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# taz.de -- Nebentätigkeit von Abgeordneten: „Das sind schwarze Schafe“
> Einige wenige Parlamentarier lassen ihr Mandat schleifen, sagt Gregor
> Hackmack von abgeordnetenwatch.de. Der SPD-Kanzlerkandidat gehört dazu.
Bild: Ein eher seltener Anblick: Peer Steinbrück am Rednerpult im Bundestag.
taz: Herr Hackmack, was ist aus der Sicht von abgeordnetenwatch.de am Fall
Steinbrück eigentlich der Skandal?
Gregor Hackmack: Es gibt mehrere Skandale. Zunächst fällt auf, dass Peer
Steinbrück als Abgeordneter besonders viel neben seinem Mandat gearbeitet
hat. In dieser Legislaturperiode hat er nur vier Reden im Parlament, aber
81 hochbezahlte Vorträge außerhalb des Parlaments gehalten. Und Peer
Steinbrück hat seine Aufgaben als Abgeordneter schleifen lassen. Er hat
beispielweise Bundestagssitzungen geschwänzt, um in dieser Zeit bezahlte
Vorträge zu halten. Wir können das für den 21. Januar 2010, den 23. April
2010 und den 23. Februar 2011 nachweisen. Zudem hat er 17 von 62 wichtigen
Abstimmungen verpasst; der Durchschnitt sind hier 8. Das geht nicht, die
Abgeordnetentätigkeit muss im Mittelpunkt stehen. Mit einer Diät von knapp
8.000 Euro sind die deutschen Parlamentarier ja nicht schlecht bezahlt.
Vorträge, Buchverträge, Aufsichtsratssitze neben dem Mandat im Bundestag –
machen das nicht so viele, dass es schon Normalität ist?
Aus unserer Sicht nicht. Die allermeisten Abgeordneten, nämlich 427 von
620, haben keine einzige Nebentätigkeit. Manche schreiben ein Buch und
erhalten hierfür ein Honorar. Dagegen kann man nichts haben. Aber es gibt
einige wenige – Peer Steinbrück, Michael Glos oder Heinz Riesenhuber –, die
besonders viele Nebeneinkünfte haben und ihr Mandat schleifen lassen. Das
sind schwarze Schafe, und ausgerechnet eins davon ist nun als
Kanzlerkandidat nominiert.
Wie weit sollte Transparenz gehen, bis ins Private?
Es geht nicht darum, dass Ehepartner von Abgeordneten ihr Einkommen
offenlegen. Aber wenn man Nebeneinkünfte weiterhin erlaubt, muss ab dem
ersten Euro genau offengelegt werden, wie viel man von wem wofür bekommt.
Deshalb finden wir es gut, dass Peer Steinbrück jetzt in die Offensive geht
und eine Verschärfung der Transparenzregeln für Abgeordnete fordert.
Steinbrück sagt, Transparenz gebe es nur in Diktaturen. Hat er recht?
Herr Steinbrück soll mir mal eine Diktatur nennen, wo es den gläsernen
Abgeordneten gibt. Es geht hier doch um den transparenten Staat, um die
Frage, ob ein Kandidat wirklich unabhängig ist oder ob er womöglich in
Diensten Dritter steht. Und das ist bei Steinbrück nicht ganz klar.
Auch Journalisten sitzen auf Podien und kriegen von Ministerien oder
Organisationen Honorare. Finden Sie das okay?
Kann man unabhängig berichten, wenn man von einer Bank ein Honorar für eine
Veranstaltung bekommt? Wohl nicht. Jeder Vollzeit bezahlte Arbeitnehmer
muss sich Nebentätigkeiten von seinem Arbeitgeber genehmigen lassen, darauf
müssen also die Verlage achten. Aber auch darauf, dass die Journalisten
anständig bezahlt werden. Bei freiberuflichen Journalisten ist das noch
schwieriger. Aber als Chefredaktion würde ich nicht zulassen, dass
Journalisten bezahlt werden von denen, über die sie berichten.
8 Oct 2012
## AUTOREN
Anja Maier
## TAGS
Nebeneinkünfte
Nebeneinkünfte
Nebeneinkünfte Abgeordnete
Schwerpunkt Urheberrecht
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