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# taz.de -- Forscher übers Abitur: „Durch Vergleiche lernt man"
> Ein Abitur, 16 Noten: Die Kultusminister lassen sich nur ungern in die
> Karten schauen, kritisiert Bildungsforscher Ludger Wößmann.
Bild: Die Schüler legen eine Prüfung ab, die aber unterschiedlich bewertet we…
taz: Herr Wößmann, die [1][taz hat die Noten eines fiktiven Abiturienten
allen 16 Kultusministerien vorgelegt]. Die Bewertungen reichten vom
Einser-Schnitt bis „durchgefallen“.
Ludger Wößmann: Das wundert mich nicht. Die Vereinbarungen der
Kultusministerkonferenz, die einen einheitlichen Rahmen für das Abitur
geben sollen, lassen den Bundesländern erheblichen Spielraum. Schauen Sie
sich etwa an, welchen Anteil zentral gestellte schriftliche Prüfungen an
der Abitur-Gesamtnote ausmachen: In einigen Ländern sind das über 25
Prozent, in anderen kommt man mit unter 5 Prozent durch.
Jetzt wollen die Kultusminister einen
[2][//www.taz.de/Kein-Zentralabitur-in-Sicht/!118492/:gemeinsamen
Aufgabenpool] für die Abi-Prüfung entwickeln. Wird das Abitur damit
vergleichbar?
Vergleichbarer vielleicht. Wirklich vergleichbar definitiv nicht. Ich
befürchte eher, dass durch diesen Beschluss echte Reformschritte auf die
lange Bank geschoben werden. Wenn jedes Land Aufgaben in den Pool gibt und
sich dann genau diese Aufgaben für seine Abiturienten wieder herausfischt,
ist nicht viel gewonnen. Der Wohnort entscheidet über die Bildung, das ist
unfair. Wir sollen alle möglichst mobil sein, aber für Eltern mit Kindern
ist der Umzug ins Ausland einfacher als der in ein anderes Bundesland.
In ihrem [3][„Chancenspiegel“ kommt die Bertelsmann-Stiftung] zu dem
Schluss: Ob Sitzenbleiber, Abiturquoten oder Förderschüler – die Länder
liegen weit auseinander. Warum?
Jedes Bundesland macht seine eigene Bildungspolitik und hat da jede
erdenkliche Freiheit. Das ist grundsätzlich nicht schlecht. So können
verschiedene Konzepte ausprobiert werden. Nur muss die Politik dann auch
bereit sein, die Ergebnisse zu vergleichen. Das passiert kaum. Die Folgen
sehen wir.
Mit anderen Ökonomen haben Sie kürzlich einen [4][Brandbrief an die KMK]
geschrieben, weil diese ihre Bildungsdaten unter Verschluss hält.
Die Kultusminister haben eine Reihe von Datensätzen, allen voran Daten für
die einzelnen Bundesländer aus den vergangenen Pisa-Studien. Seit 2007 gab
es sieben Anträge von Wissenschaftlern, die Ländervergleiche machen
wollten. Alle wurden von der zuständigen Kommission abgelehnt. Einstimmig.
Wenn Bildungsforscher Daten bekommen, müssen sie schriftlich zusichern,
dass sie keine Länder miteinander vergleichen. Sonst drohen Geldbußen bis
zu 300.000 Euro oder Freiheitsstrafen.
Die Bildungsminister müssten doch ein Interesse daran haben, ihre
Schulsysteme zu erforschen.
Ist aber leider nicht so. Ich sehe keinen honorigen Grund, warum man die
Daten den Wissenschaftlern nicht zugänglich machen sollte, zumal sie
allesamt mit Steuergeld erhoben worden sind. Vielleicht haben die Minister
und Ministerinnen einfach Angst vor negativen Schlagzeilen.
Wenn Bildungsforscher Bremer Schülern immer wieder Lernrückstände
bescheinigen und das bayerische Bildungssystem loben – ist die
Vergleichsscheu nicht doch berechtigt?
Nur durch Vergleiche kann man voneinander lernen. Und außerdem ist die
Reaktion völlig übertrieben. Wenn man wirklich genau in die Daten schauen
würde und berücksichtigt, dass in Bremen mehr Migranten leben und viele
Schüler aus sozioökonomisch schwierigen Verhältnissen kommen, sind die
Unterschiede vielleicht nicht mal mehr so gravierend. Aus Angst vor
plakativen Rankings verhindert die Politik eine wirkliche
Ursachenforschung.
24 Jul 2013
## LINKS
[1] /Chancengleichheit-beim-Abitur/!120208/
[2] http://https
[3] /Studie-der-Bertelsmann-Stiftung/!118646/
[4] http://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/research/Departments/Human-Capital-an…
## AUTOREN
Bernd Kramer
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