# taz.de -- Obdachlose Migranten: Arme ohne Lobby | |
> Seit 2007 kommen viele Bulgaren und Rumänen nach Deutschland, verdienen | |
> hier aber kein Geld. Jetzt wird darum gestritten, wer für sie aufkommt. | |
Bild: Nicht die Regel: Kinder aus Rumänien, die mit ihren Familien hier in san… | |
BERLIN taz | Hamburgs Notunterkünfte für Obdachlose sind überfüllt. 450 | |
Schlafplätze stellt die Hansestadt in kalten Winternächten zur Verfügung, | |
so viele wie nie zuvor. Ungewöhnlich stark ist aber auch der Ansturm auf | |
die Betten, und die wenigsten Gäste der Unterkünfte stammen ursprünglich | |
aus Hamburg. Die meisten sind Migranten aus Osteuropa, vor allem aus | |
Bulgarien und Rumänien. | |
Im Jahr 2007 traten die beiden Länder der EU bei. Seitdem dürfen ihre | |
Bewohner unbeschränkt nach Deutschland einreisen. Die Bundesregierung hat | |
ihre Freizügigkeit allerdings vorerst eingeschränkt: Im Normalfall dürfen | |
sie in Deutschland weder arbeiten noch Sozialleistungen empfangen. Trotzdem | |
reisen jährlich zehntausende arbeitssuchende Bulgaren und Rumänen ein und | |
haben nichts zum Leben. Nicht nur Hamburg, sondern auch andere Großstädte | |
wie München, Dortmund oder Duisburg tragen die Folgen und fordern nun | |
Lösungen. | |
In Berlin trifft sich deshalb am Mittwoch erstmals eine Arbeitsgruppe von | |
Bund, Ländern und Kommunen. Konkrete Antworten erwarten die Beteiligten | |
noch nicht, erste Forderungen liegen aber bereits auf dem Tisch. So heißt | |
es aus dem Integrationsministerium Rheinland-Pfalz: „Der Bund sollte seine | |
Verantwortung annehmen und etwa für Sprachkurse zusätzliche Mittel zur | |
Verfügung stellen.“ | |
Das Bundesinnenministerium blockt solche Forderungen ab. „Wir sind | |
natürlich daran interessiert, die Situation zu verbessern. Die | |
Zuständigkeit liegt aber in erster Linie bei den Kommunen und den Ländern“, | |
sagt ein Ministeriumssprecher. Außerdem fördere der Bund ohnehin schon | |
verschiedene Integrationsangebote, die auch Neuzuwanderern offenstehen. | |
## Kommunen werden allein gelassen | |
Fehlende Sprachkurse sind allerdings nicht das einzige Problem. „Wir sehen | |
die Not dieser Menschen, uns sind aber rechtlich die Hände gebunden“, sagt | |
Bernd Schneider, Sprecher der Bremer Sozialbehörde. Da das Sozialgesetzbuch | |
Leistungen für rumänische und bulgarische Zuwanderer im Normalfall | |
ausschließt, könnten ihnen die Städte selbst bei gutem Willen kaum helfen. | |
„Die Kommunen werden mit dem Problem allein gelassen“, sagt Schneider. | |
Ab Anfang des nächsten Jahres könnte sich die Situation zumindest leicht | |
beruhigen. Die Übergangsfristen für die neuen EU-Länder laufen dann ab, | |
Bulgaren und Rumänen können sich also regulär auf Arbeitsstellen bewerben | |
und Geld verdienen. Darauf verlassen wollen sich Länder und Kommunen | |
offensichtlich nicht. | |
6 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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