# taz.de -- Kommentar Nebenjobs Parlamentarier: Geheimniskrämerei schadet | |
> Parlamentarier müssen sich entscheiden: Ein paar Aufträge weniger oder | |
> das Vertrauen der Bürger. Nebenjobs anzugeben, liegt im eigenen | |
> Interesse. | |
Es gibt wirklich genug Gründe, Peer Steinbrück als SPD-Kanzlerkandidaten | |
für einen Irrtum zu halten. Er ist schroff, mag die SPD nicht, und eine | |
echte Chance gegen Merkel hat er wohl auch nicht. Allerdings zeitigt seine | |
Kandidatur schon jetzt einen erfreulichen Nebeneffekt. Alle überschlagen | |
sich geradezu mit Forderungen nach mehr Durchblick bei Politikernebenjobs. | |
Nach der Kritik von Schwarz-Gelb an Steinbrücks lukrativen Vorträgen ist | |
eine Art Sog entstanden, den niemand wollte – die SPD nicht und | |
Schwarz-Gelb erst recht nicht – und dem sich doch niemand entziehen kann. | |
Wer jetzt gegen mehr Offenlegung mauert, riskiert es, als unglaubwürdig zu | |
gelten. Unverhofft kommt oft. | |
Brauchen Bundestagsabgeordnete eigentlich Nebenjobs? Haben die nicht | |
sowieso genug zu tun? Doch, haben sie. Und trotzdem gibt es gute Gründe, | |
warum Parlamentarier nebenher arbeiten dürfen sollen. Denn damit kann die | |
Chance wachsen, dass der Abgeordnete unabhängig bleibt und nicht zum | |
Rädchen im politischen Getriebe wird, den schon die Aussicht auf eine | |
trostlose finanzielle und berufliche Zukunft jenseits des Parlaments zum | |
Bleiben zwingt. Und sie zum Konformismus verleitet. | |
Doch das wiederum ist kein Grund für Geheimniskrämerei. Wir, die | |
Öffentlichkeit, müssen das Recht haben zu sehen, wer unsere Vertreter im | |
Parlament für welche Jobs bezahlt. Es geht dabei nicht um einen generellen | |
Korruptionsverdacht. Im Gegenteil. Nur wenn die Öffentlichkeit weiß, was | |
los ist, kann das pauschale Misstrauen gegen die käufliche Politik, das | |
viele hegen, verdrängt werden. | |
Auch Union und FDP sollten sich fragen, welches Kapital ihnen mehr wert | |
ist: die paar Aufträge, die möglicherweise bei echter Transparenz | |
ausbleiben – oder das Vertrauen der Bürger. Die Pflicht, Nebenjobs | |
anzugeben, ist keine Misstrauenserklärung gegen alle Abgeordneten. Sie | |
liegt in ihrem eigenen Interesse. | |
16 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Debatte Steinbrück: Die fixe Idee der SPD | |
Die Sozialdemokraten glauben noch immer, dass Wahlen in der Mitte | |
entschieden werden. Deshalb werden sie 2013 wieder nicht gewinnen. | |
Nebeneinkünfte von Abgeordneten: Transparent bis zum letzten Cent | |
Campact und LobbyControl loben die SPD. Denn die will, dass Parlamentarier | |
Nebenjobs künftig auf „Euro und Cent“ offenlegen. Schwarz-Gelb mauert. | |
Debatte um Nebeneinkünfte: Steinmeier schießt sich auf FDP ein | |
Die SPD will die „scheinheilige Gesellschaft von Union und FDP“ auffliegen | |
lassen. Ihr Fraktionsvorsitzender Steinmeier hat einen Entwurf angekündigt, | |
der Nebeneinkünfte strikter regeln soll. | |
Nebentätigkeit von Abgeordneten: „Das sind schwarze Schafe“ | |
Einige wenige Parlamentarier lassen ihr Mandat schleifen, sagt Gregor | |
Hackmack von abgeordnetenwatch.de. Der SPD-Kanzlerkandidat gehört dazu. | |
Streit um Steinbrücks Nebeneinkünfte: Rot-Grün keilt zurück | |
Im Streit um Peer Steinbrücks Nebeneinkünfte werfen SPD und Grüne den | |
Regierungsparteien Wahlkampfrhetorik vor. Steinbrück selbst will alle Daten | |
offenlegen. |