# taz.de -- Mindestlohn und Altersarmut: Auch Linke sichern keine Mindestrente | |
> Selbst ein Mindestlohn von 10 Euro reicht nicht, um im Alter ohne Hilfe | |
> auszukommen. Eine neue Forderung will die Linkspartei nicht aufstellen. | |
Bild: Rente auf Sozailhilfeniveau: Da bleibt nicht viel übrig. | |
BERLIN taz | „Mit 8,50 Euro lösen Sie das Problem der Altersarmut in diesem | |
Land überhaupt nicht.“ Mit diesen Worten wetterte der | |
Linkspartei-Abgeordnete Klaus Ernst letztes Jahr im Bundestag bei einer | |
Diskussion über den Mindestlohn in Richtung von SPD-Arbeitsministerin | |
Andrea Nahles. | |
Dazu zitierte er die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage seiner | |
Fraktion aus dem Jahr 2011. Diese hatte ergeben, dass für eine Nettorente | |
über der Grundsicherungsschwelle mindestens ein Stundenlohn von 10 Euro | |
erforderlich wäre. Einen Mindestlohn in ebenjener Höhe fordert die | |
Linkspartei seit Langem. | |
Nun stellt sich heraus: Auch mit 10 Euro die Stunde löst man das Problem | |
Altersarmut nicht. Erneut hat die Linke im Bundestag, genauer gesagt ihr | |
rentenpolitischer Sprecher Matthias W. Birkwald, eine solche Anfrage an die | |
Regierung gestellt – und die Antwort erhalten, dass es unter den | |
derzeitigen Bedingungen schon 11,50 Euro Stundenlohn für einen Lebensabend | |
ohne den Gang zum Sozialamt bräuchte. Wie schon in der Antwort aus dem Jahr | |
2011 verweist die Bundesregierung auf die Möglichkeit, mit einer | |
zusätzlichen Altersvorsorge der Armut im Alter vorzubeugen. Damit könne man | |
eine „deutlich höhere Gesamtversorgung“ erzielen. | |
Nun könnte man erwarten, dass die Linke ihre Mindestlohn-Forderungen an die | |
neuen Zahlen des Arbeitsministeriums anpasst. Allerdings passierte bisher | |
nichts dergleichen. Auch der Abgeordnete Birkwald hatte daran offenbar | |
nicht gedacht – und schreibt in seiner Pressemitteilung, die neuesten | |
Zahlen zeigten, dass die Forderung seiner Partei nach einem Mindestlohn von | |
„mindestens 10 Euro [...] mehr als berechtigt“ sei. Dieser Betrag steht | |
noch im Wahlprogramm von 2013. | |
Auf Nachfrage heißt es nun von Birkwald im Hinblick auf die Antwort des | |
Arbeitsministeriums, der Mindestlohn solle bis Ende der Wahlperiode 60 | |
Prozent des Durchschnittslohns erreichen. Man wolle aber auch sofortige | |
Maßnahmen: „Deshalb fordern wir, dass der flächendeckende gesetzliche | |
Mindestlohn ohne Ausnahmen und sofort in einem ersten Schritt auf 10 Euro | |
pro Stunde angehoben wird.“ | |
An der Parteispitze äußert man sich allerdings noch verhaltener. Bernd | |
Riexinger, einer der beiden Vorsitzenden der Linkspartei, sagte der taz, es | |
werde zum Thema Erhöhung des Mindestlohns eine „perspektivische Diskussion | |
mit Hinblick auf das Wahlprogramm 2017“ geben. | |
Mit einer konkreten Forderung tut man sich also schwer bei der Linken. | |
Offenkundig traut man sich nicht, eine neue Zahl in den Ring zu werfen. | |
Einzig Klaus Ernst berücksichtigt die Zahlen des Ministeriums. Er fordert | |
nicht nur eine Erhöhung des Mindestlohns, sondern auch, dass diese sich „an | |
den Zahlen des Bundesarbeitsministeriums orientieren“ solle – also an den | |
11,50 Euro. | |
29 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Johanna Roth | |
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