# taz.de -- Kongo hat jetzt 26 statt 11 Provinzen: Kabila pokert hoch | |
> Die Neuordnung der Provinzen des Landes schafft ein echtes Chaos, | |
> administrativ und politisch. Das könnte durchaus gewollt sein. | |
Bild: Anhänger von Joseph Kabila halten ein Banner des Präsidenten hoch. | |
Berlin | taz | Ein Jahr bevor in der Demokratischen Republik Kongo die | |
zweite Amtszeit des Präsidenten Joseph Kabila zu Ende geht und er laut | |
Verfassung die Macht an einen gewählten Nachfolger übergeben muss, sind | |
Verfassung und Demokratie in weiten Bereichen faktisch außer Kraft gesetzt. | |
Der Grund: ein Gesetz, das die elf bisherigen Provinzen des gigantischen | |
Landes abschafft und in 26 neue Provinzen aufteilt. Diese Neuaufteilung | |
entspricht zwar den Bestimmungen der aktuellen Verfassung aus dem Jahr | |
2006, führt aber nun zum Zusammenbruch der Verwaltung im Großteil des | |
Landes. | |
Nur fünf der bisherigen Provinzen bleiben in ihrer aktuellen Form erhalten. | |
Die sechs größten, Bandundu, Équateur, die beiden Kasai-Provinzen, Katanga | |
und Orientale, werden zerschlagen und in 21 Kleinprovinzen verwandelt. Das | |
Problem: Die alten Provinzen werden abgeschafft, bevor es die neuen gibt. | |
So steht Moise Katumbi, einer der beliebtesten Politiker des Kongo, bisher | |
Gouverneur der reichsten Provinz Katanga und Präsident des erfolgreichsten | |
kongolesischen Fußballvereins Tout-Puissant Mazembe, nun ohne Amt da. | |
Weithin wird das als Bestrafung gesehen, nachdem Katumbi sich öffentlich | |
gegen eine mögliche Verfassungsänderung zur Ermöglichung einer dritten | |
Kandidatur Kabilas bei den Präsidentschaftswahlen 2016 ausgesprochen hatte. | |
Katanga, die Wirtschaftslokomotive des Kongo, ist nun verschwunden. Die | |
vier Nachfolgeprovinzen werden nun jeweils separate Steuern und Abgaben | |
erheben. Nicht einmal die beiden reichsten Nachfolgeprovinzen Katangas, | |
Ober-Katanga mit der bisherigen Hauptstadt Lubumbashi und Lualaba mit der | |
Bergbaustadt Kolwezi, gelten als finanziell überlebensfähig, stellte die | |
Weltbank bereits 2010 in einem vertraulichen Bericht fest. | |
## Kabila-Leute wechseln zur Opposition | |
Provinzen ohne Rohstoffe stehen noch schlechter da. In manchen gibt es | |
weder Regierungsgebäude noch Regierungsbeamte. In Kenge, Hauptstadt der | |
neuen Provinz Kwango östlich von Kinshasa, gibt es nicht einmal Strom. In | |
Boende, in der neuen Provinz Tshuapa mitten im Regenwald des Kongobeckens, | |
wurden Staatsbeamte aus ihren Diensthäusern verjagt, um dort | |
Provinzministerien zu installieren. | |
Eigentlich hätten am 25. Oktober Kommunal- und Provinzwahlen stattfinden | |
sollen, womit dann die Neuordnung der Provinzen vollzogen wäre. Aber | |
stattdessen löste die Zentralregierung am 1. Oktober die bestehenden | |
Provinzparlamente auf und sagte die Wahlen vom 25. Oktober ab. Dann | |
ernannte Präsident Kabila am 29. Oktober 21 „Sonderkommissare“ zur | |
Verwaltung der neuen Provinzen, unter Umgehung aller gesetzlichen | |
Bestimmungen. | |
Die Zentralregierung dürfe in Notfällen Kompetenzen der Provinzen | |
übernehmen, versuchte Premierminister Augustin Matata Ponyo dieses Vorgehen | |
zu rechtfertigen. Aber die meisten Politiker des Landes halten es für einen | |
glatten Verfassungsbruch. Der frühere Verteidigungsminister Charles Mwando | |
Simba – der wie andere Kabila-Alliierte zur Opposition gewechselt ist – | |
sagt, dass Kabila in Wirklichkeit verhindern wollte, dass unabhängige oder | |
oppositionelle Kandidaten die Provinzwahlen gewinnen und eine erneute | |
Kandidatur Kabilas bei den Präsidentschaftswahlen 2016 blockieren. Denn auf | |
Provinz- und Lokalebene wird das Oberhaus des kongolesischen Parlaments | |
bestimmt, der Senat, ohne den keine Verfassungsänderung möglich ist. | |
Wie es nun weitergeht, ist völlig unklar. Denn nach Absage der Provinz- und | |
Kommunalwahlen wird es nicht möglich sein, im Januar 2016 den Senat neu zu | |
bestimmen, wie es vorgesehen war. Sollte dann der alte Senat im Amt bleiben | |
und Verfassungsänderungen in Richtung einer dritten Kabila-Amtszeit | |
ermöglichen, fürchten Oppositionelle neue blutige Unruhen. Einen „Dialog“ | |
über diese Fragen, den Kabila in einer Rede an die Nation anbot, haben fast | |
alle Oppositionskräfte abgelehnt. | |
20 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Francois Misser | |
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Martin Kobler | |
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