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# taz.de -- Ehrenamtliche am Ende: Hilferuf von der Transit-Station
> Die Freiwilligen, die seit Monaten Flüchtlinge am Hauptbahnhof versorgen,
> wollen nicht länger vom Senat alleingelassen werden.
Bild: Ehrenamtliche am hauptbahnhof: Hilfe für Flüchtlinge auf der Durchreise
Stumm hält Emma nacheinander fünf A4-Zettel in die Kamera. In pinken
Großbuchstaben steht jeweils ein Wort darauf: „Hilfe. Wir. Brauchen.
Helfer. Bitte.“
Emma ist eine der Ehrenamtlichen, die sich am Hamburger Hauptbahnhof
engagieren. Sie koordiniert die Aufgaben der Ehrenamtlichen, verwaltet
Spenden, organisiert Lebensmittel und Schlafplätze für eine Nacht. Manchmal
macht sie das 30, 40 Stunden am Stück. Jetzt kann sie nicht mehr.
„Meine Nerven sind im Eimer“, sagt sie in einem Youtube-Video, das seit
Dienstag im Netz kursiert und in den sozialen Netzwerken geteilt wird. Aber
sie hat ein Problem: „Wenn ich aufhöre, ist die andere Koordinatorin ganz
alleine.“ Deshalb hat sie den Video-Hilferuf gestartet.
„Kommt zum Hauptbahnhof und helft mit“, ist der Appell der siebenminütigen
Youtube-Botschaft. Während vor ein paar Wochen noch so viele HelferInnen
gekommen seien, dass die KoordinatorInnen einige von ihnen wegschicken
mussten, herrsche jetzt Notstand.
„Was nützen uns warme Kleider, wenn niemand da ist, der sie verteilen kann?
Was nützt warmes Essen, wenn es kalt wird, weil keiner da ist, der es
austeilen kann?“, fragt sie. Es könne nicht angehen, dass morgens zwei
HelferInnen für 500 Ankommende zuständig seien, und es könne nicht sein,
dass Menschen seit Wochen regelmäßig Nachtschichten einlegten.
Immer noch kommen täglich bis zu 1.000 Menschen am Hauptbahnhof in Hamburg
an. Unter einer Treppe in der Wandelhalle haben die HelferInnen einen
provisorischen Infotresen eingerichtet, an dem 24 Stunden am Tag
Ehrenamtliche sitzen, telefonieren, organisieren, übersetzen.
Auf dem Hachmannplatz stehen drei Zelte und ein Container, die der
Paritätische Wohlfahrtsverband zur Verfügung gestellt hat. Die Arbeit aber
wird auch dort allein durch die Freiwilligen geleistet.
„Uns fehlt eine offizielle Anerkennung unserer Arbeit durch den Senat“,
sagt Katharina, eine Ehrenamtliche, die wie Emma für die Koordination
zuständig ist. Außerdem ist sie eine der Ansprechpartnerinnen für Verbände
und Institutionen, die mit den Ehrenamtlichen zusammenarbeiten. „Die
einzige Unterstützung kommt von den Vereinen, den humanistischen
Wohlfahrtsverbänden und von privaten Initiativen“, sagt Katharina. „Die
Stadt scheint uns nicht ernst zu nehmen.“
Taro, der seit zwei Monaten fast jeden Tag zum Hauptbahnhof kommt und
hilft, fügt hinzu: „Wir brauchen gesicherte Unterstützung von der Stadt.“
Für die HelferInnen sei das belastend: Ohne verbindliche Zusagen des Senats
arbeiteten sie ins Ungewisse, während sich die Bedingungen zusehends
verschlechterten. „So wie die Situation jetzt ist, ist sie nicht tragbar“,
sagt Taro.
Die Linksfraktion und die CDU-Bürgerschaftsfraktion haben gestern den Senat
aufgefordert, die HelferInnen nicht länger alleinzulassen. Die helfen sich
unterdessen weiter einfach selbst: Bei einem Einführungstreffen waren am
Mittwoch 80 neue Freiwillige vor Ort.
5 Nov 2015
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
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