lübeck
viel Unterstützung.“ Der Bürgermeister könne es sich gar nicht leisten,
massiv dagegen vorzugehen, sagt sie.
Bisher aber blieben die Verantwortlichen zögerlich: Wirtschafts- und
Sozialsenator Sven Schindler (SPD) war zwar bei der symbolischen Übernahme
der Gebäude dabei, wollte sich aber auf Medienanfragen nicht äußern. Nur
soviel: Er „glaube und hoffe“, dass eine Lösung gefunden werde.
18 Oct 2015
## LINKS
[1] https://www.facebook.com/fluechtlingsforum
[2] /!5237162/
## AUTOREN
Esther Geißlinger
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