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# taz.de -- Wahltermin abgesagt: Burundi als Experimentierfeld
> Der politischen Krise zum Trotz: Ostafrikas Staatschefs unterstützen die
> Ambitionen von Burundis Präsident auf eine Wiederwahl.
Bild: Demonstranten in der Stadt Ijenda beten nach ihrem Protest gegen eine Wie…
BRÜSSEL taz | Die Krise in Burundi beunruhigt die Region: Zehntausende
Flüchtlinge in Nachbarländern und ein befürchtetes erneutes Schüren tot
geglaubter Hutu-Tutsi-Animositäten geben Anlass zu großer Sorge. Um die
Spannungen zu verringern, empfahlen Ostafrikas Staatschefs am vergangenen
Sonntag bei einem Gipfel in Tansania die Verschiebung der bereits auf den
5. Juni verschobenen Parlaments- und Kommunalwahlen um erneut sechs Wochen.
Burundis Wahlkommission hat den Wahltermin des 5. Juni in der Nacht zu
Donnerstag tatsächlich abgesagt – aber ohne einen neuen zu nennen. Was mit
den für den 26. Juni vorgesehenen Präsidentschaftswahlen passiert, ist
unklar.
Aber Kritik an Präsident Nkurunzizas Ansinnen, dabei erneut zu kandidieren,
gibt es unter den afrikanischen Amtskollegen nicht – dabei ist das der
Hauptgrund für die täglichen Proteste in der burundischen Hauptstadt
Bujumbura.
Schon am 18. Mai hatten die Staatsführer der Region bei einem Gipfel in
Angola den kurz zuvor gescheiterten Putschversuch gegen Nkurunziza in
Burundi verurteilt und „die Verteidigung der verfassungsmäßigen Ordnung
durch die dem Präsidenten, dessen Legitimität nicht angezweifelt werden
kann, loyalen Kräfte“ gelobt.
## Ähnliche Interessen bei den Staatschefs
Der Grund für die Solidarität afrikanischer Präsidenten mit Nkurunziza
liegt in ihrem eigenen Bestreben, so lange wie möglich an der Macht zu
bleiben. Überall in der Region laufen bis 2017 die Amtszeiten der
Präsidenten aus. Ugandas Präsident Yoweri Museveni hat es dabei am
leichtesten: Er kann im kommenden Februar zu einer fünften Amtszeit
antreten, ungehindert von Verfassungsbeschränkungen.
Aber Denis Sassou-Nguessos zweite Amtszeit in Kongo-Brazzaville endet im
August 2016, die von Joseph Kabila in der Demokratischen Republik Kongo im
Dezember 2016 und die von Paul Kagame in Ruanda im August 2017. Sie alle
dürfen nach geltenden Verfassungen nicht erneut kandieren – und stehen vor
der Versuchung, es trotzdem zu tun. Wie Nkurunziza mit diesem Dilemma in
Burundi umgeht, ist für sie lehrreich.
Sassou-Nguesso lädt derzeit nacheinander sämtliche Würdenträger und
Meinungsführer Brazzavilles zu „Konsultationen“ über eine mögliche
Verfassungsänderung; kaum jemand dürfte sich trauen, ihm Nein zu sagen.
Joseph Kabila in Kinshasa sucht noch eine Strategie, nachdem erste
Ansinnen, über Ende 2016 hinaus an der Macht zu bleiben, im Januar zu
massiven Protesten führten.
So werden derzeit die bislang elf Provinzen der Demokratischen Republik
Kongo in 26 aufgeteilt, was eine Verschiebung der für Oktober 2015
angesetzten Provinzwahlen erzwingen könnte. Damit würde der gesamte
Wahlkalender bis zur Präsidentschaftswahl im November 2016 ins Rutschen
geraten. Zum anderen sucht Kabila den Dialog mit der größten
Oppositionspartei UDPS.
## Gegen geltende Verfassungen
Andere Kräfte lehnen den Dialog ab, der diese Woche mit Treffen zwischen
Kabila und Kirchenführern begann und vom Chef des Geheimdiensts organisiert
wird. Oppositionelle mutmaßen, am Ende solle eine Übergangsregierung
stehen, die die geltende Verfassung aussetzt.
In Ruanda schließlich wurden vergangene Woche zwei Millionen Unterschriften
– ein Fünftel der Bevölkerung – bei Parlamentspräsidentin Donatella
Mukabalisa eingereicht, um das Parlament zu einer Verfassungsänderung
aufzufordern, die eine erneute Kandidatur Kagames 2017 ermöglichen könnte.
Im autoritär regierten Ruanda ist eine solche Initiative nicht ohne Duldung
staatlicher Stellen denkbar.
Nicht zuletzt hat die Entourage von Angolas Präsident José Eduardo dos
Santos viel zu verlieren: Sein Sohn Filomeno leitet Angolas staatlichen
Ölfonds, seine Tochter Isabel ist eine der reichsten Frauen Afrikas. Dos
Santos wird seit einer Verfassungsänderung 2010 nur noch indirekt gewählt,
was ihm die Sache vereinfacht. Die nächsten Parlamentswahlen in Angola gibt
es 2017.
Dos Santos und Nkurunziza, sagt der Fraktionsführer der größten
angolanischen Oppositionspartei Unita, Raul Danda, seien „dieselben
Banditen“. Und ein ruandischer Diplomat weicht kritischen Fragen zu Burundi
aus: „Wir äußern uns nicht zu Verfassungsfragen.“
4 Jun 2015
## AUTOREN
Francois Misser
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