# taz.de -- Nebeneinkünfte von Abgeordneten: Transparent bis zum letzten Cent | |
> Campact und LobbyControl loben die SPD. Denn die will, dass | |
> Parlamentarier Nebenjobs künftig auf „Euro und Cent“ offenlegen. | |
> Schwarz-Gelb mauert. | |
Bild: Wer verdient wieviel? Abgeordnete im Bundestag. | |
BERLIN taz | Es kommt nicht jeden Tag vor, dass kritische NGOs die SPD | |
loben. Christoph Bautz von Campact macht die Ausnahme. „Es ist erstaunlich, | |
wie sich die SPD bewegt hat“, sagt Bautz, der einst Attac mit aufbaute. | |
Auch Timo Lange von LobbyControl findet richtig, was die SPD will. Wegen | |
Steinbrücks einträglicher Nebenjobs musste „die Partei politisch in die | |
Offensive gehen“. Und das ist, so Lange, „begrüßenswert“. | |
Die SPD hat am Montag beschlossen, dass die Bundestagsabgeordneten, wenn es | |
nach ihr geht, künftig alle Nebeneinnahmen „auf Euro und Cent“ offenlegen | |
müssen. Das würde im Vergleich zur jetzigen Regelung in der Tat für mehr | |
Durchblick sorgen. Derzeit gilt ein äußerst ungenaues Dreistufensystem: | |
Parlamentarier, die zwischen 1.000 und 3.500 Euro im Monat nebenher | |
verdienen, müssen Stufe eins angeben. Wer bis 7.000 Euro neben seinen | |
Diäten erhält, muss Stufe zwei melden, und wer mehr Cash kassiert, Stufe | |
drei. „Das reicht nicht aus“, kritisiert Lobby-Controller Lange. Denn ob | |
jemand in Stufe drei 10.000 oder 500.000 Euro erhalten habe, bleibe im | |
Nebel. | |
Wichtig, so die Anti-Lobby-Aktivisten, sei auch, dass offengelegt wird, wer | |
der Auftraggeber eines Vortrags sei. Eine Agentur, die Redner vermittelt, | |
reiche als Adresse nicht aus. „Es muss klar sein, wer den Vortrag bezahlt“, | |
so Lange. Und auch das wollen die Sozialdemokraten. Kritisch sieht Lange | |
nur, dass die SPD bei der Bagatellgrenze Union und FDP entgegenkommen will. | |
Statt 1.000 Euro im Monat sollen nur noch Jahreseinnahmegrenzen gelten. | |
Damit könnten, fürchtet Lange, neue Lücken gerissen werden. | |
Auch Volker Beck, grüner Fraktionsgeschäftsführer, ist skeptisch bei der | |
Absenkung der Bagatellgrenze. „Was die SPD da anstrebt, ist schlechter als | |
die derzeitige Regelung“, so Beck zur taz. Ansonsten ist der Grüne von dem | |
neuen SPD-Kurs spöttisch angetan: „Die SPD hat ja viel von uns | |
abgeschrieben.“ Die Grünen haben ein 13-Stufen-Modell für Nebeneinkünfte | |
vorgeschlagen. „Wir gehen aber auch gerne bei der Offenlegung auf Euro und | |
Cent mit“, so Beck. Allerdings sei da mit hartem Widerstand von | |
Schwarz-Gelb zu rechnen. | |
## „Abgeordneter oder PR-Mann?“ | |
Warum braucht man schärfere Regeln für die Nebeneinkünfte der | |
Parlamentarier? Bautz argumentiert, dass das Undurchsichtige der | |
Nebeneinnahmen Politikverdrossenheit erzeuge. Ein Umfrage des | |
Innofact-Institutes zeigt in der Tat, dass 90 Prozent von den Parteien mehr | |
Transparenz verlangen. Lange assistiert mit einem Beispiel. | |
Der CSU-Politiker Michael Glos sitzt im Beirat der PR-Agentur, die unter | |
anderem Lobbyarbeit für Aserbaidschan mache. Glos sei nach Aserbaidschan | |
gereist. „Tat er das als Abgeordneter oder als PR-Mann?“, fragt Lange. Will | |
sagen: Nur klare Transparenzregeln sorgen dafür, dass die Öffentlichkeit | |
über Vermischungen von Bundestagmandat und Nebenjob Bescheid weiß. | |
Wenig angetan von der SPD-Initiative sind indes Union und FDP. Die Union | |
hält von der Offenlegung auf Euro und Cent nichts. Die FDP-Fraktion will | |
den SPD-Vorschlag zwar „gründlich prüfen“, schickt aber gleich voraus, da… | |
die Liberalen kein Parlament wollen, das „nur aus Berufslosen, Beamten und | |
Gewerkschaftsfunktionären besteht“. Will sagen: Die FDP rüstet sich für den | |
Kampf um die Nebeneinnahmen von Anwälten und Selbstständigen. | |
Christoph Bautz weiß, wie der parlamentarische Prozess läuft, wenn es um | |
Selbstkontrolle des Betriebs geht: sehr langsam. Vor allem Union und FDP | |
bremsen, wo es geht. Letztlich, so Bautz, passiert nur etwas, wenn es | |
„Druck aus der Zivilgesellschaft“ gibt. Donnerstag früh wird der | |
Ältestenrat des Bundestages über die Nebeneinkünfte beraten. Campact und | |
LobbyControl wollen dort demonstrieren. | |
16 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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