# taz.de -- Parlamentswahl in Burundi: Stimmabgabe als Loyalitätsbeweis | |
> Die Wahlkommission spricht von hoher Beteiligung. Doch Journalisten in | |
> der Hauptstadt sehen kaum Wähler – und die Opposition boykottiert. | |
Bild: Ein Polizist bei der Parlamentswahl am Montag in Burundis Haupstadt Bujum… | |
Berlin taz | Unter den Bedingungen des Ausnahmezustandes hat Burundi am | |
Montag ein neues Parlament gewählt. Was eigentlich eine Sternstunde der | |
Demokratie sein müsste, geriet zumindest in der Hauptstadt Bujumbura zum | |
ersten Akt einer neuen Machtprobe nach Monaten gewaltsamer Konfrontation | |
zwischen Regierung und Opposition. Die Opposition rief geschlossen zum | |
Boykott der Parlamentswahl sowie der für den 15. Juli geplanten | |
Präsidentschaftswahl auf. | |
Unter diesen Umständen ist die einzige relevante Frage die der | |
Wahlbeteiligung: Je höher sie ist, desto besser für die Regierung. Am | |
Mittag erklärte der Präsident der Wahlkommission, Pierre Claver | |
Ndayicariye, die Beteiligung liege bereits bei 70 Prozent, weil die | |
Landbevölkerung schon frühmorgens an die Wahlurnen geströmt sei. | |
Burundis Bauern sind die Basis der regierenden ehemaligen | |
Hutu-Guerillabewegung CNDD-FDD (Nationalkomitee/Front zur Verteidigung der | |
Demokratie). Deren Führer und Staatspräsident Pierre Nkurunziza hat mit | |
seinem Ansinnen, dieses Jahr zu einer dritten fünfjährigen Amtszeit | |
anzutreten, die Opposition auf die Barrikaden gebracht und sein Land in die | |
Krise gestürzt. | |
Die Angaben der Wahlkommission ließen sich nicht überprüfen. Journalisten | |
in der Hauptstadt Bujumbura berichteten, dass in den Hochburgen des | |
Protests fast niemand wählen gegangen sei, außer den Sicherheitskräften. | |
Wahlwillige Normalbürger in Oppositionshochburgen galten als verdächtig und | |
wurden von der Polizei durchsucht. In Abwesenheit des regulären Personals | |
würden manche Wahllokale von Schulkindern geleitet, hieß es. | |
Noch in der Nacht zuvor hatte es erneut heftige Schießereien und | |
Explosionen in Bujumbura gegeben. Im Stadtviertel Jabe wurde ein Student | |
erstochen. Insgesamt sind seit Beginn der Proteste im April über 70 | |
Menschen in Burundi gewaltsam ums Leben gekommen, über 120.000 sind außer | |
Landes geflohen. Der Kommunikationsberater des Präsidenten, Willy Nyamwite, | |
spricht mittlerweile auf Twitter von „Aufständischen“, um die | |
Protestierenden zu charakterisieren. | |
## Regierung lehnt Dialog ab | |
In Sorge über die Zuspitzung der Krise hatten zuvor alle relevanten | |
internationalen Organisationen vergeblich eine Verschiebung der Wahlen | |
gefordert. Grundlage für diese Forderung war ein auch von Burundis | |
Regierung mitgetragener regionaler Gipfelbeschluss vom 31. Mai, wonach vor | |
den Wahlen Milizen entwaffnet und ein Dialog zwischen Regierung und | |
Opposition stattgefunden haben müsse. Der Sicherheitsrat der Afrikanischen | |
Union (AU) hatte am 13. Juni beschlossen, der Wahltermin müsse im Konsens | |
festgelegt werden. | |
Nichts davon hat stattgefunden; vielmehr lehnte die Regierung letzte Woche | |
einen Dialog explizit als Manöver zur Wahlverschiebung ab. In Reaktion zog | |
sich das internationale Vermittlerteam aus UNO, AU, der Ostafrikanischen | |
Gemeinschaft (EAC) und der Internationalen Konferenz der Region der Großen | |
Seen (ICGLR) aus der Wahlbeobachtung in Burundi zurück. | |
„Dass die Parlamentswahlen an diesem 29. Juni organisiert wurden, ohne dass | |
die Mindestbedingungen ihrer Glaubwürdigkeit, Transparenz und | |
Einschließlichkeit gewährleistet sind, kann die tiefe Krise Burundis nur | |
verschärfen“, erklärte am Montag der Auswärtige Dienst der Europäischen | |
Union (EU). In Bujumbura äußerten viele Menschen nach Schließung der | |
Wahllokale Angst vor erneuter Gewalt. | |
29 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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