# taz.de -- Flüchtlinge und Helfer: Moabit demonstriert | |
> Vor dem Lageso in der Turmstraße läuft immer noch nichts ohne freiwillige | |
> Helfer. Die haben jetzt die Faxen dicke und wollen gegen das Chaos | |
> protestieren. | |
Bild: Endloses Warten: Vor dem Lageso in Moabit immer noch Normalität | |
Nach drei Monaten Chaos an der Erstaufnahme für Flüchtlinge in Moabit | |
platzt den freiwilligen HelferInnen der Kragen. Die Zustände beim Landesamt | |
für Gesundheit und Soziales (Lageso) seien unhaltbar, kritisierte „Moabit | |
hilft“ am Donnerstag in einer Erklärung. Der Verein, dessen Ehrenamtliche | |
die Flüchtlinge mit dem Notwendigsten versorgen, ruft für den 17. Oktober | |
um 14.30 Uhr zu einer Demonstration vor dem Roten Rathaus auf. | |
Beim Lageso in der Turmstraße müssen sich alle Geflüchteten registrieren | |
lassen. Teilweise müssen sie aber bis zu zwei Monate auf ihre Papiere | |
warten – und bekommen bis dahin oft weder Geld noch medizinische | |
Versorgung. Auf dem Gelände stehen und sitzen täglich Hunderte von früh bis | |
spät im Freien. „Moabit hilft“ fragt: „Muss erst das erste Kleinkind | |
erfrieren oder sich ein Mensch aus purer Verzweiflung etwas antun?“ | |
Auch andere Engagierte melden sich zu Wort. Noch immer gebe es am Lageso | |
keine reguläre medizinische Versorgung, kritisiert der „Arbeitskreis | |
Gesundheit und Menschenrechte“. Die von den freiwilligen Ärzten | |
improvisierte „Barfußmedizin“ habe „nicht einmal Dritte-Welt-Standard“… | |
Thea Jordan, Ärztin im Gesundheitskreis, zur taz. | |
Die Freiwilligen ärgert vor allem, dass sich an den Zuständen trotz | |
gegenteiliger Versprechen der Politiker nichts ändert. Offenkundig handele | |
es sich nicht um ein logistisch unlösbares Problem, „sondern um einen durch | |
politische Entscheidungen erhaltenen Zustand“, heißt es im offenen Brief. | |
Auch Jordan vermutet, das Chaos sei politisch gewollt, um Flüchtlinge | |
abzuschrecken. „Es soll den Leuten sagen: Kommt bloß nicht nach Berlin!“ | |
Tatsächlich hat sich an der Lage fast nichts geändert. Zwar wurden 70 | |
Verwaltungsmitarbeiter zum Lageso abgeordnet, man könne aber derzeit nur | |
nachsteuern, sagt Monika Hebbinghaus, Sprecherin der Senatsverwaltung für | |
Gesundheit und Soziales. „Im September sind 16.000 Flüchtlinge angekommen, | |
dreimal mehr als im August, darauf hätte keine Verwaltung vorbereitet sein | |
können“, sagt sie. Eine „spürbare Entlastung“ erhofft sich die | |
Senatsverwaltung von der für Mitte Oktober geplanten neuen Erstaufnahme in | |
der Bundesallee. | |
8 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Uta Schleiermacher | |
Susanne Memarnia | |
## TAGS | |
Syrische Flüchtlinge | |
Moabit hilft | |
Lageso | |
Lageso | |
Schwerpunkt Flucht | |
Flüchtlinge | |
Lageso | |
Flüchtlingshilfe | |
Kriminalität | |
ICC | |
Flüchtlinge | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Flüchtlinge in Berlin: Charité operiert bald am Lageso | |
Sozialsenator Czaja will eine Kooperation mit dem Klinikkonzern über den | |
Einsatz von ÄrztInnen am Lageso aushandeln. | |
Flüchtlinge in Berlin: Registrierung auf Sparflamme | |
Mitten in der Kälte: Wegen einer Personalversammlung stellt das LaGeSo den | |
Betrieb nahezu ein. Hilfsorganisationen sind empört. | |
Flüchtlinge in Berlin: Wohin, wenn es kalt wird? | |
Noch immer fehlen Unterbringungen für Flüchtlinge. Die konkurrieren jetzt | |
unfreiwillig mit Obdachlosen um die wenigen Notschlafplätze in der Stadt. | |
Flüchtlingskrise: Initiative wünscht Katastrophe herbei | |
„Moabit hilft“ fordert, den Katastrophenfall auszurufen, damit mehr | |
Mitarbeiter für das Lageso mobilisiert werden können. | |
Willkommenskultur in Berlin: Eine Kirche für Flüchtlinge | |
Eine Kreuzberger Kirche wird zum Treffpunkt für Flüchtlinge und Helfer. Der | |
evangelische Kirchenchef lobt die Integrationsarbeit der Berliner. | |
Suche nach Flüchlingsjungen in Berlin: Polizei geht von Entführung aus | |
Ein Vierjähriger verschwindet vom Lageso-Gelände. Die Suche der Polizei | |
bleibt erfolglos. Jetzt gibt es Hinweise, dass der Junge entführt wurde. | |
Unterkünfte von Flüchtlingen in Berlin: Vom Zeltdorf in die Messehalle | |
Auch das ICC und zwei Hangars auf dem Flughafen Tempelhof werden nun als | |
Flüchtlingsunterkünfte hergerichtet. | |
Flüchtlinge in Berlin: Czaja drückt auf die Tube | |
Der CDU-Sozialsenator will Asylanträge aus dem Balkan binnen einem Tag | |
entscheiden. Ob das rechtlich und praktisch überhaupt möglich ist, bleibt | |
fraglich. |