# taz.de -- Politik und Autolobby: Einflüsterer bald öffentlich | |
> Ausnahmen im deutschen Umweltinformationsgesetz widersprechen dem | |
> EU-Recht: Rösler muss Absprachen mit der Autolobby wohl offenlegen. | |
Bild: Über eine Herausgabe der geforderten Informationen sollte Philipp Rösle… | |
BERLIN taz | Es war eine Regel, die seinerzeit für viel Kritik gesorgt | |
hatte: 2010 hatte das Bundeswirtschaftsministerium eine neue Verordnung | |
erlassen, wonach der Energieverbrauch von Autos in leicht vergleichbarer | |
Form angegeben werden muss. | |
Ähnlich wie bei Kühlschränken wurden dazu Effizienzklassen von A (gut) bis | |
E (schlecht) gebildet. Doch durch eine fragwürdige Rechenformel, in dem das | |
Gewicht des Autos die zentrale Rolle spielte, kamen am Ende Spritschlucker | |
wie der Audi Q7 in eine bessere Klasse als sparsame Kleinwagen wie der | |
Smart. | |
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wollte darum vom damaligen | |
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) wissen, welchen Einfluss | |
die Automobilindustrie auf das Gesetz genommen hatte – und verlangte die | |
Offenlegung des Schriftwechsels mit den Verbänden, der der Regelung | |
vorangegangen war. | |
Das Ministerium verweigerte die Herausgabe mit Verweis auf das deutsche | |
Umweltinformationsgesetz, das den Zugang zu umweltrelevanten Informationen | |
regelt. Darin ist eine Ausnahme festgelegt: Ministerien müssen keine | |
Dokumente offenlegen, die im Zusammenhang mit der Erarbeitung von Gesetzen | |
oder Verordnungen stehen. | |
Dagegen klagte die DUH vor dem Verwaltungsgericht in Berlin und stützte | |
sich dabei auf das Europarecht. Mit Erfolg: Der Europäische Gerichtshof | |
(EuGH) entschied in einem nun veröffentlichten Urteil, dass die Ausnahme | |
unzulässig ist. Zumindest bei Verordnungen, die vom Ministerium ohne | |
Beteiligung des Parlaments erlassen werden, muss Auskunft erteilt werden. | |
Das Bundesumweltministerium, das für das Umweltinformationsgesetz zuständig | |
ist, kündigte als Reaktion auf das Urteil an, dass die entsprechende | |
Ausnahmeregelung mit sofortiger Wirkung nicht mehr angewandt werde. Das | |
Gesetz selbst solle „frühzeitig in der nächsten Legislaturperiode“ geänd… | |
werden. | |
Das mittlerweile von FDP-Chef Philipp Rösler geführte | |
Wirtschaftsministerium, gegen das sich die Klage richtete, ließ hingegen | |
offen, ob es die geforderten Informationen nun herausgeben wird. Man bitte | |
um Verständnis, „dass wir uns zu laufenden Verfahren nicht äußern können�… | |
DUH-Anwalt Remo Klinger geht allerdings davon aus, dass das Ministerium nun | |
nachgeben wird. „Das EuGH-Urteil ist eindeutig“, sagte er. Anderenfalls | |
werde das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wieder aufgenommen. Dieses | |
hatte zuvor erklärt, die Entscheidung hänge von der Antwort de EuGH ab. Ein | |
Urteil wäre dann allerdings wohl nicht mehr vor der Wahl zu erwarten. | |
## „Verhinderer von Freiheit und Transparenz“ | |
Für die Grünen begrüßte Fraktionschef Jürgen Trittin das Urteil. „Die | |
Herren Brüderle und Rösler, die sich ständig als Vertreter einer selbst | |
ernannten Freiheitspartei aufführen, werden vom höchsten europäischen | |
Gericht als Verhinderer von Freiheit und Transparenz bloßgestellt“, sagte | |
er. Nun sei „die unheilige Allianz zwischen dem Verband der | |
Automobilindustrie und der Merkel-Koalition“ gezwungen, „die Karten auf den | |
Tisch zu legen“. | |
Die klagende DUH selbst weist dem Urteil eine grundsätzliche Wirkung zu. Es | |
sei „ein wichtiges Signal für mehr Transparenz und gegen den wachsenden | |
Einfluss der Industrielobbys auf die Politik“, sagte Geschäftsführer Jürgen | |
Resch. Zuletzt war die Regierung kritisiert worden, weil der Staatsminister | |
im Kanzleramt Eckart von Klaeden als Cheflobbyist zu Daimler wechselt. | |
Gleichzeitig blockierte das Kanzleramt neue EU-Abgasregeln. | |
Das Umweltinformationsgesetz soll es Bürgern und Verbänden ermöglichen, bei | |
Bundesbehörden alle Informationen zu erhalten, die für den Umweltschutz | |
relevant sind. Es wurde auf Druck der EU schon mehrmals überarbeitet. Mit | |
dem Verbraucherinformationsgesetz und dem Informationsfreiheitsgesetz | |
wurden die Informationspflichten des Bundes später auf andere Bereiche | |
ausgeweitet. | |
6 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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