# taz.de -- Kongo sucht Hilfe im Nachbarland Ruanda: Die Hutu-Miliz steht unter… | |
> Nach dem Urteil gegen die FDLR deutet sich ein Bündnis zwischen Kongo und | |
> Ruanda an. Sie wollen gemeinsam gegen die Hutu-Miliz vorgehen. | |
Bild: Die Angeklagten vor der Urteilsverkündung im Stuttgarter Oberlandesgeri… | |
BERLIN taz | Als am Montag, den 28. September, das Urteil vor dem | |
Stuttgarter Oberlandesgericht gegen die FDLR-Führung fiel, saß im 6.000 | |
Kilometer entfernten Dschungel im Osten der Demokratischen Republik Kongo | |
die Hutu-Miliz in ihrem Hauptquartier zusammen. Die Führungsmitglieder | |
beten für ihren Präsidenten Ignace Murwanasyhaka. Aus dem Radio erfuhren | |
sie dann von dem Schuldspruch, berichtet FDLR-Sprecher Laforge Fils Bazeye | |
telefonisch aus Bweru, einem kleinen Ort in den Bergen Masisis in | |
Nord-Kivu. | |
Die beiden in Deutschland angeklagten Ruander, Murwanashyaka und sein Vize | |
Straton Musoni, wurden vom Stuttgarter Oberlandesgericht für die | |
„Rädelsführerschaft einer terroristischen Vereinigung“ für schuldig | |
befunden. | |
Vom Ausgang des Verfahrens sei er nicht überrascht, sagt der FDLR-Sprecher. | |
„Ignace und Straton sind schon vor ihrer Verhaftung für schuldig erklärt | |
worden“, sagt er und erwähnt den Staatsbesuch von Ruandas Präsident Paul | |
Kagame in Berlin 2008. Bei dem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel | |
habe Kagame gefordert, die FDLR-Führer in Deutschland verhaften zu lassen. | |
Die beiden Angeklagten leben seit ihren Studienzeiten in den 80er Jahren, | |
noch vor FDLR-Gründung 2000, in der Bundesrepublik. Dieser Bitte Kagames | |
seien die Deutschen nachgekommen. Das Urteil sei damit politisch motiviert. | |
„Das Verfahren selbst war zudem voller Unregelmäßigkeiten, denn sowohl die | |
Staatsanwälte als auch die Richter sind nie hierhergekommen, um nach | |
Beweisen für die Schuld zu suchen“, so Laforge. | |
Damit gibt ihm der deutsche Richter Jürgen Hettich recht, denn dies war ein | |
Kritikpunkt im Urteil: Die Aufklärung von Straftaten 6.000 Kilometer weit | |
weg mit aufwendigen Ermittlungen, Rechtshilfeersuchen und einer extrem | |
komplexen Beweisaufnahme sei „sehr schwierig“ gewesen, so Hettich in seinem | |
Urteil. Dennoch ist der Schuldspruch ein Meilenstein. Es ist das erste Mal, | |
dass die FDLR für ihre Verbrechen im Kongo juristisch belangt wird. | |
Die FDLR befindet sich derzeit in einer schwierigen Lage. Seit vier Monaten | |
beschießen Kongos Regierungstruppen die militärischen Stellungen der | |
Hutu-Miliz in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu. | |
Ursprünglich hatte einmal die UN-Mission im Kongo, Monusco, unter Leitung | |
des Deutschen Martin Kobler zum Krieg gegen die FDLR geblasen, doch die | |
UN-Militäroperation fand nicht statt. Es gab Bedenken wegen der | |
Zusammenarbeit mit Kongos Armee (FARDC) und möglichen Kriegsverbrechen. | |
## Hilfe vom Feind | |
Allein scheint die FARDC derzeit aber nicht gegen die FDLR anzukommen. Sie | |
habe schwere Verluste erlitten, heißt es bei der Munosco. Dann wandte sich | |
Kongos Regierung ausgerechnet an ihre Feinde im Nachbarland Ruanda, um | |
Unterstützung gegen die FDLR zu erbitten. | |
Ende September trafen sich in Kigali Ruandas Verteidigungsminister James | |
Kabarebe und dessen kongolesischer Amtskollege Aimé Lusa-Diese Ngoi-Mukena, | |
der wenige Tage später aus dem Kabinett flog. Das Treffen sei „der Anfang | |
eines neuen Kapitels unserer bilateralen Zusammenarbeit“, heißt es in einer | |
gemeinsamen Erklärung. Um den gemeinsamen Herausforderungen in Sachen | |
Sicherheit zu begegnen, müsse die FDLR „ausgelöscht“ werden, da sie eine | |
„Bedrohung für beide Länder“ darstelle. | |
Im Ostkongo wird gemunkelt, die gemeinsamen Operationen hätten bereits | |
begonnen. Ende September schlugen Raketen in der größten FARDC-Kaserne | |
Ostkongos in Rumangabo ein, rund 40 Kilometer nördlich von Goma, direkt an | |
Ruandas Grenze. Sechs Soldaten starben. Die FARDC machte die FDLR dafür | |
verantwortlich. Umgekehrt beschuldigt Laforge im Interview Ruandas | |
Spezialeinheiten, die bereits im Kongo stünden, den Angriff durchgeführt zu | |
haben. | |
12 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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