# taz.de -- Flüchtlingskrise: Initiative wünscht Katastrophe herbei | |
> „Moabit hilft“ fordert, den Katastrophenfall auszurufen, damit mehr | |
> Mitarbeiter für das Lageso mobilisiert werden können. | |
Bild: Tagelanges Warten bei Regen und Kälte: Geflüchtete vor dem Berliner Lan… | |
Mit dem einsetzenden Herbst verschlechtert sich die Lage für die | |
Geflüchteten am Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Moabit | |
zusehens. „Die Menschen frieren und sind nass, den ganzen Tag“, sagt | |
Michael Ruscheinsky von „Moabit hilft“. Die Initiative hat am Freitagmittag | |
vor dem Gelände an der Turmstraße zu einer Pressekonferenz geladen, das | |
Interesse ist groß, schließlich zählt die Flüchtlingsfrage zu den derzeit | |
drängendsten. Für Moabit-hilft-Gründerin Diana Henniges ist klar: Dass hier | |
Chaos herrscht, „liegt nicht daran, dass es viele sind“, sondern dass die | |
politisch Verantwortlichen im Senat ihre Arbeit nicht erledigen. | |
Seit Monaten reißt die Kritik am Lageso, wo sich alle Geflüchteten in | |
Berlin registrieren lassen müssen, nicht ab. „Moabit hilft“ hat erst am | |
Donnerstag detailliert die katastrophalen Zustände auf dem Gelände | |
beschrieben ([1][taz berichtete]). Am Freitag setzt Henniges noch eins | |
drauf: Es müsse endlich der Katastrophenfall ausgerufen werden, damit von | |
offizieller Seite mehr Menschen mobilisiert werden können – vor allem | |
solche, „die etwas davon verstehen“. Auch das jüngste Urteil des | |
Oberverwaltungsgerichts zeige, „dass wir einen Notfall-Plan brauchen und | |
mehr Leute“. Das Gericht hatte am Donnerstag geurteilt, das Lageso dürfe | |
trotz der hohen Flüchtlingszahlen nicht ohne Zustimmung des Personalrats | |
die Arbeitszeiten seiner Mitarbeiter ändern. | |
Mehr Leute braucht es zum Beispiel, sagt Henniges, um „sofort“ eine | |
offizielle Stelle einzurichten, die nachts und am Wochenende neu ankommende | |
Flüchtlinge aufnimmt. Bislang kümmern sich um sie ausschließlich | |
Freiwillige. Dass es auch anders geht, zeige das Beispiel München: Dort | |
würden neu Ankommende 24 Stunden am Tag registriert und untergebracht. | |
Eine weitere Sofort-Forderung der Initiative ist ein Regenschutz für die | |
Wartenden am Lageso. Das wäre wohl auch nicht so schwierig: Laut Henniges | |
gibt es auf dem Gelände zwei funktionsfähige Zelte, die aus unerklärlichen | |
Gründen bislang vom Lageso nicht geöffnet würden. | |
Derweil verbreitet die Sozialverwaltung gute Nachrichten. Von der Eröffnung | |
der neuen Lageso-Außenstelle an der Bundesallee erwarte man sich eine | |
„sukzessive“ Entspannung der Lage am Lageso, heißt es am Freitag. Am Abend | |
zuvor hat Sozialsenator Mario Czaja (CDU) angekündigt, dass die | |
Erstaufnahme von Geflüchteten tatsächlich ab kommenden Donnerstag in dem | |
ehemaligen Landesbankgebäude in Wilmersdorf abgewickelt werden wird. Man | |
werde die Menschen mit Shuttle-Bussen aus der Turmstraße dorthin bringen, | |
erklärte er. Offenbar kamen hier Sicherheitsbedenken zum Tragen, weil es in | |
der Bundesallee keinen Platz für hunderte Wartende gibt. | |
Für Henniges heißt dies jedoch: Das Chaos geht weiter. Sobald sich in der | |
Turmstraße herumspreche, dass nun in der Bundesallee registriert wird, | |
würden die Menschen selbstständig dorthin fahren, vermutet sie – „nur dass | |
sie sich dort auf einer vierspurigen Straße drängen werden“. | |
Ein weiterer „Fortschritt“, den die Sozialverwaltung verkündet: Ab sofort | |
werden Wartenummern nur noch von Lageso-MitarbeiterInnen ausgegeben. Damit | |
reagiert das Amt auf Vorwürfe, Sicherheitsleute hätten sich für | |
Wartenummern von Geflüchteten bezahlen lassen. Die Staatsanwaltschaft hatte | |
Ermittlungen wegen Korruption abgelehnt, weil die Securityleute keine | |
Landesbediensteten sind. | |
9 Oct 2015 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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