# taz.de -- Streit um Renten im öffentlichen Dienst: Altersvorsorge wird teurer | |
> Die Arbeitgeberseite will die zusätzliche Altersvorsorge kürzen. Schuld | |
> am Engpass der Versorgungskassen seien die anhaltenden niedrigen Zinsen. | |
Bild: In Potsdam fordern Demonstranten höhere Löhne im öffentlichen Dienst | |
BERLIN taz | Bei den am Montag in Potsdam begonnenen Tarifverhandlungen für | |
die 2,14 Millionen Angestellten des Bundes und der Kommunen geht es nicht | |
nur um das übliche Tauziehen um Lohnerhöhungen. Die Arbeitgeberseite will | |
Kürzungen bei der zusätzlichen Altersvorsorge für Krankenschwestern, | |
Busfahrer, Erzieherinnen und andere Beschäftigte durchsetzen. Die | |
Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, der Beamtenbund dbb und andere | |
Arbeitnehmerorganisationen fordern eine Lohnerhöhung von 6 Prozent sowie | |
eine Anhebung der Ausbildungsvergütung um 100 Euro im Monat. | |
Das würde den Bund nach eigenen Angaben 1,7 Milliarden Euro pro Jahr | |
kosten, die Kommunen gehen von 5,6 Milliarden Euro aus. Die Arbeitgeber | |
haben schon im Vorfeld erklärt, dass Lohnerhöhungen in diesem Umfang „nicht | |
darstellbar“ seien. Die Gewerkschaften bestreiten das mit Blick auf die | |
steigenden Steuereinnahmen. „Der private Konsum ist der Motor der guten | |
Konjunkturentwicklung und muss weiter gestärkt werden“, sagte Verdi-Chef | |
Frank Bsirske. | |
Schwieriger dürfte die Einigung im Punkt Altersversorgung sein. Die | |
Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) will eine | |
„Neujustierung“ durchsetzen. Dabei geht es um die Beiträge, die Städte und | |
Gemeinden in spezielle Versorgungskassen zahlen, damit die Beschäftigten im | |
Alter eine Zusatzrente erhalten. „Wir müssen die Stellschrauben der | |
betrieblichen Altersvorsorge im öffentlichen Dienst dringend neu justieren, | |
sodass die Zusatzversorgung auch langfristig finanzierbar bleibt“, erklärte | |
VKA-Präsident Thomas Böhle. „Das schließt auch Leistungseinschnitte mit | |
ein.“ Das heißt: Die Beschäftigten sollen eine geringere Zusatzrente | |
bekommen. | |
## Niedrige Zinsen belasten die Kassen | |
Nach Auffassung der öffentlichen Arbeitgeber sind die zurzeit in den | |
Tarifverträgen vorgesehenen Leistungen für die betriebliche Altersvorsorge | |
der Beschäftigten „überholt“. Ein Grund: Die Versorgungskassen leiden wie | |
die privaten Rentenversicherer unter den anhaltenden niedrigen Zinsen. Sie | |
erwirtschaften mit ihrem Kapital heute deutlich weniger Geld als | |
ursprünglich kalkuliert; sie müssen also mehr Kapital einsetzen, um die | |
gleich hohe Rentenzahlung zu erreichen, als in Hochzinzzeiten. Auch die | |
stetig gestiegene Lebenserwartung belaste die Kassen, so Böhle. | |
Die allerdings haben die Mathematiker bereits sehr großzügig in die | |
Verträge für die Beschäftigten eingepreist. Die Arbeitnehmerseite hält die | |
Argumente der Arbeitgeber für vorgeschoben. Er könne Finanzprobleme der | |
Zusatzversorgungskasse „nicht einmal im Ansatz erkennen“, sagte | |
Verhandlungsführer Bsirske. Die Gewerkschaften lehnen Eingriffe in die | |
betriebliche Altersversorgung ab. Eine Kürzung der zusätzlichen | |
Altersvorsorge würde gerade Beschäftigte mit niedrigem Einkommen treffen. | |
Mit der rot-grünen Rentenreform aus dem Jahr 2000 wurden die | |
Rentenansprüche der heute Erwerbstätigen stark gekürzt. Um das zu | |
kompensieren, fördert der Staat die private und betriebliche | |
Altersvorsorge. Doch die private Altersvorsorge – etwa in Form der | |
Riester-Rente – lohnt sich für Beschäftigte wegen der hohen Kosten oft | |
nicht und leidet ebenfalls stark unter den niedrigen Zinsen. | |
21 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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