# taz.de -- Flüchtlinge in Berlin: Charité operiert bald am Lageso | |
> Sozialsenator Czaja will eine Kooperation mit dem Klinikkonzern über den | |
> Einsatz von ÄrztInnen am Lageso aushandeln. | |
Bild: Ganz neu: Ans Lageso kommen jetzt auch Mediziner der Charité. | |
Ärzte, die sich am Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Moabit | |
um die wartenden Flüchtlinge kümmern, sollen nach dem Willen von | |
Sozialsenator Mario Czaja (CDU) in Zukunft dafür bezahlt werden. Man | |
befinde sich „in Verhandlungen“ mit der Charité über eine mögliche | |
Kooperation, bestätigte die Senatsverwaltung für Soziales am Mittwoch | |
entsprechende Medienberichte. | |
Derzeit arbeiten ausschließlich ehrenamtliche Ärzte, Rettungsassistenten | |
und Hebammen an der Erstaufnahmestelle in der Turmstraße – unter | |
spartanischen Bedingungen. Zunächst stand nur ein Behandlungszelt ohne | |
feste Bodenplatten für die rund 200 PatientInnen pro Tag zur Verfügung. | |
Inzwischen gibt es immerhin einen Behandlungsraum im Lageso-Gebäude mit | |
Desinfektionsmöglichkeiten für die Hände und mobilen Trennwänden. Der | |
Präsident der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz, fand diese Woche | |
dennoch harte Worte für die Lage vor dem Lageso: Asozial, inhuman, Dritte | |
Welt sei das. | |
Das Gepolter des Ärztekammer-Chefs hat nun offenbar bei dem zuständigen | |
Sozialsenator Mario Czaja (CDU) einiges an Energien freigesetzt. „Wir haben | |
nun die Unterstützung und die Zusage vom Regierenden Bürgermeister und vom | |
Finanzsenator bekommen, dass wir einen Vertrag mit der Charité abschließen | |
können“, sagte Czaja am Mittwoch dem RBB. | |
Wie schnell ein solcher Vertrag aber nun tatsächlich zustande kommen wird, | |
wurde am Mittwoch dann zunehmend unklar. Zumindest gab es offenbar seitens | |
der Charité weitaus mehr Gesprächsbedarf, als man beim Senat zunächst | |
angenommen hatte. | |
Am Morgen hatte es aus Czajas Verwaltung zunächst noch geheißen, man sei | |
guter Dinge, Details der geplanten Kooperation noch am Nachmittag bekannt | |
geben zu können. Das sah man seitens der Charité offenbar ganz anders: „Die | |
Charité prüft auf Wunsch des Senats weitere Aktivitäten“, sagte eine | |
Sprecherin knapp. Details seien aber noch vollkommen unklar. | |
Bei den „Details“ könnte es vor allem darum gehen, wie viel das Land genau | |
für die Bezahlung der Ärzte, Materialkosten, Medikamente bereitstellen | |
will. „Das war jetzt nur ein erstes Sondierungstreffen, bei dem alle | |
Beteiligten ihren guten Willen für diese Kooperationsidee bekundet haben“, | |
sagte auch die stellvertretende Vorsitzende des Berliner Hebammenverbands, | |
Simone Logar, der taz. Logar war als eine Vertreterin der Ehrenamtlichen | |
bei der gestrigen ersten Verhandlungsrunde dabei. | |
Auch in Kreisen der Bürgerinitiative Moabit hilft!, die ebenfalls bei den | |
Verhandlungen dabei war, entstand der Eindruck: In den nächsten Wochen | |
werde wohl „alles beim Alten“ bleiben. | |
## An der Belastungsgrenze | |
Czaja indes könnte eine rasche Positivmeldung gut gebrauchen. Der | |
Sozialsenator musste in den letzten Wochen heftige Kritik wegen der | |
chaotischen Zustände in der Turmstraße einstecken. | |
Rund 500 Flüchtlinge kommen derzeit täglich in Berlin an. Hunderte warten | |
jeden Tag am Lageso auf eine „vorläufige“ Schnellregistrierung – auch we… | |
die reguläre Erstaufnahme inzwischen in der Lageso-Außenstelle in der | |
Bundesallee stattfindet. Eine Maßnahme, mit der man seitens des Senats | |
gehofft hatte, die Warteschlangen in Moabit zu lichten. | |
Die ehrenamtlichen HelferInnen fühlen sich denn auch weiterhin am Rand | |
ihrer Belastungsgrenze: Vier Ärzte, ein Assistent und eine Hebamme seien | |
derzeit im 2-Schichten-System im Einsatz, sagt Diana Henniges von Moabit | |
hilft!, die für die Caritas auch den Einsatz der Mediziner koordiniert. | |
„Wir haben bei den Gesprächen heute mit Senat und Charité auch noch mal | |
ganz klar gesagt: Bis Ende des Jahres schaffen wir das so nicht mehr“, sagt | |
auch Hebamme Simone Logar. „Wir machen das ja alle neben unseren normalen | |
Jobs.“ | |
21 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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