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# taz.de -- Kirchen-Engagement lässt Luft nach oben: Kirchen helfen zögerlich
> Mehrere Einrichtungen öffnen ihre Türen nachts für Flüchtlinge, doch
> viele sind weit weg vom Hauptbahnhof. Die Innenstadtkirchen bleiben
> dennoch geschlossen.
Bild: Auch nicht so toll: In der Kirche auf dem Boden zu schlafen.
Hamburg taz | In manchen Nächten müssen die HelferInnen am Hauptbahnhof
1.300 Transitflüchtlinge auf nur drei Notunterkünfte verteilen. Immer noch
sammeln sich jeden Abend 800 bis 1.000 Durchreisende am Infozelt und
müssten die Nacht im Freien verbringen, wenn sich die Freiwilligen nicht
darum kümmern würden, sie unterzubringen. Aber nicht jeden Abend gelingt es
ihnen, Schlafplätze für alle zu organisieren. Obwohl mittlerweile viele
verschiedene Einrichtungen ihre Räume vorübergehend öffnen, müssen in
manchen Nächten Familien und Alleinreisende auf dem Boden in der
Wandelhalle schlafen.
„Die Schlafplatzkoordination bedeutet jeden Abend Stress“, sagt ein Helfer
vom Organisationsbüro der Ehrenamtlichen am Hauptbahnhof. Nicht alle der
Einrichtungen stehen jede Nacht zur Verfügung und nicht alle befinden sich
in der Nähe des Hauptbahnhofs. Im Kollektiven Zentrum im Münzviertel
schlafen seit Wochen Durchreisende, auch die soziale Einrichtung „Kids“ hat
ihre Türen geöffnet. Der Pfadfinderstamm Mizar Alkor war von Anfang an
dabei und nimmt fast jede Nacht 30 Flüchtlinge mit ihn sein Heim in
Wandsbek. Auch der Kiezclub Docks hat schon Flüchtlinge untergebracht,
ebenso die Gemeinwesenarbeit St. Pauli.
Die Al-Nour-Moschee nimmt jede Nacht 300 bis 400 Flüchtlinge auf, die
Centrum-Moschee liefert Essen und auch andere Moscheen engagieren sich.
„Jede Moschee hilft irgendwie, ob mit Dolmetschern oder Verpflegung“, sagte
der Vorsitzende der Al-Nour-Moschee Abdellah Benhammou dem NDR. Es scheint
selbstverständlich.
Aber was macht eigentlich die Kirche? „Die Zusammenarbeit mit den Kirchen
läuft etwas langsam“, sagt ein freiwilliger Helfer am Hauptbahnhof. „Die
Moscheen sind schneller und unabhängiger.“ Gastfreundschaft sei dort
selbstverständlich, habe er den Eindruck. Allerdings: Wenn eine Kirche
Unterstützung zusage, dann sei auch alles gut organisiert. „Sehr
zuverlässig“, sagt er. „Sehr deutsch.“
Vor sieben Wochen hat sich ein überkonfessionelles Kirchenbündnis
gegründet, um Transitflüchtlinge nachts unterzubringen. Der evangelische
Kirchenkreis Ost, das katholische Erzbistum, der Caritasverband und
Hoffnungsorte/Verein Stadtmission sind dabei. Sie betreiben eine Unterkunft
in der Danziger Straße in St. Georg, wo wochentags rund 160 Flüchtlinge
unterkommen. Am Wochenenden nutzen sie zusätzlich eine Turnhalle, dann sind
es bis zu 250 Plätze pro Nacht.
Nun hat das Bündnis eine zweite Unterkunft hergerichtet: Das ehemalige
Kirchenkreiszentrum Neue Burg neben der St. Nikolai-Kirche, das seit 2013
leer steht. 200 Durchreisende sollen dort auf drei Etagen schlafen, die
Kirche hat Duschen eingebaut und das Gebäude nach Brandschutzregeln
umgebaut.
Daneben gibt es bis jetzt 15 Gemeinden in ganz Hamburg, die Flüchtlinge
beherbergen. Eine davon in Dulsberg, eine in Winterhude-Uhlenhorst, eine in
Klein Borstel. Von den fünf Hauptkirchen in der Innenstadt hat bis jetzt
nur die St. Katharinenkirche vorübergehend Flüchtlinge aufgenommen.
Ein bisschen dürftig, angesichts der Möglichkeiten, die die Kirche hat?
„Ich finde das nicht wenig“, sagt Wolfgang Främke, Sprecher des
Kirchenkreises Ost. „Mit Nutzung der neuen Unterkunft bringen wir jede
Nacht mehr als 600 Flüchtlinge unter.“ Auf die Frage, warum das erst jetzt
passiert, sagt er: „Mir kommt das nicht spät vor. Das Bürogebäude haben wir
innerhalb von zwei Wochen komplett umgebaut.“
Außerdem habe man der Stadt die Immobilie bereits vor einem Jahr zur
Nutzung angeboten, aber keine Antwort erhalten. Die Hauptkirchen der
Innenstadt öffneten ihre Räume nicht, weil es ja auch nicht so schön sei,
auf dem Kirchenboden zu schlafen, und die Kirchen zudem für BesucherInnen
geöffnet seien. „Deshalb wollen wir das zentraler machen und haben das
Bürogebäude hergerichtet.“ Und ansonsten müssten eben auch mal andere
Akteure aktiv werden.
15 Nov 2015
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
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