# taz.de -- Krise zwischen der EU und Griechenland: Offener Bruch | |
> Brüssel greift Athen an, Athen greift Brüssel an. Wie geht es weiter? Die | |
> Volksbefragung in Griechenland dürfte keine große Rolle spielen. | |
Bild: Stimmungsbild aus Athen. | |
Brüssel taz | „Aus Plan B wird jetzt Plan A.“ Mit diesen Worten beschrieb | |
der finnische Finanzminister Alexander Stubb die dramatische Wende im | |
Schuldendrama um Griechenland. Plötzlich geht es nicht mehr um die Rettung | |
des hoffnungslos überschuldeten Landes vor der Pleite – sondern um den | |
Schutz der Eurozone vor möglichen Panikreaktionen. Anders gesagt: Die EU | |
fürchtet eine zweite Eurokrise, und bereitet die Abwehr vor. | |
Doch wie die aussehen soll, ist völlig unklar. Was soll die EU schon | |
machen, wenn am Montag die Börse in Athen abschmiert und die Griechen in | |
Panik das Geld von den Konten abheben, womit sie bereits begonnen haben? | |
Was soll sie tun, wenn Spekulanten auf ein Auseinanderbrechen der Eurozone | |
wetten und die Anleihemärkte in Italien oder Portugal attackieren? Als die | |
Euro-Minister am Samstagabend nach stundenlangen Beratungen | |
auseinandergingen, hatten sie darauf keine Antwort. | |
Statt um Kompromisse, wie bisher in der EU üblich, ist es nun zur offenen | |
Konfrontation gekommen – und zu gegenseitigen Schuldzuweisungen. | |
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, dem schon der letzte Entwurf der | |
Gläubiger zu weit gegangen war, warf Athen vor, einseitig die Verhandlungen | |
beendet zu haben. Tatsächlich brach die griechische Delegation in Brüssel | |
überraschend die Gespräche ab, nachdem [1][Premier Alexis Tsipras das | |
Referendum angekündigt hatte]. | |
Man muss aber auch die Vorgeschichte kennen. Schon am Donnerstagmittag | |
hatte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem weitere Verhandlungen mit der | |
flapsigen Bemerkung abgelehnt, neue griechische Vorschläge seien „zu spät“ | |
gekommen. Und am Abend, beim EU-Gipfel, wiederholte EU-Ratspräsident Donald | |
Tusk seine verbale Spitze, nun sei das Spiel vorbei. Tsipras erwiderte, | |
Rezession und Massenverarmung in seinem Land seien kein „Spiel“. Als | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel dann auch noch sagte, am Samstag sei | |
endgültig Schluss, war das Tischtuch zerrissen. | |
Doch von alldem wollten die Finanzminister, die sich betont unpolitisch | |
geben, am Samstag nichts mehr wissen. Nach dreistündigen Beratungen mit | |
ihrem griechischen Amtskollegen Gianis Varoufakis kamen sie zu dem Schluss, | |
[2][dass die Gespräche gescheitert seien und das aktuelle zweite | |
Hilfsprogramm endgültig am 30. Juni auslaufe]. | |
## Ist das der europäische Lehman-Moment? | |
Varoufakis hatte eine Verlängerung um mehrere Wochen beantragt, um das | |
Referendum abzusichern - vergeblich. Der eigenwillige Starökonom, der in | |
der Eurogruppe schon lange isoliert war, wurde von den weiteren Beratungen | |
ausgeschlossen. „Ich fürchte, das wird das Ansehen der Eurogruppe als | |
demokratische Institution dauerhaft beschädigen“, klagte er. | |
Der Samstag war ein Vorgeschmack auf das, was nun kommen könnte: Statt mit | |
19 tagt die Eurogruppe fortan nur noch mit 18 Mitgliedern. Griechenland ist | |
seit Samstagabend nicht mehr dabei. Ob die Finanzminister wissen, welche | |
Konsequenzen diese Entscheidung hat? Könnte dies für die europäische | |
Währungsunion der Lehman-Moment sein, der die US-Finanzkrise 2007 auslöste? | |
Wird eine unkontrollierbare Kettenreaktion folgen? | |
Dijsselbloem wich allen Fragen nach den nächsten Schritten aus. Die | |
Eurozone werde alles Nötige tun, um die „Stärke der Eurozone zu wahren“ �… | |
mehr war ihm zunächst nicht zu entlocken. | |
Eine Schlüsselrolle hat die Europäische Zentralbank. Sie muss nun | |
entscheiden, ob sie Griechenland weiter die umstrittenen ELA-Notkredite | |
gewährt, mit denen sich die griechischen Banken über Wasser halten. Wird | |
diese Notlinie gestrichen, so dürfte dies sofort zu schweren Turbulenzen im | |
griechischen Finanzsystem führen. Die EZB tagt am Sonntag, schon am Montag | |
könnte es so weit sein. | |
## Angebot in Luft aufgelöst | |
Keine große Rolle mehr dürfte hingegen das griechische Referendum spielen. | |
Denn der Gegenstand dieser Volksbefragung hat sich nach Ansicht der | |
Eurogruppe in Luft aufgelöst. Man sei nicht zu einer Vereinbarung gekommen, | |
deshalb wisse er auch nicht, worüber die Griechen abstimmen sollen, sagte | |
Dijsselbloem. Tsipras habe so negativ über das Angebot der Gläubiger | |
gesprochen, dass es auch keine Chance auf Umsetzung mehr habe. | |
Der letzte Vorschlag sah neue Rentenkürzungen sowie | |
Mehrwertsteuer-Erhöhungen auf breiter Front vor. Demgegenüber sollte die | |
Körperschaftssteuer weniger stark steigen als von Athen gewünscht. Das | |
laufende zweite Hilfsprogramm über 7,2 Milliarden Euro sollte bis November | |
verlängert und auf rund 15 Milliarden Euro aufgestockt werden. | |
Es hätte sich um eine Art Überbrückungs-Kredit vor dem nächsten, dritten | |
Hilfsprogramm gehandelt. Stattdessen muss Griechenland nun fürchten, dass | |
es pleitegeht und aus dem Euro ausscheidet. Für den „Grexit“ gibt es | |
allerdings keine Regeln, der Euro-Austritt ist nicht einmal im EU-Vertrag | |
vorgesehen, wie Varoufakis betonte. Es war wohl seine letzte Wortmeldung | |
aus Brüssel. | |
28 Jun 2015 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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