# taz.de -- Streit zwischen Union und SPD: Viele Wege führen zur Rente | |
> Arbeitsministerin Nahles holt die „Lebensleistungsrente“ wieder hervor. | |
> Die Union ist dagegen und will lieber „kommunale Rentenstellen“. | |
Bild: Aus der Reihe „Symbolbilder für Rente“. | |
BERLIN taz | In der Koalition bahnt sich neuer Rentenstreit an. In | |
Deutschland gibt es etwa 20 Millionen SeniorInnen, das Land zahlt laut | |
Statistiken rund 25 Millionen Renten aus. Grund: Viele Menschen gehen | |
vorzeitig in den Ruhestand. Und nicht wenige können von ihrer Rente nicht | |
leben. Eine halbe Million Frauen und Männer über 65 Jahre waren nach | |
Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft 2014 auf | |
staatliche Unterstützung angewiesen. | |
Um Armut im Alter zu mildern, hatten Union und SPD im Koalitionsvertrag die | |
sogenannte Lebensleistungsrente vereinbart: Minirenten können aufgestockt | |
werden – bezahlt aus Steuermitteln. Allerdings müssen die Betroffenen | |
Bedingungen erfüllen. Sie müssen 40 Jahre lang in die Rentenkasse | |
eingezahlt und zusätzlich privat für die Rente vorgesorgt haben. | |
Niemand hat mit einer Chance für die „Lebensleistungsrente“ in dieser | |
Legislatur gerechnet, sie steht unter Finanzierungsvorbehalt. Bis SPD-Chef | |
Sigmar Gabriel vor Kurzem den Rentnerinnen und Rentnern in diesem Land | |
versprach, für sie werde genauso viel getan wie für Flüchtlinge. Für | |
SPD-Arbeitsministerin Andreas Nahles Grund genug, die | |
„Lebensleistungsrente“ wieder aus der Schublade zu ziehen. | |
Das aber passt der Union nicht. Drei CDU-Abgeordnete haben, so berichtet es | |
die Frankfurter Allgemeinen Zeitung, eine andere Idee, um das Rentenproblem | |
zu lösen: mit „kommunale Rentenstellen“, einer Art Rentenberatung und | |
Sozialamt in einem. Diese neuen Stellen würden armen Rentnerinnen und | |
Rentnern die Scham nehmen, zum Sozialamt zu gehen und dort ihre | |
Bedürftigkeit zu offenbaren. Zwar würde das mehr kosten, weil mehr | |
Betroffene Anträge stellen würden. Aber das Geld käme direkt bei ihnen an. | |
Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, | |
hält den neuen Streit für „koalitionäre Sandkastenspiele“. Beide Vorschl… | |
seien nicht einmal wahlkampftauglich. So könne man die Wenigen, die ein | |
Anrecht auf die Lebensleistungsrente hätten, „im Zirkus ausstellen“. Und | |
der CDU-Vorschlag würde die Bürokratie – anders als die Autoren des Papiers | |
behaupten – unnötig vergrößern. | |
Darüber hinaus würde, wer heute in den Genuss der „Lebensleistungsrente“ | |
käme, trotzdem aufs Sozialamt angewiesen sein. Schneider rechnet es vor: | |
Die 30 Rentenpunkte, von denen die Koalition für den Anspruch ausgeht, | |
ergeben 880 Euro im Monat für einen Singlehaushalt. Zieht man | |
Sozialausgaben ab, bleiben 780 Euro. Das sei weniger als die | |
Altersgrundsicherung, zumindest in Metropolen wie Berlin, Hamburg, München. | |
Schneiders Verband fordert eine Reform der Altersgrundsicherung. Diese | |
sollte jeder und jedem bedingungslos Bedürftigen zugute kommen und | |
mindestens 900 Euro betragen. | |
8 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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