# taz.de -- Ende der Innenministerkonferenz: Die Verfassungsschutzreform stockt | |
> Eigentlich waren sich die Innenminster von Bund und Länder einig. Doch | |
> dann brüskierte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) seine | |
> Länderkollegen. | |
Bild: Miese Stimmung: Bundesinnenminister Friedrich (links) und seine Länderko… | |
HANNOVER taz | Die Reform des Verfassungsschutzes wird vor der | |
Bundestagswahl wohl nicht mehr gelingen. Bund und Länder sind sich über die | |
künftige Rolle des Bundesamts für Verfassungsschutz nicht einig, wie an | |
diesem Freitag bei der Innenministerkonferenz (IMK) in Hannover deutlich | |
wurde. Ziel der Reform ist ein besserer Informations-Austausch zwischen den | |
Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern. | |
Die Weitergabe von Informationen und Lagebildern soll künftig gesetzlich | |
vorgeschrieben sein. Bisher hatten die Ämter ihre Informationen oft für | |
sich behalten, um ihre Quellen zu schützen. Dies dürfte ein Grund für die | |
Pannen bei der Suche nach den untergetauchten Neonazis Mundlos, Böhnhardt | |
und Zschäpe (der späteren NSU-Terrorzelle) gewesen sein. Allerdings legte | |
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich den Entwurf zur Änderung des | |
Verfassungsschutzgesetzes seinen Kollegen erst am Freitag morgen vor. | |
So wollte er wohl verhindern, dass es schon im Vorfeld der IMK heftige | |
Kritik aus den Ländern gibt. Denn er hatte darin einen Passus versteckt, | |
den die Länder einhellig missbilligen: Danach soll das Bundesamt für | |
Verfassungsschutz künftig in den Bundesländern auch ohne Zustimmung des | |
jeweiligen Landesamts tätig werden dürfen. „Das haben wir bei der letzten | |
Innenministerkonferenz doch mit 16 zu 0 Stimmen abgelehnt“, kritisierte | |
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD), der sich zum Sprecher der | |
Länderkollegen aufschwang. „Damit hat Minister Friedrich ein klassisches | |
Eigentor geschossen.“ | |
Die Länder haben bei der Reform eine starke Position, weil das Gesetz im | |
Bundesrat zustimmungspflichtig ist. Zwei andere Projekte wurden bei der IMK | |
aber einvernehmlich beschlossen. So wollen Bund und Länder künftig | |
einheitliche Standards bei der Auswahl und Führung von V-Leuten anwenden. | |
„Jemand der erhebliche Straftaten begangen hat, ist als V-Mann ungeeignet“, | |
berichtete NRW-Minister Jäger. | |
Das gleiche gelte für Personen, die in einer Organsiation eine führende | |
Rolle innehaben. Der Einsatz von V-Leuten müsse künftig vom jeweiligen | |
Behördenleiter genehmigt werden, so Jäger. Außerdem dürften die | |
V-Mann-Honorare nicht die einzige Lebensgrundlage eines Spitzels sein. Auch | |
ein V-Mann-Register wurde in Hannover beschlossen. Danach müssen Bund und | |
Länder regelmäßig mitteilen, wieviele Spitzel sie in welchen | |
extremistischen Szenen verpflichtet haben. | |
## Den Spitzel nicht gefährden | |
„So kann verhindert werden, dass jemand als V-Mann verpflichtet wird, der | |
schon für einen anderen Dienst als V-Mann arbeitet“, sagte Friedrich. Den | |
echten Namen der V-Leute müssen die Behörden dabei nicht mitteilen, um die | |
Spitzel nicht zu gefährden. Es sollen nur allgemeine Informationen | |
mitgeteilt werden, die eine Identifikation ermöglichen, etwa das Alter und | |
Aussehen. Friedrich kündigte außerdem einen Gesetzentwurf an, der die | |
Ausweisung gefährlicher Ausländer erleichtern soll. | |
Neben politischen Extremisten sollen künftig auch „religiöse Extremisten“ | |
des Landes verwiesen werden. Gemeint sind wohl so genannte Salafisten, die | |
einem fundamentalistischen Islam anhängen. Zudem soll die Ausweisung | |
straffälliger Ausländer schon ab einer Freiheitsstrafe von einem Jahr | |
(bisher: drei Jahre) obligatorisch sein. | |
Friedrich hat hierfür aber noch keine Zustimmung von Justizministerin | |
Leutheusser-Schnarrenberger und dürfte sie wohl auch nicht bekommen. Eher | |
am Rande wurde bekannt, dass der NPD-Verbotsantrag des Bundesrats nicht wie | |
geplant im Sommer fertig wird. Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern | |
Lorenz Caffier (CDU) zeigte sich aber „hoffnungsvoll, dass wir den Antrag | |
noch in diesem Jahr einreichen können.“ | |
24 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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