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# taz.de -- Studie zu Abgasen von Dieselautos: Stinkende Schlupflöcher
> Viele Dieselautos produzieren mehr Schadstoffe als erlaubt. Das Problem
> liegt in den EU-Zulassungstests, die die Hersteller selbst durchführen.
Bild: Guckt zu Recht kritisch: Angela Merkel in einem Auto auf der Messe IAA.
Berlin taz | In den Messehallen der Frankfurter Internationalen
Automobilausstellung IAA stehen in diesen Tagen gut gekleidete Menschen vor
schnellen Autos, grinsen in Kameras und schütteln Hände. Doch direkt vor
dem Haupteingang der Messe steht wohl eines der größten Autos der
Ausstellung: Es ist 13 Meter lang, 4 Meter hoch und aus Plastik. Davor
posieren Menschen mit Atemmasken und halten Schilder hoch: „Stinker raus
aus den Städten!“ und „Abgase töten“. Mit diesem Protest will die Deuts…
Umwelthilfe (DUH) darauf hinweisen, dass die Herren in den Hallen eine
große Verantwortung tragen – und dieser nicht gerecht werden.
„Die Chefs von Daimler, Volkswagen und BMW sind für viele Zehntausend Tote
persönlich verantwortlich“, sagt DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Denn
ihre Produkte blasen jährlich viele Tonnen an giftigen Abgasen in die Luft.
Eigentlich begrenzt die Euro-6-Norm den Schadstoffausstoß von
Dieselfahrzeugen. Danach dürfen die Autos beispielsweise maximal 80
Milligramm Stickoxide pro Kilometer ausstoßen. Stickoxide sind stechend
riechende Gase, die nicht nur die Atemwege von Menschen schädigen können,
sondern für die Umwelt extrem schädlich sind.
Die Vorschriften, die den Ausstoß von Stickoxiden eindämmen sollen, werden
jedoch von der Automobilindustrie ausgehebelt, protestieren die
Umweltschützer. Eigentlich muss jedes neue Modell einen Schadstofftest
hinter sich bringen. Das Problem: Diese Tests führen die Hersteller der
Autos unter Aufsicht des TÜV selbst durch. Dafür, so wirft ihnen eine
Studie der nachhaltigen Verkehrsorganisation „Transport and Environment“
vor, kämen einfache Teststrecken, spezielle Motorenöle und Reifen mit
extrem hohem Druck zum Einsatz.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass unter realistischen Bedingungen neun
von zehn Diesel-Neuwagen die EU-Standards verletzen würden. Die
Testbedingungen reduzierten den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen,
entsprächen aber nicht den Bedingungen, denen das Auto im Alltag ausgesetzt
sei. Außerdem, so die Organisation, würden in vielen Dieselautos
minderwertige Katalysatoren verbaut, die billiger sind und im Test
funktionieren, im Realbetrieb jedoch schnell an ihre Grenzen gelangen.
Die Hersteller bestreiten die Vorwürfe. Eckhart Rotter vom Verband der
Automobilindustrie sagt: „Die Vorstellung, dass Autos, die nicht den
gesetzlichen Vorgaben entsprechen, auf die Straße kommen, ist absurd“. Die
Zulassungsverfahren seien von der EU „minutiös festgelegt“, Schlupflöcher
gebe es nicht. Der europäische Diesel sei einer der saubersten Kraftstoffe.
## Fünfmal mehr Stickoxide als erlaubt
Das bestreiten die Autoren der Studie. Sie behaupten, die getesteten
Fahrzeuge würden unter Straßenbedingungen im Durchschnitt fünfmal mehr
Stickoxide ausstoßen als erlaubt. Der Extremwert liegt bei dem 22-Fachen
der EU-Norm.
Dass es auch anders geht, zeigt sich in den USA. Dort werden Autos nicht
von den Herstellern selbst, sondern von einer staatlichen Behörde unter
Alltagsbedingungen getestet. Folglich müssen die Konzerne für die in den
USA verkauften Wagen leistungsstärkere Katalysatoren einbauen.
Testbedingungen wie in den USA könnten auch in Europa die Hersteller
zwingen, für eine Zulassung sauberere Autos zu bauen.
Wenn das geschehen würde, könnten die protestierenden Umweltschützer vor
den IAA-Messehallen vielleicht nach Hause gehen, und die Herren drinnen
könnten mit gutem Gewissen weiter in die vielen Kameras grinsen und Hände
schütteln.
18 Sep 2015
## AUTOREN
Dominik Schneider
## TAGS
Diesel
Auto
Abgase
Schadstoffe
Deutsche Umwelthilfe
Daimler
Volkswagen
USA
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IAAF
Bremen
Carsharing
Schwerpunkt Atomkraft
Elbe
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