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# taz.de -- Ruandas Präsident: Kagame könnte den Putin machen
> Paul Kagame darf keine dritte Amtszeit anstreben. Doch er liebäugelt
> genau damit. Ein anderer hat vorexerziert, wie man an der Macht bleibt.
Bild: Paul Kagame, ehemaliger Rebellenführer und längjähriger Präsident Rua…
KAMPALA taz | „Die Massen jubeln, das ist OK. Alle fragen sie dich, ob du
nicht bleiben kannst“, heißt es in im Gedicht „An meinen Helden“, das ein
Ruander im Internet an seinen Präsidenten Paul Kagame richtet: „Aber sie
haben schon vorher gejubelt und werden auch dem nächsten Präsidenten
zujubeln.“
Ganz Ruanda diskutiert derzeit über die Zukunft seines Präsidenten. In zwei
Jahren stehen Wahlen an. Doch Präsident Paul Kagame darf laut Verfassung
nicht mehr antreten, denn darin sind maximal zwei Amtszeiten von sieben
Jahren vorgesehen. Kagame, Chef der RPF (Ruandische Patriotische Front),
die 1994 als Guerillabewegung das Land eroberte und damals dem Völkermord
an den Tutsi ein Ende setzte, ist seit 2000 Präsident, wurde 2003 erstmals
gewählt und 2010 mit 93 Prozent wiedergewählt.
Jetzt sammeln Aktivisten emsig Unterschriften: 3,7 Millionen der rund 12
Millionen Einwohnern des Landes unterzeichneten Petitionen, die Verfassung
zu ändern, damit Kagame 2017 wieder antreten kann. „Das Volk will mich vor
eine Entscheidung stellen: Wähle jemanden, der dich ersetzen wird, oder wir
wählen jemanden für dich. Aber die Entscheidung, die am meisten Sinn macht,
ist die Wahl des Volkes“, sagte Kagame am Wochenende auf dem Parteitag der
RPF.
Die Regierungspartei entschied mit großer Mehrheit, eine
Verfassungsänderung zur Aufhebung der Begrenzung der Amtszeiten zu
unterstützen. Das soll in den nächsten Wochen im Parlament debattiert
werden.
## Keine Meinungsfreiheit
Dass die Debatte in Ruanda jetzt aufkommt, ist kein Zufall. Im kleinen
Nachbarland Burundi herrscht seit rund zwei Monaten Chaos. Auch in Burundis
Verfassung sind maximal zwei Amtszeiten für den Präsidenten vorgesehen.
Doch für die Wahlen dieses Jahr schickte die Regierungspartei CNDD-FDD
Präsident Pierre Nkurunziza zum dritten Mal ins Rennen.
Daraufhin protestierten die Menschen, ein Staatsstreich wurde vereitelt,
die Proteste gewaltsam niedergeschlagen. Nkurunziza wird nun weltweit
kritisiert. Im Vergleich zu Nkurunziza kann sich sein Amtskollege in Ruanda
wie ein Volksheld profilieren, der angefleht wird, sich dem „Volkswillen“
zu beugen.
Dennoch wirkt alles irgendwie aufgesetzt. Menschrechtsorganisationen
kritisieren, in Ruanda herrsche keine Medienfreiheit und die Opposition
werde instrumentalisiert. Sämtliche Machtstrukturen sind in Ruanda auf
Kagame zugeschnitten, als Garant für Friede, Stabilität und Entwicklung –
ohne ihn, so die Befürchtung, drohe wieder Chaos und Völkermord.
## Entscheidung fällt spät
Kagame selbst drückt sich schwammig aus. Im April sagte er noch, er sei
gegen eine Verfassungsänderung, aber „offen für Diskussionen“. In seiner
Parteitagsrede klang er konkreter: „Wenn ich ein Recht habe, für mein Land
von Bedeutung zu sein, dann werde ich das tun. Ruandas Probleme sollten die
Probleme Ruandas sein. Was die anderen denken, wird ein Faktor sein, aber
wir sind diejenigen, die die Folgen unserer Entscheidungen tragen müssen.“
Analysten rechneten bislang damit, dass Kagame sich stattdessen des
Putin-Tricks bedienen könnte: 2008 hob der russische Präsident seinen
Vertrauten Dimitri Medwedew ins Präsidentenamt und diente als
Ministerpräsident, bis er bei der nächsten Wahl 2012 wieder Präsident
wurde. Als „Medwedew“ könnte in Ruanda die derzeitige Außenministerin
Louise Mushikiwabo in Frage kommen.
Auch wenn das ganze Land bettelt – letztlich wird Kagame die Entscheidung
alleine treffen, wohl erst gegen Ende seiner Amtszeit. Bis dahin finden in
Burundi und in den Nachbarstaaten Kongo und Uganda Wahlen statt. Die kann
sich der Ruander in Ruhe angucken.
18 Jun 2015
## AUTOREN
Simone Schlindwein
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Afrika
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