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# taz.de -- Harte Urteile in Ruanda: Zehn Jahre Haft für Musiker
> Wegen „Planung des Umsturzes“ wird ein bekannter Musiker Ruandas
> verurteilt. Er soll mit bewaffneten Exilgruppen kooperiert haben.
Bild: Kizito Mihigo vor dem Urteil.
BERLIN taz | Einer der bekanntesten Musiker Ruandas ist zu zehn Jahren Haft
verurteilt worden. Der Sänger Kizito Mihigo wurde am späten Freitag zum
Abschluss eines mehrmonatigen Prozesses in der Hauptstadt Kigali der
„Planung des gewaltsamen Umsturzes der Regierung, Planung der Ermordung von
Regierungsbeamten und Aufstachelung der Bevölkerung zur Gewalt“ für
schuldig befunden.
Den Anklagepunkt „Beteiligung an der Planung von Terrorangriffen“ ließ das
Gericht fallen – dennoch ist es ein hartes Urteil nach einem spektakulären
Gerichtsverfahren, der die Gewissheiten des postgenozidalen Ruanda bis in
die Grundfesten erschüttert hat.
Kizito Mihigo war [1][im April 2014 verhaftet worden,] wenige Tage nach den
großen Gedenkveranstaltungen zum Völkermord an bis zu einer Million Tutsi
in Ruanda 1994. Bis dahin hatte der damals 33jährige, der im Völkermord
seinen Vater verloren hatte, zu den engsten Kreisen der Kulturschaffenden
im Umfeld von Ruandas Präsident Paul Kagame gehört: ein Freund der
Präsidentenfamilie und landesweit bekannt wegen seiner christlich
angehauchten, gefälligen Versöhnungsmusik mit einem Hang zum Seichten.
Aber nach seiner Festnahme gestand Kizito Mihigo Beziehungen zur
Exilorganisation RNC (Ruandischer Nationalkongress), eine von
Tutsi-Exilanten in Südafrika und den USA geführte Exilgruppe, die vor allem
enttäuschte ehemalige Weggefährten Kagames vereint und von diesem
verdächtigt wird, mit der im Kongo aktiven Hutu-Miliz FDLR (Demokratische
Kräfte zur Befreiung Ruandas) zusammenzuarbeiten, in der sich flüchtige
Völkermordtäter tummeln.
## „Neue Generation für die Revolution“
Ruandas Behörden versuchen bei jeder Gelegenheit, FDLR und RNC sowie jede
Opposition gegen Kagame überhaupt in einen Topf zu stecken, und die Affäre
Kizito Mihigo ermöglichte dies in einer aufsehenerregenden Weise, die
belegen sollte, dass auch die Nach-Völkermord-Generation Ruandas nicht vor
staatsfeindlichen Umtrieben gefeit ist.
Die Ankläger behaupteten, der Sänger habe mit dem RNC vereinbart, eine
Jugendgruppe namens „Neue Generation für die Revolution“ zu gründen, die
von Tansania aus unzufriedene Jugendliche in Ruanda mobilisieren sollte. Er
selbst hätte für diese Gruppe aus Europa heraus das öffentliche Gesicht
sein sollen.
Die Staatsanwaltschaft hatte deswegen für den Sänger lebenslage Haft
beantragt; sein Geständnis und seine Bitte um Vergebung wirkten sich aber
für ihn positiv aus. Schwerer traf es den Leiter des christlichen
Radiosenders „Amazing Grace Christian Radio“, Cassien Ntamuhanga, der 25
Jahre Haft erhielt.
Ein demobilisierter Soldat, in dessen Besitz sechs Granaten für Anschläge
gefunden wurden, muss gar als angeblicher Widerholungstäter für 30 Jahre
ins Gefängnis. Ntamuhangas Buchhalterin Agnes Niyibizi, die auch für den
RNC gearbeitet haben soll, wurde freigesprochen.
1 Mar 2015
## LINKS
[1] /Nach-dem-Gedenken-in-Ruanda/!136856/
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Ruanda
Musik
Afrika
Francois Hollande
Ruanda
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