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# taz.de -- Fremde stranden am Flensburger Bahnhof: Gesichtskontrolle am Gleis
> Die dänische Bahn weigerte sich, Wissenschaftler aus Sri Lanka zu
> befördern, weil das Kontingent an Flüchtlingen für den Tag schon
> erschöpft war.
Bild: In Flensburg gestrandet: Die dänische Bahn weigert sich nicht nur, Flüc…
FLENSBURG taz | Wer dunkle Haut und schwarzes Haar hat, darf unter
Umständen nicht mit der dänischen Bahn von Flensburg nach Dänemark reisen –
egal ob Flüchtling oder nicht. In der vergangenen Woche scheiterten drei
Wissenschaftler aus Sri Lanka bei dem Versuch, mit der Bahn zu einer
Konferenz über künstliche Intelligenz nach Schweden zu reisen. Die Danske
Statsbaner nahm sie trotz gültiger Tickets und Pässe nicht mit, berichtete
das Flensburger Tageblatt.
Ein dänischer Schaffner versperrte Thilina Rathanayake und seinen Kollegen
den Weg zum Waggon. Es seien bereits „zu viele Flüchtlinge“ im Zug,
begründete der Bahnangestellte seine Entscheidung gegenüber den drei
schwarzhaarigen Männern. Ein Einzelfall, ein Versehen, erklärt ein Sprecher
der dänischen Staatsbahn auf taz-Anfrage. Aber die Freiwilligen der
Flüchtlingsinitiative am Flensburger Bahnhof berichten, dass sich derartige
Fälle in den vergangenen Wochen mehrfach ereignet haben.
„Unter anderem durfte eine dunkelhäutige Dänin aus Kopenhagen nicht
weiterfahren“, sagt Heinz-Werner Jezewski, Politiker der Linken und einer
der Organisatoren der Gruppe „Refugees Welcome – Flensburg“.
Am Flensburger Bahnhof herrscht seit Wochen Ausnahmezustand. Täglich kommen
Hunderte Flüchtlinge an. Die meisten sind auf der Durchreise zu den
Fähranlegern, von denen sie nach Schweden weiterreisen können. Doch anders
als in Kiel, Lübeck oder Rostock müssen die Transitpassagiere hier erst auf
dem Landweg Dänemark durchqueren. Nicht immer läuft das reibungslos,
kritisieren Helfer.
„Wir bemühen uns, die Flüchtlinge reibungslos weiterzutransportieren“,
versichert Statsban-Sprecher Niels-Otto Fisker. Er bestätigt aber, dass
Thilina Rathanayake und seine Kollegen aufgrund ihres Aussehens in
Flensburg strandeten. „Ein Einzelfall, der durch ein Missverständnis eines
einzelnen Schaffners zustande kam.“
Die drei Wissenschaftler, die in einem Hotel übernachten mussten, erhielten
eine Entschädigung. Das bestätigt auch Rathanayake gegenüber der taz.
Weitere Fälle, bei denen Reisende trotz gültiger Tickets aufgehalten
wurden, seien ihm nicht bekannt, sagt Fisker.
Simone Lange, SPD-Landtagsabgeordnete und bei der Flüchtlingsinitiative
engagiert, glaubt das nicht. „Es gab mindestens drei Fälle.“ Grundsätzlich
problematisch sei, dass die dänische Bahn Kontingente für Flüchtlinge bilde
und pro Zug nur 20 oder 40 Personen zulasse. „Ich halte das für eine
eigentlich untragbare Diskriminierung.“
Die Deutsche Bahn ist Hausherrin im Flensburger Bahnhof und hat etwa die
Hälfte der Bahnhofshalle als Warteraum für Flüchtlinge freigegeben.
Einfluss darauf, ob andere Zugunternehmen alle Passagiere befördern, habe
die Bahn aber nicht, sagte eine Unternehmens-Sprecherin. „Unter bestimmten
Voraussetzungen, wie begrenzter Kapazitäten, können Personen von der
Beförderung ausgeschlossen werden, auch wenn sie eine Fahrkarte haben.“
Zu wenig Plätze nennt denn auch Statsban-Sprecher Fisker als Grund. „Wir
haben auf der Strecke von Flensburg einfach nicht genug Züge im Einsatz.“
Daher werde ein Teil der Reisenden ersatzweise mit Bussen transportiert.
Reisende, die keine Transitflüchtlinge seien, dürften aber gar nicht
einsteigen, kritisiert SPD-Abgeordnete Lange. Auch ein bereits anerkannter
Asylbewerber, der mit Freunden fahren wollte, sei am Einsteigen gehindert
worden. Die Flüchtlingsinitiative habe mehrfach beobachtet, dass Busse kurz
nach der Grenze von der dänischen Polizei angehalten und Flüchtlinge
aufgefordert werden, in Dänemark Asyl zu beantragen. Damit ist ihnen ein
Asylverfahren in Schweden nach den EU-Richtlinien verwehrt.
Der Bahn-Sprecher erklärt das mit Rechtsvorschriften: Die Busse seien
juristisch „wie Züge, nur auf der Straße“. Gemeint ist, dass die Polizei
Busse anhalten und kontrollieren darf, genau wie in grenzüberschreitenden
Zügen Pässe und Aufenthaltsgenehmigungen eingesehen werden dürfen.
9 Nov 2015
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Flüchtlinge
Dänemark
Flensburg
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
Schweden
Flüchtlinge
Flensburg
Schwerpunkt Flucht
Dänemark
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