# taz.de -- Flüchtlinge in Berlin: Roma müssen in die Kälte | |
> Unter dem rot-schwarzen Berliner Senat wird es in diesem Winter keinen | |
> Abschiebestopp für Minderheiten aus Ex-Jugoslawien geben. | |
Bild: Kampf gegen repressive Asylpolitik: Das Flüchtlingscamps am Oranienplatz. | |
BERLIN taz | Schon bei der Abgeordnetenhaus-Sitzung vor zwei Wochen | |
schlugen bei dem Thema die Wogen hoch: Grüne, Linke und Piraten fordern | |
einen Winter-Abschiebestopp für besonders schutzbedürftige Personen. | |
Konkret geht es um Minderheiten aus dem ehemaligen Jugoslawien, allen voran | |
um die Roma. Am Montag lehnte die rot-schwarze Regierungsmehrheit im | |
Innenausschuss den entsprechenden Antrag ab. | |
Am 10. Dezember waren acht Flüchtlinge aus Serbien in ihr Herkunftsland | |
ausgeflogen worden. Flüchtlingsgruppen und linke Opposition werteten das | |
als Tabubruch. Aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawien kommen | |
überwiegend Roma, die häufig unter extremer Armut leiden und in denkbar | |
einfachsten Behausungen ohne Strom und Heizung leben. Die Abschiebung im | |
Winter bedeute für diese Leute zusätzliche Härten, bekräftigte Canan Bayram | |
(Grüne) am Montag die Forderung nach einem generellen Winterabschiebestopp | |
für diese Flüchtlinge. | |
Innensenator Frank Henkel verwies darauf, dass es auch unter der rot-roten | |
Vorgängerregierung keinen formalen Winterabschiebestopp gegeben habe. Im | |
Gegenteil: „Die Rückmeldung aus meiner Verwaltung ist, dass es auch früher | |
im Winter Abschiebungen gegeben hat.“ Auch in den meisten anderen | |
Bundesländern sei eine Aussetzung der Abschiebungen nicht üblich. Nur | |
Thüringen und Schleswig-Holstein handhabten dies so. Er gedenke aber, an | |
der von Rot-Rot seit 2005 praktizierten Verhältnismäßigkeitsprüfung | |
festzuhalten, sagte Henkel. Bei Härtefällen werde keine Abschiebung | |
durchgeführt. | |
Der Fraktionschef und innenpolitische Sprecher der Linkspartei,Udo Wolf, | |
stellte das differenzierter dar. Es möge sein, dass es unter Rot-Rot keinen | |
formellen Winterabschiebestopp gegeben habe, konzedierte er. Aber mit der | |
SPD habe seit 2005 eine informelle Vereinbarung bestanden, in den | |
Kältemonaten nicht abzuschieben. „Die SPD lässt zu, dass die humanitäre | |
Praxis ausgehöhlt wird“, warf Wolf den Sozialdemokraten vor. | |
## Kritik am Abschiebeknast | |
Die Opposition unterlag am Montag auch mit ihrem Antrag, den Berliner | |
Abschiebegewahrsam abzuschaffen. Begründet worden war der Antrag damit, | |
dass die Belegungsquote in Grünau seit Jahren zurückgehe. Von derzeit 214 | |
Haftplätzen seien 2008 noch 44,8 Prozent belegt gewesen, im Jahr 2011 nur | |
noch 21,9 Prozent. Im Moment sitze sogar nur eine Person in Grünau. Die | |
jährlichen Kosten betrügen 12 Millionen Euro. Auch der neue Knast auf dem | |
Gelände des künftigen Flughafens BER in Schönefeld sei völlig „unsinnig u… | |
überdimensioniert“, sagte Canan Bayram. „Zum Glück steht er leer.“ | |
Was die Kritik an Grünau angeht, gab der Innensenator der Opposition recht. | |
Weil die Einrichtung dort „überdimensioniert“ und „zu teuer“ sei, suche | |
seine Behörde nach Alternativen. Henkel befürwortete bei der Suche nach | |
einem Standort für ein neues Abschiebegefängnis eine gemeinsame Lösung mit | |
Brandenburg. Details nannte er aber nicht. | |
28 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
Plutonia Plarre | |
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