# taz.de -- Obdachlos in Dresden: Den Schlafplatz verbaut | |
> Am „Blockhaus“ in Dresden bringt der Freistaat Sachsen jetzt Sperren | |
> gegen einen Obdachlosen an – und orientiert sich damit an der Politik in | |
> Hamburg. | |
Bild: Die Dresdner Augustusbrücke | |
DRESDEN taz |Die Veränderungen rechts und links des Treppenaufgangs zum | |
Blockhaus an der Dresdner Augustusbrücke sind auf den ersten Blick gar | |
nicht zu bemerken. Quer über die beiden flachen Podeste hat man jeweils | |
zwei Sandsteinbalken zementiert. | |
Eine geschickte Arbeit, deren Zweck nur Eingeweihten bekannt ist. Sie gilt | |
einem einzigen Obdachlosen, der künftig nicht mehr an diesem relativ | |
geschützten und überdachten Ort nächtigen soll. 900 Euro war diese Arbeit | |
dem für das historische Gebäude zuständigen Staatsbetrieb Sächsisches | |
Immobilien- und Baumanagement (SIB) wert. | |
„Ein kontaktscheuer Einzelgänger“ sei der Obdachlose, erinnert sich Klaus | |
Michael, Sekretär der Sächsischen Akademie der Künste, die neben der | |
Landesstiftung für Natur und Umwelt in der ehemaligen Neustädter Wache | |
residiert. Offenbar ist er ein Spastiker, der gelegentlich laute Schreie | |
ausstößt. „Uns hat er nicht gestört“, betont Michael. Nur der Hausmeister | |
habe ihn abends manchmal weggescheucht, wenn er bei Veranstaltungen zu früh | |
auftauchte. | |
## Nur Tee aus dem Blockhaus | |
Wenn es dem überzeugten Nomaden schlecht ging, sei er manchmal auch | |
tagsüber auf den für ihn einladend wirkenden flachen Podesten liegen | |
geblieben. Angebote des Sozialamts und von Hilfsorganisationen zur | |
Unterbringung in einer Unterkunft hat er nach Auskunft der Akademie ebenso | |
abgelehnt wie eine Erneuerung seiner bescheidenen Ausstattung. Nur Tee aus | |
dem Blockhaus und gelegentliche Versorgung mit Medikamenten habe er | |
angenommen. | |
Das aus dem Staatshochbauamt hervorgegangene „Sächsische Immobilien- und | |
Baumanagement“ konnte das offenbar nicht tolerieren. Um eine klare | |
Begründung für den Einbau der Schlafsperren drückt sich deren Sprecher | |
herum. Er verweist allgemein auf die Pflicht des Grundstückseigentümers, | |
für Verkehrssicherheit zu sorgen. | |
„Die Streben wurden angebracht, um Sicherheit und Ordnung der | |
Treppenanlage, die zugleich Eingangsbereich des Blockhauses ist, | |
gewährleisten zu können“, erklärt er. Die Aktion sei mit dem Landesamt für | |
Denkmalpflege abgestimmt worden. Offenbar nimmt sich der Staatsbetrieb aus | |
Dresden dessen Partnerstadt Hamburg zum Vorbild, wo ebenfalls mit | |
Betonsperren gegen nächtigende Obdachlose vorgegangen wird, wie die taz im | |
September 2012 [1][berichtete]. | |
Doch Dresden kennt kein vergleichbares Wohnungslosenproblem wie Hamburg. | |
Ihre Zahl in der sächsischen Landeshauptstadt wird auf 260 geschätzt. Im | |
Stadtbild sind sie kaum zu entdecken, die Zusammenarbeit von Sozialamt, | |
Hilfsorganisationen und Kirchen funktioniert gut. | |
Gerade in der kalten Jahreszeit würden aber die städtischen Unterkünfte als | |
auch die Erweiterungsangebote wie Nachtcafés stark frequentiert, sagt Marco | |
Fiedler, persönlicher Referent des Sozialbürgermeisters. Fiedler verweist | |
aber auch auf das jedem Bürger zustehende Recht zu individueller | |
Lebensgestaltung. So gebe es Wohnungslose, „die die angebotenen Plätze | |
nicht nutzen, sondern sich bewusst für ein Leben ohne Unterkunft | |
entscheiden“. Deren Zahl in Dresden sei aber nicht bekannt. | |
Der namenlose, bis zum Jahreswechsel am Blockhaus nächtigende Schlafgast | |
gehört offenbar zu dieser Gruppe, die unter freiem Himmel leben will. | |
Inzwischen ist er wenige hundert Meter weiter, elbabwärts, in einen kleinen | |
Glockenspielpavillon am Elbufer gezogen: ein Gelände, für das ebenfalls der | |
Freistaat Sachsen zuständig ist. | |
18 Feb 2013 | |
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[1] /Obdachlos-in-Hamburg/!102585/ | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
Michael Bartsch | |
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