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# taz.de -- Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Das braune Öl am Yellowstone
> Der Bakken, eine geologische Formation in Kanada, ist reich an fossilen
> Verbindungen. Wer hier lebt, findet es normal, dass eine Ölpipeline
> platzt.
LAUREL taz | Der Junge nimmt Anlauf, springt über das Geländer der Duck
Creek Bridge. Und landet zehn Meter tiefer im Fluss. Es ist ein heißer
Nachmittag, Schulferien.
Wenige hundert Meter von der Brücke entfernt ist im Juli 2011 eine Pipeline
von Exxon-Mobil geplatzt, die direkt unter dem Flussbett des Yellowstone
River lag. Auf Viehweiden schimmerten ölige Pfützen, im Fluss glitt das Öl
bis zur Mündung des Yellowstone in den Missouri. Anwohner wurden evakuiert,
der Fischfang verboten.
Den Kontrolleuren im 2.683 Kilometer vom Unglücksort entfernten Houston
fiel der Druckabfall in der 20 Jahre alten Pipeline schon nach 7 Minuten
auf. Allerdings brauchten sie 46 Minuten, um die Pipeline zu schließen.
238.000 Liter Rohöl ergossen sich in den Yellowstone.
Zwei Jahre später spaziert Roy Clement mit Hund über die Brücke. Beide sind
noch nass vom Bad im Yellowstone. „Natürlich waren die Leute wütend“, sagt
der 56-Jährige. Die Aufregung stieg, als bekannt wurde, dass in Montana
Pipelines an 88 Stellen Flüsse unterqueren. Roy Clement hält das Platzen
der Pipeline für einen Betriebsunfall, „längst erledigt“. Die starke
Schneeschmelze, der Rekordregen im Sommer: „So etwas kommt nur einmal in
hundert Jahren vor.“ Er lobt die Reaktion des Ölkonzerns.
## Exxon will Strafe nicht zahlen
Exxon hatte nach der Ölpest 135 Millionen Dollar für Reinigungsarbeiten
gezahlt. Aber die Strafe in Höhe von 1,7 Millionen Dollar akzeptierte der
Konzern nicht. Die Richter hatten Exxon vorgeworfen, nichts unternommen zu
haben, als es Hinweise darauf gab, dass die Pipeline erodiert sei und
brechen könne. Die Exxon-Anwälte konterten in diesem Sommer, der Konzern
habe „sinnvolle“ Vorsichtsmaßnahmen ergriffen.
Die Öffentlichkeit erfährt wenig von dem Streit. Die Medien haben sich
längst anderen geborstenen Pipelines zugewandt. Der 65 Jahre alten
Pegasus-Pipeline beispielsweise, die am Karfreitag platzte und einen
Stadtteil von Mayflower, Arkansas mit 318.000 Litern Öl überschwemmte. Erst
danach fanden die Anwohner heraus, dass unter ihren Gärten schweres Öl aus
Kanada durch eine Pipeline fließt.
Am Rande des Yellowstone-Nationalparks ist die Ölindustrie größter
Arbeitgeber. Die Raffinerie von Billings ist wenige Minuten entfernt. Drei
Autostunden weiter westlich beginnt der Bakken, dessen tief gelegenes Öl
mit der Fracking-Methode gefördert wird. Dabei wird das Gestein in der
Tiefe mit Wasserdruck und Chemikalien erschüttert und frakturiert.
## Nur geringe Steuern
Der Bakken erstreckt sich über drei Bundesstaaten. In Montana ist das
Fracking am günstigsten. Wer dort bohren will, muss in den ersten 18
Fördermonaten nur 0,75 Prozent Steuern zahlen. Erst danach, wenn der Zenit
der Ölförderung überschritten ist, steigen die Steuern auf 9 Prozent.
Auch die Keystone XL Pipeline, die Öl aus Teersanden in Kanada nach Texas
bringen soll, wollen Montanas Politiker haben. Der Demokrat Brian
Schweitzer, der Ex-Governor, beschreibt seinen Einsatz für die Pipeline,
als habe er – und nicht die Geografie – den Konzern TransCanada auf die
Idee gebracht, sie hier zu verlegen. Die Ölindustrie revanchiert sich mit
großzügigen Spenden. Die Brüder Dan und Farris Wilks, die große Ländereien
im Bakken in Montana aufgekauft haben, waren 2012 die wichtigsten Geldgeber
für republikanische Wahlkämpfer in Montana.
Der Konsens über die fossile Energiegewinnung hat in Montana Tradition.
Nicht alle Projekte gelingen. Ende der 70er Jahre bewilligten die Politiker
eine Pipeline, die pulverisierte Kohle aus dem Yellowstone-Park rund 1.600
Kilometer weit befördern sollte. Umweltschützer und Eisenbahner gemeinsam
verhinderten die „Slurry Coal Pipeline“. Heute rattern allnächtlich
Kohlezüge durch Montanas Täler.
Spaziergänger Roy Clement ist Ingenieur im Bakken. Er frackt zwei Wochen
nach Öl, dann hat er zwei Wochen Pause. Die Teenager, die von der Brücke
springen, gehen noch zur Schule. Vermutlich werden auch sie bald in den
Bakken gehen.
27 Aug 2013
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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