# taz.de -- Studie zur deutschen Familienpolitik: Das Land der glücklichen Mam… | |
> Familienministerin Kristina Schröder stellt eine Studie vor, in der ihre | |
> Politik prima weg kommt. Frauenarmut? Fehlende Kitaplätze? Schwamm | |
> drüber! | |
Bild: Kristina Schröder fühlt sich familienpolitisch wie im Regenbogenland �… | |
BERLIN taz | Die familienpolitischen Leistungen in Deutschland erfüllen | |
größtenteils ihren Zweck. Das erklärte Familienministerin Kristina Schröder | |
(CDU) am Donnerstag, als sie in Berlin vor Journalisten [1][eine Studie] | |
vorstellte, die diese Leistungen insgesamt auswertet. Vieles komme an den | |
richtigen Stellen an, so die Ministerin. Das gelte besonders für Kindergeld | |
und Kinderzuschlag, die oft armutsvermeidend wirkten. | |
Allerdings: Schröder hatte die Zielrichtung verändert, unter der die | |
Familienpolitik ihrer Regierung evaluiert werden sollte: Stand ursprünglich | |
die „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ – und damit die Berufstätigkeit | |
beider Eltern als Schutz vor Armut – an erster Stelle der fünf Ziele, | |
rückte nun die „Wahlfreiheit“ der Familien, ihre Kinder zu Hause oder in | |
der Kita zu betreuen, auf Platz eins. Vor diesem Hintergrund erscheint dann | |
etwa das Betreuungsgeld ganz sinnvoll. | |
Was für diese „Gesamtevaluation“ offenbar nicht mehr als wichtiges Ziel | |
galt: Frauen in Deutschland zu ermöglichen, ihre eigene Existenz zu sichern | |
und damit auch Kinderarmut zu vermeiden. Das hätte auch das Ziel der | |
Regierung sein können – nachzulesen im [2][ersten Gleichstellungsbericht] | |
aus dem Hause Schröder. Aber bei der Pressekonferenz verloren Kristina | |
Schröder und Finanzminister Wolfgang Schäuble darüber kein Wort. | |
Manches wurde sogar verniedlicht: Wenn man Kindern täglich vorlese und | |
vorsinge, dann hätte Armut keinen negativen Einfluss, zitierte Schröder aus | |
der Studie. Was sie nicht erwähnte: dass es sich dabei um Zwei- bis | |
Dreijährige handelt – und nicht etwa ältere Kinder, deren Eltern das Geld | |
für Klassenfahrten und die bei ihren Altersgenossen angesagte Kleidung | |
nicht aufbringen können. | |
Wahlfreiheit bedeute, so Schröder, „auf die Anmaßung zu verzichten, ein | |
bestimmtes Rollenverhalten vorgeben zu wollen“. Nur die Hälfte der Eltern | |
mit Kindern unter drei Jahren wünschten sich eine aushäusige Betreuung. Den | |
anderen solle der Staat nicht als „Gouvernante“ gegenübertreten, meinte | |
sie. Dass noch tausende Kitaplätze fehlen, blieb unerwähnt. | |
## Umstrittenes Ehegattensplitting | |
Im Übrigen, so Schröder, bewahre sogar das vielgescholtene | |
Ehegattensplitting viele Ehepaare vor der Armut. Dass diese Form der | |
Besteuerung von Ehepaaren auch mit der Altersarmut vieler Frauen zu tun | |
hat, weil sie einfach zu wenig Geld verdienten: kein Thema. Dass | |
alleinerziehende Väter und Mütter von der an die Ehe gekoppelte Leistung | |
nicht profitieren, kinderlose Ehepaare aber umso mehr, wurde durch wolkige | |
Hinweise auf das von den Unionsparteien geplante „Familiensplitting“ | |
aufgefangen. Diese Steuerreform käme laut dem Wirtschaftsinstitut DIW aber | |
nur reicheren Familien zugute. | |
Die Familienpolitik, so wie die Ministerin sie jetzt beschrieb, wirkte | |
erstaunlich abgehoben von der deutschen Realität: als gäbe es nur | |
glückliche Mamis und Papis, die nie ihre Partnerschaft auflösen. Und wo | |
Mami nichts dagegen hat, nach langer Jobpause später auf dem Arbeitsmarkt | |
abgehängt zu werden. | |
Kritisch äußerte sich daher unter anderen der Verband alleinerziehender | |
Mütter und Väter (VAMV): 20 Prozent alle Familien sind laut VAMV | |
Einelternfamilien. „In der Familienpolitik fehlt ein roter Faden mit Blick | |
auf den Lebensverlauf“, hieß es in einer Reaktion des Verbands auf die | |
Studie der Ministerin. Geringe oder unterbrochene Berufstätigkeit führen | |
dazu, dass die Einkünfte von Frauen im Rentenalter um 58 Prozent unter | |
denen der Männer liegen. | |
20 Jun 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.dialog-familienleistungen.de | |
[2] http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did=126762.html | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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