| # taz.de -- Nach dem Putschversuch in Burundi: Der Präsident schickt seine Sch… | |
| > Nach dem gescheiterten Putsch ist die Opposition in Burundi in Sorge. | |
| > Aufständische werden verhaftet. 100.000 Menschen sind auf der Flucht. | |
| Bild: Zwei Verhaftete in einem Gericht in Bujumbura, denen eine Beteiligung am … | |
| BERLIN taz | „Ich habe Angst, sie werden nach mir suchen und mich | |
| mitnehmen. Ich suche deswegen vor der amerikanischen Botschaft Schutz“, | |
| schreibt ein ehemaliger Protestler aus Burundi der taz. „Die Situation ist | |
| nicht sicher, bitte bete für mich“, schreibt er. | |
| Kaum ist der Putschversuch in dem kleinen Land im Herzen Afrikas | |
| gescheitert, geht jetzt die Angst um. Die Straßen sind verwaist, viele | |
| Geschäfte noch immer geschlossen. Die Leute, die vor einer Woche noch | |
| protestiert hatten, verstecken sich. Die sonst so kritischen Medien wurden | |
| mundtot gemacht. Die unabhängigen Radiosender sind abgebrannt. Im Äther | |
| herrscht Funkstille. Die Tageszeitung Iwacu hat ihr Erscheinen eingestellt. | |
| Die Gerüchteküche brodelt: Von willkürlichen Verhaftungen, | |
| Hausdurchsuchungen und Todeslisten ist die Rede. Soldaten patroullieren auf | |
| den Straßen. | |
| Wenige Tage nach dem gescheiterten Putschversuch am Mittwoch greift | |
| Präsident Piere Nkurunzizas Machtapparat jetzt hart durch. Jeder, der noch | |
| einmal den Staatsstreich wage, bringe „Krieg, Armut und Übergriffe, die wir | |
| zuvor schon in diesem Land erlebt haben“. Eine klare Ansage: An den | |
| brutalen Bürgerkrieg und Quasi-Völkermord der 90er Jahre kann sich in | |
| Burundi noch immer jeder erinnern. | |
| Vergangenen Mittwoch hatte der ehemalige Geheimdienstchef Godefroid | |
| Niyombare den Staatsstreich erklärt, als Nkurunziza zum Krisengipfel ins | |
| Nachbarland Tansania gereist war. Doch er konnte nicht genügend | |
| Armeeeinheiten mobilisieren. Es kam zu Kämpfen innerhalb der Truppen. Die | |
| Nkurunziza-treuen gewannnen die eintägige Schlacht. Der Präsident ging als | |
| Sieger aus dem Machtkampf hervor und schickt seine Schergen los, die | |
| Störenfriede zu verhaften: Putschisten wie Demonstranten. Zahlreiche der | |
| aufständigen Armeeoffiziere wurden verhaftet oder sind auf der Flucht. | |
| ## Immer mehr Flüchtende | |
| Journalisten von Al Jazeera und Reuters sprachen im städtischen Krankenhaus | |
| mit Ärzten und Pflegern. Sie berichten, Polizisten hätten die Klinik | |
| gestürmt. Sie erschossen angeblich Männer in ihren Krankenhausbetten, die | |
| bei den Protesten verwundet worden waren. | |
| Dies setzt jetzt eine Massenflucht in Gang. Schon vor dem Putschversuch | |
| waren 50.000 Menschen in die Nachbarländer geflohen. Jetzt sind es schon | |
| 100.000, die in Tansania, der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda | |
| Schutz suchen – und es werden immer mehr. Die UN-Hilfsagenturen kommen | |
| nicht hinterher. | |
| Auch die Ausländer fliehen nun aus Bujumbura. Flugzeuge landen, um | |
| US-Bürger abzuholen. Die Botschaften evakuieren alle, die nicht unbedingt | |
| gebraucht werden. Reisewarnungen wurden ausgeschrieben. Belgien, die | |
| Schweiz und die Niederlande haben Hilfsgelder für Burundi vorerst | |
| eingefroren, die Europäische Union die Gelder zur Unterstützung der Wahlen. | |
| Eigentlich sind am 26. Mai die Parlamentswahlen, am 26. Juni die | |
| Präsidentschaftswahlen angesetzt. | |
| Nkurunziza darf nach zwei Amtszeiten laut Verfassung eigentlich nicht mehr | |
| antreten. Doch die Regierungspartei CNDD-FDD hatte Nkurunziza dennoch zum | |
| Spitzenkandidaten gekürt, so kam es zu den wochenlangen Massenprotesten. | |
| Die Afrikanische Union forderte am Samstag Burundis Regierung auf, eine | |
| ausgewogene Lösung für die tiefe politische Krise zu finden. Ob die Wahlen | |
| unter diesen Umständen überhaupt stattfinden können, ist unklar. Ob der | |
| Wahlausgang die Krise beilegen wird, ist ebenso fraglich. Nkurunziza kann | |
| es nur recht sein, wenn es jetzt keine Wahlen gibt – dann kann er einfach | |
| weiter regieren. | |
| ## Erzwungene Loyalität | |
| Klar ist: Vor dem Putschversuch stand Nkurunzizas Macht auf sehr wackeligen | |
| Beinen. Mehrfach hatte er im vergangenen Jahr seinen Apparat gesäubert, | |
| Posten neu vergeben. Hinter ihm zog schon immer ein Schattenkabinett | |
| einflussreicher Militärs und Geheimdienstler die Fäden, die viel mehr Macht | |
| und Geld haben als der Präsident. Auch deren Loyalität war er sich lange | |
| nicht mehr sicher. | |
| Jetzt, nach dem Putsch, sitzt er gefestigt im Sattel: Das Volk wurde | |
| mundtot gemacht, die Proteste sind verebbt, die nicht 100-prozentig Loyalen | |
| in Militär und Politik verhaftet – und jeder, der jetzt Kritik laut | |
| ausspricht, muss mit dem Schlimmsten rechnen. | |
| Burundi ist mit 10 Millionen Einwohnern das kleinste Land Afrikas. Jeder | |
| kennt da jeden, sich zu verstecken ist fast unmöglich. Umso mutiger scheint | |
| es, dass Oppositionelle und Aktivisten für Montag weitere Proteste | |
| angekündigt haben: um gegen die Angst zu demonstrieren. | |
| 17 May 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
| ## TAGS | |
| Ruanda | |
| Tansania | |
| Putsch | |
| Pierre Nkurunziza | |
| Burundi | |
| Burundi | |
| Afrika | |
| Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
| Kongo-Tribunal | |
| Burundi | |
| Burundi | |
| Burundi | |
| Pierre Nkurunziza | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Zuspitzung der Krise in Burundi: Hohe Politiker fliehen aus dem Land | |
| Kurz vor der Parlamentswahl bröckelt in Burundi das Lager des umstrittenen | |
| Präsidenten Nkurunziza. Die Gewalt in Bujumbura nimmt zu. | |
| Ruandas Präsident: Kagame könnte den Putin machen | |
| Paul Kagame darf keine dritte Amtszeit anstreben. Doch er liebäugelt genau | |
| damit. Ein anderer hat vorexerziert, wie man an der Macht bleibt. | |
| Ölsuche im Kriegsgebiet: Der gekaufte Major und das Öl | |
| Ein Armeeoffizier im Kongo soll von der dort aktiven britischen Ölfirma | |
| Soco Zehntausende US-Dollar erhalten haben. | |
| Reenactment des Kongokrieges: In vermintem Gebiet | |
| Mit einem Theaterstück thematisiert Milo Rau die Hintergründe des Krieges. | |
| Und das mitten im kongolesischen Wahlkampf. | |
| Internationaler Druck auf Burundi: Wahl um zehn Tage verschoben | |
| Die Parlamentswahlen in Burundi sollten eigentlich am 26. Mai stattfinden. | |
| Präsident Nkurunziza geht auf Forderungen der Opposition ein und verschiebt | |
| sie. | |
| Wieder Proteste in Burundi: Diplomaten und Spezialkräfte | |
| Ein Afrika-Regionalgipfel fordert die Verschiebung der Wahlen in Burundi. | |
| Die USA und Frankreich schicken Elitekämpfer nach Bujumbura. | |
| Krise in Burundi: Protestierende wieder auf der Straße | |
| Der Aufstand gegen den Präsidenten geht trotz des gescheiterten Putsches | |
| weiter. Die Armee zeigt sich gespalten. | |
| Gescheiterter Putsch in Burundi: „Ich bin zurück“ | |
| Keine 24 Stunden nach der Erklärung eines Staatsstreiches scheint Burundis | |
| Präsident gewonnen zu haben. Jetzt droht eine Verhaftungswelle. |