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# taz.de -- Notunterkunft für Flüchtlinge: Geflohen nach Schwachhausen
> Schneller als erwartet müssen Flüchtlinge in einer Notunterkunft in einer
> ehemaligen Schule untergebracht werden. Montag sollen die ersten Familien
> kommen.
Bild: In den ehemaligen Klassenzimmern sollen Familien und Paare wohnen.
Seit über zehn Jahren leitet Uwe Eisenhut ein Wohnheim für Flüchtlinge. Am
Wardamm, in einem Niemandsland zwischen einem Kleingartengebiet an der
Ochtum und den ersten Ausläufern von Huchting. Noch nie hat er durch dieses
so viele JournalistInnen geführt wie gestern durch seine neue
Arbeitsstelle.
Diese liegt am Ende einer Stichstraße in Schwachhausen, umgeben von großen
Einfamilienhäusern in weitläufigen Gärten. Eine Thujahecke schirmt das
Nachbargrundstück ab, aber aus den oberen Stockwerken können die
BewohnerInnen den Container sehen, in dem die Duschen untergebracht sind.
Jeweils sechs für Männer und für Frauen.
Am Montagmorgen sollen die ersten Flüchtlinge kommen. Für die nächsten
Monate ist die ehemalige Schule in der Thomas-Mann-Straße ihr Zuhause. 34
Menschen, darunter 14 Kinder, erwartet Uwe Eisenhut, die beiden jüngsten
sind im vergangenen Jahr geboren worden.
Für sie müssen noch Betten besorgt werden, denn derzeit stehen in den
Klassenzimmern ausschließlich Metallbetten für Erwachsene. Die Matratzen
sind noch nicht bezogen, in einem Raum fehlt der Vorhang, in einigen Räumen
riecht es nach Kanal, weil die Rohre der Waschbecken abmontiert wurden,
aber die Öffnung in der Wand noch nicht verschlossen wurde.
Es musste schnell gehen. Weil im vergangenen Jahr wesentlich mehr
Flüchtlinge nach Deutschland kamen als zuvor, sind die Wohnheime, in denen
sie laut Gesetz mindestens ein Jahr leben müssen, in Bremen überfüllt. Im
September hatte der Staatsrat für Soziales die Presse an die von Uwe
Eisenhut geleitete Einrichtung am Wardamm eingeladen, um darüber zu
informieren und um Vermieter aufzurufen, an Flüchtlinge zu vermieten.
Damals waren nicht so viele Medienleute gekommen wie gestern, erinnert sich
Eisenhut.
Viel zu viele Menschen leben auch in Habenhausen in einem Gewerbegebiet: In
der Steinsetzer Straße befindet sich die Zentrale Aufnahmestelle für
Asylbewerber, in der alle Ankommenden zunächst leben müssen.
Zumindest einigen Familien und Paaren bleibt das erspart, sie ziehen jetzt
in die Thomas-Mann-Straße. Bis zu 53 Menschen, so hat es die
Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) geplant, sollen dort im ersten Stock
der ehemaligen Schule übergangsweise leben können. Dies sei immer noch
besser als Container, Zelte oder Turnhallen, argumentiert die
Sozialsenatorin.
Wie lange das Gebäude für diesen Zweck benötigt wird, das konnte ihr
zuständiger Referent, Heiko Hergert, gestern nicht sagen. „Wir wissen
einfach nicht, wie sich die Lage weiter entwickelt.“ Im Januar seien bis
gestern 50 Flüchtlinge in Bremen angekommen, wahrscheinlich würden es bis
Monatsende 60 werden. Anfang des Jahres waren es noch halb so viele. Sie
fliehen aus Syrien, Afghanistan, Iran und Irak sowie – in leicht
zurückgehendem Maße – aus den Balkanländern.
Wie schwierig Prognosen sind, zeige sich daran, dass im Dezember unerwartet
überdurchschnittlich viele Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion in
Deutschland um Asyl baten, sagt Heiko Hergert. „Wir wissen nicht, woran das
liegt.“
Die Schule in der Thomas-Mann-Straße musste auch deshalb so schnell
hergerichtet werden, weil sich der Umbau eines neuen Wohnheims mit 60
Plätzen in der Eduard-Grunow-Straße im Viertel verzögert. Hergert hofft,
dass dies im März bezugsfertig sein wird. Anders als in der Notunterkunft
in Schwachhausen können die BewohnerInnen hier selbst kochen und müssen
nicht zum Duschen nach draußen. Und die Stadt hat es für zehn Jahre mit dem
Zweck gemietet, hier Flüchtlinge unterzubringen.
An beiden Standorten hatten Anwohner gegen die Pläne protestiert. Im
Viertel hatte eine Initiative „für ein weltoffenes Viertel“ innerhalb einer
Woche 1.331 UnterstützerInnen gefunden.
25 Jan 2013
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Minderjährige Geflüchtete
Berlin
Asyl
Flüchtlinge
Hamburg
Flüchtlinge
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