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# taz.de -- Neue Bundesbildungsministerin: Geradlinig und manchmal stur
> Johanna Wanka (CDU) hat einen Professoren- und auch einen Doktortitel.
> Und: Die neue Bundesbildungsministerin will Studiengebühren.
Bild: Wankas Überzeugung: Studiengebühren werden eine bundesweite Renaissance…
BERLIN taz | Ein solcher Satz würde ihr nicht über die Lippen kommen.
„Zuerst das Land, dann die Partei und dann ich selbst.“ So hatte
[1][Annette Schavan ihren Rücktritt] begründet – und versucht, möglichst
viel Schaden von Land und CDU abzuwenden.
Johanna Wanka, ihre Nachfolgerin, hat da eine größere Distanz, zumindest
zur Partei. In die CDU trat sie erst ein, als sie schon Ministerin für
Wissenschaft, Forschung und Kultur in Brandenburg war. Ihr Credo lautet
eher: Erst die Herausforderung, dann die Partei.
Mit der 61-jährigen [2][Johanna Wanka], Noch-Wissenschaftsministerin in
Niedersachsen, hat sich Angela Merkel dennoch für Kontinuität entschieden.
Ins Kabinett berief sie eine ausgewiesene Fachpolitikerin, die der
Wissenschaftsgemeinde bestens vertraut ist. Bevor die gebürtige Sächsin und
Mathematikprofessorin 2000 von Manfred Stolpe nach Potsdam geholt wurde,
war sie Rektorin der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg.
Naturwissenschaftlerin, Frau, Ostdeutsche: Eine [3][„Mini-Merkel“] hat
Spiegel Online Johanna Wanka flapsig tituliert. Das mag stimmen, wenn es um
nüchternes und zielstrebiges Handeln geht. Allerdings kann Wanka auch stur
sein, vor allem wenn es um politische Überzeugungen geht.
## Gebühren sollen motivieren
Eine ihre Überzeugungen lautet: Deutschlands Universitäten sollen von den
Studierenden Gebühren verlangen dürfen. „Niedersachsen hat nicht trotz,
sondern wegen der Studienbeiträge 171.000 Studierende, so viele wie noch
nie“, sagte sie vor einigen Wochen der taz.
Dass Gebühren nicht abschrecken, sondern sogar zu einem Studium motivieren
können, ist eine Einschätzung, die unter Forschern zumindest umstritten
ist. Wanka lässt sich auch nicht dadurch beirren, dass die Campus-Maut in
den meisten Ländern zwischenzeitlich längst wieder abgeräumt wurde und in
Kürze sogar im schwarz-gelb regierten Bayern fallen dürfte. Im Gegenteil.
Im niedersächsischen Wahlkampf machte Wanka mit der Prognose von sich
reden, wonach das Gebührenstudium in einigen Jahren eine bundesweite
Renaissance erleben könnte.
Eine Überzeugungstäterin ist Wanka auch, wenn es um die friedliche
Revolution in Ostdeutschland geht. Als Brandenburgs Ministerpräsident
Matthias Platzeck (SPD) 2009 das Bündnis mit der CDU aufkündigte und eine
rot-rote Koalition schmiedete, warf Wanka ihm „Verrat an den politischen
Zielen von 1989“ vor.
Ebenso wütend hatte die Mitbegründerin des Neuen Forums Merseburg die taz
nach den Wahlen in Sachsen-Anhalt 1998 abbestellt. „Ich war damals im
Schattenkabinett des CDU-Spitzenkandidaten Bergner“, verriet sie einmal im
Interview. „Und die taz hatte sich eindeutig auf die Seite der Tolerierung
der SPD durch die PDS geschlagen. Das fand ich damals und finde es auch
heute noch unerträglich.“
## Kulturpolitik zur Stärkung der Zivilgesellschaft
Wer Johanna Wanka kennt, weiß ihre Geradlinigkeit zu schätzen und die
Verbindlichkeit im Umgang mit ihrem Gegenüber. Die Kulturszene in
Brandenburg vermisst Wanka noch heute. Kulturpolitik war für sie auch ein
Beitrag zur Stärkung der Zivilgesellschaft. „Kultur zeigt auch Fremdes,
andere Lebensentwürfe, regt an“, war sie überzeugt. Das passt kaum ins
konservative Etikett, das ihr immer wieder angehängt wurde. Auch nicht,
dass sie, anders als ihre CDU-Kollegen, gegen einen Naziaufmarsch in Halbe
demonstrierte.
Gegen den Mainstream schwamm sie auch in Niedersachsen, dem Bundesland mit
dem längsten Abschnitt der innerdeutschen Grenze. Dort richtete sie das
Augenmerk auf die Elbregion, die in Hannover wenig beachtet wurde. Sie
verlor das Zusammenwachsen von Ost und West nicht aus den Augen.
Kurz vor der Niedersachsen-Wahl preschte Wanka gemeinsam mit ihren Kollegen
aus den Unionsländern Bayern und Sachsen mit der Idee eines
Bildungsstaatsvertrages vor – ohne das mit den anderen Länderkollegen
abgesprochen zu haben. Wanka wollte so die gegenseitige Anerkennung von
Lehramtsabschlüssen sichern – auch weil Schavan den Ländern in diesem Fall
ein 500-Millionen-Programm zur Lehrerbildung versprach. Nun fragt sich, ob
Wanka im neuen Amt auf einen Staatsvertrag pochen wird – oder ob ihr die
Verabredungen der Kultusministerkonferenz ohne staatstragenden Vertrag
reichen.
Als Johanna Wanka im April 2010 von Christian Wulf als Wissenschafts- und
Kultusministerin nach Niedersachsen geholt wurde, hat sie sich gefreut. Sie
war, wie sie sagte, „die erste Ostdeutsche in einem westdeutschen
Landeskabinett“.
10 Feb 2013
## LINKS
[1] /Bildungsministerin-Schavan-tritt-zurueck/!110713/
[2] /Neue-Bildungsministerin-Wanka/!110716/
[3] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/schavan-nachfolgerin-wanka-a-8824…
## AUTOREN
U. Rada
B. Kramer
## TAGS
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