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# taz.de -- Proteste in Burundi: „Es gibt keinen Dialog im Blut“
> Die gezielte Ermordung des Oppositionsführers Zedi Feruzi lässt die
> Spannungen weiter eskalieren. Regierungsgegner nehmen ihre Proteste
> wieder auf.
Bild: Bujumbura, Pfingssonntag: Islamische Trauerfeier für den toten Zedi Feru…
BERLIN taz | Zedi Feruzi befand sich wenige Meter von seinem Haus entfernt,
als aus einem vorbeifahrenden Auto das Feuer eröffnet wurde. Der junge
Präsident der kleinen burundischen Oppositionspartei UPD (Union für Frieden
und Entwicklung) war sofort tot, ebenso sein Leibwächter. Ein sich in der
Nähe aufhaltender Radiojournalist, Jean-Baptiste Bireha vom Sender Bonesha
FM, wurde bei dem Anschlag am späten Samstagabend in Ngarara, einem
Stadtviertel der burundischen Hauptstadt Bujumbura, schwer verletzt.
Mit dem brutalen Mord ist die politische Konfrontation in Burundi, die mit
einem gescheiterten Putschversuch vor zehn Tagen ihren Höhepunkt erreicht
hatte, wieder aufgeflammt. Eigentlich sollte das Pfingstwochenende ruhig
werden. Die Opposition, die seit Wochen gegen Präsident Pierre Nkurunzizas
Kandidatur zu einer dritten Amtszeit auf die Straße geht, hatte ihre
Proteste ausgesetzt; die Regierung hatte schon vergangene Woche die auf
Pfingsten angesetzten Parlamentswahlen verschoben.
Aber dann explodierten erst am Freitagabend zwei Granaten auf einem
belebten Platz im Zentrum der Hauptstadt und forderten acht Tote und 40
Verletzte. Und am Samstag kam der Mord an Feruzi dazu, einem der Wortführer
der Protestbewegung gegen den Präsidenten.
Noch am Dienstag hatte Feruzi Demonstranten im Stadtteil Musaga zugerufen:
„Kämpft weiter, denn wir kommen voran und nähern uns dem Sieg.“ Seine
Partei UPD ist die Partei von Hussein Radjabu, einst der starke Mann der
Regierungspartei und seit einigen Jahren in Ungnade gefallen.
Feruzi selbst gehört zu Burundis kleiner muslimischer Minderheit. Burundis
Armee ist in Somalia an der afrikanischen Eingreiftruppe gegen die
islamistische Shabaab-Miliz beteiligt, und Präsident Nkurunziza hat in den
letzten Wochen immer wieder behauptet, Islamisten würden das Land bedrohen
– nun wird der prominenteste muslimische Politiker Burundis das erste Opfer
eines gezielten politischen Anschlags seit Beginn der täglichen
Demonstrationen.
Am Sonntag wurde Feruzi unter großer öffentlicher Anteilnahme zu Grabe
getragen. Tausende von Menschen folgten dem Trauerzug, der sich zu einem
Schweigemarsch zu Feruzis Haus entwickelte. Frédéric Bamvuginyumvira,
Vizepräsident der Partei Frodebu (Front für Demokratie in Burundi), rief
bei der Trauerfeier die Burunder auf, „sich wie ein Mensch zu erheben, um
gegen die Vorgehensweisen zu kämpfen, die uns zwanzig Jahre zurückwerfen“.
Die Frodebu hatte 1993 Burundis erste freie Wahlen gewonnen und damit eine
jahrzehntelange brutale Militärdiktatur beendet; aus ihren Reihen war
später, als Bürgerkrieg ausbrach, die heute regierende Rebellenbewegung
CNDD-FDD (Nationalkomitee/Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) unter
Nkurunziza entstanden. Heute sieht sich die Frodebu als Mahner gegen ein im
Entstehen befindliches Terrorregime.
Die selbstverordnete Protestpause der Opposition ist nun wieder vorbei. In
zahlreichen Vierteln von Bujumbura gingen am Montag wieder Menschen auf die
Straße, trotz eines starken Polizeiaufgebots. In ersten Berichten war am
Montagnachmittag von bis zu vier Toten die Rede.
Das Oppositionsbündnis, das die Proteste gegen Nkurunzizas dritte Amtszeit
koordiniert, hatte in Reaktion auf den Mord an Feruzi dazu aufgerufen, ab
Montag „mit verstärktem Einsatz“ auf die Straße zu gehen. Die Demonstrant…
sollten auf ihre Sicherheit achten und der Gewaltfreiheit treu bleiben.
Weitere Gespräche mit der Regierung kämen nicht infrage: „Es gibt keinen
Dialog im Blut und unter Todesdrohungen.“ Man gehe davon aus, dass es
„einen Plan zur physischen Eliminierung“ von Oppositionsführern gebe.
Die erneute Eskalation in Burundi verschärft die internationale Sorge um
die Stabilität der Region. Zum ersten Mal seit Beginn der burundischen
Krise meldeten sich am Pfingstsonntag die Vertreter von UNO, Afrikanischer
Union und dreier afrikanischer Regionalorganisationen in Bujumbura
gemeinsam zu Wort und nannten die Anschläge vom Freitag und Samstag „einen
Weckruf an Burundis politische Führer, verantwortungsbewusst zu handeln“.
Der UN-Sicherheitsrat rief Burundis Regierung in einer gesonderten
Erklärung dazu auf, „konkrete Schritte zu unternehmen, um weiterer Gewalt
vorzubeugen“.
25 May 2015
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Burundi
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