# taz.de -- Ölsuche im Kriegsgebiet: Der gekaufte Major und das Öl | |
> Ein Armeeoffizier im Kongo soll von der dort aktiven britischen Ölfirma | |
> Soco Zehntausende US-Dollar erhalten haben. | |
Bild: Baby-Gorillas verspeisen ein paar Bananen im Virunga-Nationalpark im Kong… | |
KAMPALA taz |Als im Boden unter Afrikas ältestem Naturschutzgebiet die | |
Suche nach Öl begann, klingelten bei Umweltschützern rund um den Globus die | |
Alarmglocken. Der Virunga-Nationalpark im Osten der Demokratischen Republik | |
Kongo ist Heimat der bedrohten Berggorillas – und Kriegsgebiet. | |
2008 erhielt die britische Ölfirma Soco von Kongos Regierung die Lizenz für | |
Testbohrungen in jenem Teil des Parks, wo die Gorillas leben. Die | |
Parkbehörde mit dem belgischen Direktor Emmanuel de Merode registrierte | |
2012, wie erstmals Geländewagen von Soco in den Park hineinfuhren. Die | |
ersten Tests starteten unter dem Edward-See. De Merode startete eine | |
weltweite Kampagne gegen Ölbohrungen in Virunga. | |
Der US-Milliardär Howard Buffett finanzierte die Produktion eines | |
aufwendigen Kinofilms, der im Februar diesen Jahres in Hollywood für die | |
Oscars nominiert war: Der Film „Virunga“, teils mit versteckter Kamera | |
gedreht, zeigt Socos Machenschaften im Ostkongo auf, bevor die Firma vor | |
einem Jahr unter internationalem Druck zusagte, ihre Aktivitäten innerhalb | |
des Parks einzustellen. | |
Im Film bietet unter anderem der kongolesische Armeemajor Burimbi Feruzi | |
Bestechungsgelder an und spricht Drohungen aus. Major Feruzi war damals | |
Verbindungsoffizier zwischen Soco und der kongolesischen Armee. Er war nahe | |
der Soco-Basis im Park stationiert und laut Soco für die Sicherheit ihrer | |
Mitarbeiter zuständig. | |
## Ölfirma und Militärs | |
Berichte der Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch (HRW) und | |
Global Witness (GW) lassen darauf schließen, dass Kongolesen, die sich | |
gegen die Ölbohrungen aussprachen, entführt und gefoltert wurden – von | |
Soldaten aus Major Feruzis Einheit. Zwei Fischer seien in diesem | |
Zusammenhang sogar ermordet worden, so HRW. | |
Dass eine Ölfirma im Kriegsgebiet auf lokale Militärs angewiesen ist, ist | |
normal. Üblich im Kongo ist es auch, dass gewisse staatliche Gehälter von | |
der Firma übernommen werden. Doch wurde Major Feruzi von Soco gezielt dafür | |
bezahlt, Kritiker auszuschalten? Der „Virunga“-Film stellt diese These in | |
den Raum. | |
Mit versteckter Kamera wird Feruzi ertappt, wie er einem Parkwächter 3.000 | |
Dollar anbietet, um Parkdirektor de Merode umzustimmen. Soco versicherte | |
direkt nach Veröffentlichung des Films gegenüber der Nachrichtenagentur | |
Reuters und dem britischen Sender BBC, damit nichts zu tun zu haben. | |
Aber Global Witness (GW) liefert jetzt die ersten, halbwegs stichhaltigen | |
Hinweise, dass die Gelder tatsächlich flossen: Soco soll Feruzi im April | |
und Mai 2014, also nach den ersten Dementis, über 42.000 Dollar bezahlt | |
haben. So verraten es mehrere auf Feruzis Namen ausgestellte Schecks des | |
Soco-Kontos bei einer Bank in Ostkongos Provinzhauptstadt Goma sowie | |
Quittungen, die Feruzi unterschrieb. Die Dokumente hat GW unter anderem der | |
taz zugespielt. | |
## Kongos Regierung war informiert | |
Soco widerspricht nur halb. In einer Reaktion gegenüber GW erklärt | |
Soco-Vizedirektor Roger Cagle, mit Major Feruzi nichts direkt zu tun gehabt | |
zu haben: „Weder er noch irgendeiner seiner Soldaten wurde jemals von uns | |
direkt angeheuert, sondern unterstanden den Befehlen der Regierung. Diese | |
Fakten haben wir nie abgestritten“. | |
Weiter: „Jegliche finanziellen Vereinbarungen sind ausschließlich so, wie | |
mit Kongos Regierung abgesprochen.“ Der Direktor verspricht: „Sollte es | |
Beweise von Fehlverhalten geben, werden angemessene Maßnahmen ergriffen.“ | |
Dass die Anschuldigungen jetzt öffentlich werden, ist kein Zufall. Soco | |
hatte gestern in London seine Jahresversammlung. Global Witness verlangt | |
jetzt, dass die britische Antikorruptionsbehörde und das Justizministerium | |
Ermittlungen gegen die Ölfirma aufnehmen. | |
11 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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