| # taz.de -- Transparenz bei Nebeneinkünften: Konservative Gedächtnislücken | |
| > Die Union zeigt sich bei der Offenlegung von Nebenjobs sehr flexibel. Das | |
| > war nicht immer immer so. Früher hat sie Transparenzregeln bekämpft. | |
| Bild: Unser Mann im Bundestag: CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer (Archivbild v… | |
| BERLIN taz | Für Michael Grosse-Brömer, parlamentarischer Geschäftsführer | |
| der Unionsfraktion, ist die Einigung, wie Parlamentarier ihre | |
| Nebeneinkünfte künftig offenlegen, in greifbarer Nähe. „Ich gehe davon aus, | |
| dass das am Donnerstag passiert“, sagt der CDU-Mann. | |
| Zwei Modelle werden beim Rechtsstellungsausschuss des Bundestages am | |
| Donnerstag auf dem Tisch liegen: eines auf Euro und Cent, wie es SPD, Grüne | |
| und Linkspartei wollen und die Union es ablehnt, und ein erweitertes | |
| Stufenmodell, das die Union möchte. | |
| „Wir wollen das bewährte System behalten“, sagt Grosse-Brömer, dem ein | |
| sechsstufiges Modell vorschwebt. Wenn die Opposition, so die Botschaft, ein | |
| bisschen gutwillig ist, wird das schon. Die Union gibt sich | |
| kompromissfähig. Man will doch, wird beteuert, das Gleiche wie die | |
| Opposition: Transparenz. | |
| Das war nicht immer so. Union und FDP haben in den letzten 20 Jahren mehr | |
| Transparenz erbittert bekämpft. 1995 lehnte Schwarz-Gelb im Bundestag einen | |
| SPD-Antrag für Offenlegung von Nebeneinkünften ab. Das Bürgerrecht des | |
| Abgeordneten sei, dass geheim bleibe, was er sonst noch so verdient, | |
| argumentierten Union und FDP. | |
| Als 2002 die Verstrickung von Politikern mit dem PR-Berater Moritz | |
| Hunzinger publik wurden, machte Rot-Grün einen neuen Anlauf. FDP-Mann Jörg | |
| van Essen polemisierte damals, dass ein „Kartell von Lehrern und | |
| Gewerkschaftsfunktionären“ den freien Abgeordneten mit Vorschriften | |
| schikanieren wolle. | |
| ## Nebeneinkommen blieben vertraulich | |
| Friedrich Merz, damals Fraktionschef der Union, bescheinigte Rot-Grün ein | |
| „Ablenkungsmanöver“. So blieb im Kern alles, wie es war. Die Abgeordneten | |
| mussten damals dem Bundestagspräsidenten zwar Nebeneinkommen (seit 2002 | |
| inklusive Vorträge) melden, doch der durfte diese nicht veröffentlichen. | |
| Im Jahr 2005 folgte der nächste Versuch. In der RWE-Affäre wurde | |
| öffentlich, dass Politiker, unter anderem CDU-Generalsekretär Laurenz | |
| Meyer, auf der Payroll des RWE-Konzerns standen. | |
| Die FDP-Politikerin Ulrike Flach bekam Zehntausende Euro von Siemens – ohne | |
| erkennbare Gegenleistung. Der damalige Bundestagspräsident Thierse (SPD) | |
| appellierte 2005 an CDU/CSU, über mehr Transparenz bei Nebenjobs | |
| nachzudenken. Das Echo war eindeutig: „Unverschämt“ und „ahnungslos“ | |
| polterten führende Unionsabgeordnete. | |
| ## Retortenpoitiker und geklonte Eunuchen | |
| Peter Ramsauer, heute CSU-Verkehrsminister, erklärte: „Was ich verdiene, | |
| geht nur das Finanzamt etwas an.“ Die rot-grüne Transparenz schaffe ein | |
| „Parlament aus Retortenabgeordneten“ und „politisch geklonten Eunuchen“. | |
| Rot-Grün setzte 2007 die bis heute geltende Dreistufenregelung durch (siehe | |
| Kasten) – gegen den Widerstand von FDP und Teilen der Union. Friedrich Merz | |
| klagte gegen das neue Gesetz in Karlsruhe ohne Erfolg. | |
| Michael Grosse-Brömer will von der hartnäckigen Verweigerung der | |
| CDU-Kollegen heute lieber nichts mehr wissen. Die Öffentlichkeit habe ein | |
| Recht auf „die Offenlegung der Einkünfte von Abgeordneten“, sagte | |
| Grosse-Brömer kürzlich im Bundestag. Das, so der CDU-Mann mit | |
| Gedächtnislücken, „war in unserer Fraktion immer unstreitig.“ | |
| 24 Oct 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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