# taz.de -- Grüne Löhrmann über Bildungspolitik: „Es geht nicht nur um Exz… | |
> Die neue Bundesbildungsministerin sollte nicht nur die Wissenschaft im | |
> Blick haben. Das meint zumindest die grüne Bildungspolitikerin Sylvia | |
> Löhrmann. | |
Bild: „Es muss auch um das Fundament von Bildung gehen.“ | |
taz: Frau Löhrmann, was haben Sie gedacht, als Sie von Schavans Rücktritt | |
erfahren haben? | |
Sylvia Löhrmann: Der Rücktritt war unausweichlich. Man hat gemerkt, dass | |
Annette Schavan sehr klar war in ihrer Entscheidung. So wie ich sie kenne, | |
hätte mich auch alles andere überrascht. Dieser Rücktritt ist wirklich | |
anständig über die Bühne gegangen. | |
Haben Medien und Opposition nicht etwas übertrieben mit ihrem | |
Betroffenheitsgefühl? | |
Von Betroffenheit würde ich nicht sprechen. Bei aller notwendigen Kritik | |
ist die Opposition sehr fair und respektvoll mit Annette Schavan | |
umgegangen. Ich finde es übrigens legitim, dass sie klagt. Nur Ministerin | |
konnte sie so unmöglich bleiben. | |
Schavan ist das zweite Kabinettsmitglied, das durch Plagiatsjäger im | |
Internet zu Fall gebracht wird. Macht Ihnen diese Denuziationskultur Angst? | |
Nein. Und ich würde nicht von einer Jagd sprechen. Von hunderten | |
promovierten Politikerinnen und Politikern ist bis jetzt eine Handvoll über | |
Plagiate gestürzt. Politiker müssen damit leben, dass man bei ihnen genauer | |
hinsieht. | |
Der Wissenschaftsbetrieb hat sich im Fall Schavan alles andere als | |
einheitliche gezeigt. Müssen Lehren daraus gezogen werden? | |
Das würde ich mich wünschen. Die Universitäten, die in jüngster Zeit wegen | |
der Plagiatsprüfung prominenter Doktoranden in der Öffentlichkeit standen, | |
sollten sich zusammensetzen und Kriterien benennen, die berücksichtigt | |
werden müssen. Sie könnten ihre Erfahrung nutzen und einen Kriterienkatalog | |
entwickeln. Der Vorschlag sollte aber aus der Wissenschaft und nicht aus | |
der Politik kommen. | |
Was wird Johanna Wanka anders machen als Annette Schavan? | |
Ich habe eine Sorge: Johanna Wanka ist zwar eine Fachpolitikerin, aber sie | |
war anders als Annette Schavan nie Schulministerin. Ich befürchte, dass sie | |
noch stärker als ihre Vorgängerin auf die Wissenschaft guckt und nicht | |
erkennt, dass wir uns um den gesamten Bildungsbereich kümmern müssen. Und | |
zwar gemeinsam: Bund, Länder und Kommunen. Es kann nicht nur um Exzellenz | |
und Forschungsförderung gehen. Die Schulen dürfen nicht zu kurz kommen. | |
Schavan war auch nicht gerade für ihre Schulpolitik berühmt. | |
Aber sie hat auf Drängen meiner Kollegen und mir zuletzt immerhin | |
zugestanden, dass es etwa beim gemeinsamen Unterricht von behinderten und | |
nicht-behinderten Kindern oder beim Ganztagsausbau eine Mitverantwortung | |
des Bundes gibt. Es ist ja absurd, dass der Bund private Nachhilfe | |
finanziert, aber nicht die Schulen direkt unterstützen darf. Es ist | |
zwingend, dass da etwas passiert, und das wissen alle. Wir waren uns nur | |
noch nicht einig, wie. | |
Annette Schavan wollte die Verfassung ändern, um besonders herausragende | |
Hochschulen künftig durch den Bund fördern zu können, Sie und andere | |
rot-grüne Länder wollten auch Bundesgeld für die Schulen. Daran sind die | |
Gespräche geplatzt. Wie stehen die Chancen, dass das so gennante | |
Kooperationsverbot doch noch kippt? | |
Das weiß ich nicht. Wir haben weitere Gespräche verabredet und ich hoffe, | |
dass Johanna Wanka sich daran gebunden fühlt. Vor der Bundestagswahl wird | |
es aber wohl keine Entscheidung geben. Insofern ist das ein Thema, das im | |
Wahlkampf eine Rolle spielt. | |
10 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Bernd Kramer | |
## TAGS | |
Bildung | |
Schavan | |
Johanna Wanka | |
Annette Schavan | |
Wissenschaft | |
Sylvia Löhrmann | |
Forschungspolitik | |
Länder | |
Begabtenförderung | |
Annette Schavan | |
Bildung | |
Bundeskanzlerin | |
Johanna Wanka | |
Annette Schavan | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
Plagiat | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
SPD-Forderungen zur Forschung: Die Wende vorbereiten | |
Mehr Umweltforschung und Möglichkeiten zur Mitentscheidung der Bürger bei | |
der Forschungsplanung –das fordert die Bundestagsfraktion der SPD. | |
Wechsel im Bildungsressort: Die Neue schimpft auf die Länder | |
Mehr Studienplätze müssen her. Doch die Länder stehlen sich aus der | |
Verantwortung, sagt Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU). | |
FDPler über Deutschlandstipendium: „Privates Geld hat kein Geschmäckle“ | |
Andreas Pinkwart verteidigt seine Idee, die Wirtschaft an dem neuen | |
Stipendium zu beteiligen. Endlich würden auch mit privatem Geld Begabte | |
gefördert. | |
Debatte Schavan-Rücktritt: In Schweden geht es strikter zu | |
Die Fälle Schavan und Guttenberg zeigen, was in den deutschen | |
Geisteswissenschaften falsch läuft: Plagiate werden leicht gemacht. | |
Wechsel im Bildungsministerium: Johanna Wankas Hausaufgaben | |
Volle Unis, Kämpfe ums Geld und eine fällige Verfassungsreform: Worum sich | |
die neue Bildungsministerin kümmern muss. | |
Nach dem Rücktritt von Schavan: Angela Merkel, die Unverwüstliche | |
Schavan weg, Niedersachsen auch, die FDP zerrüttet: Schlimmer hätte Merkels | |
Jahr nicht beginnen können. Doch die Kanzlerin steht. | |
Neue Bundesbildungsministerin: Geradlinig und manchmal stur | |
Johanna Wanka (CDU) hat einen Professoren- und auch einen Doktortitel. Und: | |
Die neue Bundesbildungsministerin will Studiengebühren. | |
Reaktionen auf Rücktritt von Schavan: Was zu erwarten war | |
Konsequent und notwendig. Die Reaktionen auf den Rücktritt der | |
Bildungsministerin sind nahezu einhellig. Doch die Opposition spart nicht | |
mit Spott. | |
Neue Bildungsministerin Wanka: Pragmatische Mathematikerin | |
Mehr als zwölf Jahre wirkte Johanna Wanka in zwei Bundesländern schon als | |
Hochschulministerin. Sie gilt als konservativ, aber pragmatisch. | |
Opposition kritisiert Bildungsministerin: Schlechtes Zeugnis für Schavan | |
Ab Dienstag berät die Uni Düsseldorf über die Plagiatsaffäre von | |
Bildungsministerin Schavan (CDU). Die Opposition findet sie aber auch ohne | |
Skandal unhaltbar. | |
Kommentar zur Bildungspolitik: Spätfolgen eines Rücktritts | |
Der Rücktritt Jürgens-Piepers wäre unnötig gewesen, wenn sich die | |
Beteiligten vor drei Wochen so einig gewesen wären, wie zuletzt in der | |
Bürgerschaft. |