| # taz.de -- Ruandas Geheimdienstchef: Kaution für den Top-General | |
| > General Karenzi Karake kommt unter strengen Auflagen in London frei. Die | |
| > Entscheidung über eine mögliche Auslieferung wurde vertagt. | |
| Bild: Protest vor dem Gerichtsgebäude in London. | |
| BERLIN taz | Ruandas Geheimdienstchef wird die nächsten vier Monate in | |
| London verbringen. Ein Gericht im Londoner Stadtteil Westminster vertagte | |
| am Donnerstag nachmittag die Entscheidung über eine mögliche Auslieferung | |
| von General Karenzi Karake auf den 29. Oktober und ordnete die Freilassung | |
| des Ruanders bis dahin auf Kaution unter Auflagen an. | |
| General Karake, eine der mächtigsten Persönlichkeiten in Ruanda, war am | |
| vergangenen Samstag bei der Abreise aus Großbritannien am Flughafen | |
| London-Heathrow festgenommen worden. Grundlage war ein spanischer | |
| Haftbefehl aus dem Jahr 2008 gegen die komplette Militärführung der in | |
| Ruanda regierenden ehemaligen Tutsi-Guerilla RPF (Ruandische Patriotische | |
| Front), die 1994 in Ruanda den Völkermord an de Tutsi beendete und seitdem | |
| regiert. | |
| Die spanische Justiz wirft der RPF vor, zum Zwecke der Tötung möglichst | |
| vieler Hutu in Ruanda gegründet worden zu sein, und macht ihre | |
| Verantwortlichen für einzelne mutmaßliche Verbrechen verantwortlich, | |
| darunter den Tod von neun Spaniern. Ruandas Regierung und unabhängige | |
| Beobachtern kritisieren den Haftbefehl und die zugrundliegenden | |
| Ermittlungen als parteiisch und von Parteigängern des Völkermordes an | |
| Ruandas Tutsi motiviert. | |
| Dass Großbritannien, einer der engsten Partner Ruandas, den Haftbefehl | |
| umsetzen würde, obwohl General Karake zuvor oft unbehelligt nach | |
| Großbritannien gereist war, sorgt bei vielen Beobachtern für Erstaunen. | |
| ## Massenproteste in Ruanda | |
| Zum Termin der Anhörung am Donnerstag hatte Ruandas Regierung im eigenen | |
| Land Massenproteste organisiert. Landesweit wurden Arbeitsstätten und | |
| Schulen geschlossen, damit die Bürger mit Transparenten zur Unterstützung | |
| Karakes auf die Straße gehen. Auch vor der britischen Botschaft in Kigali | |
| sammelten sich zahlreiche Demonstranten, ebenso vor dem Gericht in | |
| London-Westminster. | |
| Auf den Transparenten sagten die ruandischen Demonstranten unter anderen | |
| „Nein zum Kolonialismus in Form von Justiz“ und „Nein zu vom Westen | |
| finanziertem Irrsinn und Völkermordideologie“. Ruandas Außenministerin | |
| Louise Mushikiwabo hattezuvor die Festnahme als „Irrsinn“ bezeichnet. | |
| Ruandas Präsident Paul Kagame trat in Kigali vor das ruandische Parlament | |
| und nannte die Festnahme „eine Fortsetzung von Sklaverei, Kolonialismus, | |
| Arroganz und der Art, Afrikanern ihren Plazu zuzuweisen“. Er wandte sich | |
| gegen „Erniedrigung“ von Afrikanern und fragte, wie europäische Länder | |
| einerseits Afrika „Entwicklung“ anbieten und ihnen andererseits | |
| „Erniedrigung“ servieren würden. „Könnt ihr meine Entwicklung fördern … | |
| mir zugleich meine Würde nehmen?“ fragte er. | |
| ## Tony Blairs Ehefrau | |
| Vor Gericht in London wurde General Karake unter anderem vom Cherie Booth | |
| vertreten, Ehefrau des britischen Expremiers Tony Blair, der Kagame berät. | |
| Zahlreiche ruandische Regierungsanhänger demonstrierten vor dem | |
| Gerichtsgebäude und füllten auch die Publikumsbänke im Saal, wo sie Karake | |
| zujubelten, als er vor das Gericht trat. | |
| In der Anhörung wies Karakes Hauptanwalt Mark Summers darauf hin, dass die | |
| spanischen Haftbefehle sehr kontrovers seien, weil sie „die gesamte | |
| ruandische Regierung kriminalisieren“, und dass Interpol sich geweigert | |
| habe, ihnen Folge zu leisten. | |
| Das Gericht legte fest, dass Karake bis zur nächsten Anhörung am 29. | |
| Oktober unter strengen Auflagen auf freien Fuß zu setzen sei. Gegen eine | |
| Kaution von 1 Million Pfund (1,4 Millionen Euro) müsse er in einer Residenz | |
| der ruandischen Botschaft in London bleiben und sich täglich bei der | |
| Polizei melden. | |
| Karakes Anwälte hatten zuvor gesagt, ihr Mandant werde alle Bedingungen | |
| befolgen. Die Botschaft hatte zunächst eine Kaution von 200.000 Pfund | |
| geboten, was das Gericht aber als zu niedrig ansah. | |
| 25 Jun 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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