| # taz.de -- Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Das Ende der Erdölleitung | |
| > Die geplante Verlängerung der Keystone XL soll Öl nach Houston in Texas | |
| > bringen. Doch dort herrscht schon jetzt ein ökologischer Notstand. | |
| Bild: Der hohe Weltmarktpreis macht Gewinnung und Transport von Öl auch aus Te… | |
| HOUSTON taz | Wo Manchester in Pasadena übergeht, wabert ein schwerer Mix | |
| in der texanischen Luft. Es riecht süßlich, nach Schwefel, Diesel und | |
| Abwasser, es kratzt im Hals, lässt die Augen tränen. Und manche Nasen | |
| bluten. „Willkommen in Stinkadina“, sagt Juan Parras. Er ist Umweltaktivist | |
| in einer Stadt, die seit 112 Jahren um das Öl kreist: Houston, von wo aus | |
| die USA sich selbst und die Welt mit Treibstoff versorgen. | |
| In der hoch industrialisierten Zone, wo Parras gegen Schadstoffemissionen | |
| kämpft, soll die Keystone XL, die geplante Verlängerung der vorhandenen | |
| Keystone-Pipeline, nach 3.462 Kilometern enden. Das schwere Rohöl aus den | |
| Teersanden in Alberta, Kanada, soll längs des Houston Ship Channel | |
| raffiniert werden. Mehrere Ölkonzerne haben bereits zwei- und dreistellige | |
| Millionensummen investiert, um ihre Anlagen aufzurüsten. | |
| Die Raffinerien – darunter ExxonMobil, Valero, Lyondellbasell – stehen | |
| neben Chemie-, Reifen- und Düngemittelfabriken, die ebenfalls Rohöl | |
| verarbeiten. Viele produzieren in einer Freihandelszone, zahlen keinen Zoll | |
| und nur reduzierte Steuern. Und alle können ihre Waren direkt auf | |
| überseetaugliche Schiffe verladen. Der Ship Channel, der vom Ostrand | |
| Houstons zum Golf von Mexiko führt, ist tief genug, um den Anschluss an den | |
| Weltmarkt zu garantieren. | |
| Houston boomt, seit 1901 in Spindletop die erste und ergiebigste Ölquelle | |
| von Texas angebohrt wurde. Doch seit die Ölförderung aus den | |
| konventionellen Quellen zurückgeht, drohen Überkapazitäten. Die Teersande | |
| in Alberta und der Fracking-Boom in North Dakota retteten die Industrie. | |
| Obwohl die Erschließung dieses unkonventionellen Öls um ein Vielfaches | |
| umweltschädlicher und teurer ist als die konventionelle Ölförderung, hat | |
| der steigende Weltmarktpreis sie längst wirtschaftlich interessant gemacht. | |
| ## Das patriotische Argument | |
| Gegenüber der Öffentlichkeit benutzt die Keystone-Lobby aber vor allem ein | |
| patriotisches Argument: Das Öl aus Nordamerika mache die USA | |
| „energieunabhängig“. Es erlaube, immer mehr auf politisch unberechenbare | |
| Lieferanten wie Venezuela und arabische Länder zu verzichten. | |
| In seinem Büro im Osten von Houston rückt Umweltschützer Parras, die | |
| Argumentation der Industrie zurecht: „Das Ölpestrisiko und die Luft- und | |
| Wasserverschmutzung bleiben hier. Aber 85 Prozent des Endprodukts aus den | |
| Teersanden würden exportiert.“ | |
| Der 65-jährige Texaner hat lange als Gewerkschafter gearbeitet, bevor er | |
| sich auf Umweltthemen und soziale Gerechtigkeit spezialisiert und die | |
| Gruppe Texas Environmental Justice Advocacy Services gegründet hat. | |
| Das Öl aus den Teersanden ist für ihn ein Thema von vielen. Der Houston | |
| Ship Channel ist schon jetzt eine permanente Umweltkatastrophe. Immer | |
| wieder gibt es Brände, Explosionen, giftige Wolken und toxische | |
| Abwässereinleitungen. Und täglich fahren Dutzende von Zügen mit | |
| Warnschildern „Gefahrentransporte“ quer durch die dicht besiedelte Gegend | |
| zu den Industrieanlagen am Ship Channel. Die direkt Betroffenen sind die | |
| Anwohner. Die meisten sind Angehörige von Minderheiten, Latinos, | |
| Afroamerikaner. Jeder vierte lebt unterhalb der Armutsgrenze. | |
| ## Zaun an Zaun | |
| Ihre Wohnsiedlungen, Sportanlagen und Spielplätze befinden sich Zaun an | |
| Zaun mit den Raffinerien und Chemiefabriken. Kinder die in einem | |
| 4,6-Kilometer-Radius rund um den Ship Channel aufwachsen, haben ein 56 | |
| Prozent höheres Leukämierisiko als jene, die 16 Kilometer entfernt wohnen, | |
| hat die University of Texas festgestellt. Auffällig erhöht ist auch die | |
| Zahl von Haut- und Atemkrankheiten. | |
| Es ist nicht einfach, Unterstützer zu finden. „Die Menschen leben in der | |
| Stadt“, sagt Parras, „entfremdet von der Natur.“ Deshalb organisiert er | |
| „Toxic Bike Tours“. Zeigt, wo bei tropischen Stürmen giftiger Metallstaub | |
| ins Wasser geschwemmt wird und woher die Gase kommen, die Haut- und | |
| Atemkrankheiten auslösen. Antwortet auf das vermeintliche Totschlagargument | |
| „mehr Jobs“, dass „Öl aus Teersanden bei der Raffinierung elfmal mehr | |
| Schwefel, elfmal mehr Nickel und fünfmal mehr Blei als konventionelles Öl“ | |
| freisetze. | |
| Dann hört er oft: „Davon hatte ich keine Ahnung.“ Einmal hatte er Besucher | |
| aus dem indischen Bhopal. Einer von ihnen sagte: „Wir dachten, so etwas | |
| gäbe es nur bei uns.“ | |
| 26 Jan 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Dorothea Hahn | |
| ## TAGS | |
| Erdöl | |
| Rohstoffe | |
| USA | |
| Keystone-XL-Pipeline | |
| Pipeline | |
| Keystone-XL-Pipeline | |
| Nordsee | |
| Repsol | |
| Fracking | |
| Öl | |
| Keystone-XL-Pipeline | |
| Fracking | |
| Pipeline | |
| Pipeline | |
| Keystone-XL-Pipeline | |
| Keystone-XL-Pipeline | |
| Keystone-XL-Pipeline | |
| Kanada | |
| Keystone-XL-Pipeline | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Erfolg für US-Ureinwohner in Dakota: Pipeline-Bau vorerst gestoppt | |
| Die Dakota-Access-Pipeline soll Fracking-Öl transportieren. Sie darf nicht | |
| ohne weitere Prüfungen durch das Standing-Rock-Reservat verlaufen. | |
| Keystone-XL-Pipeline: Repräsentantenhaus wird schmierig | |
| Die Wahlkampfhilfe der Industrie wirkt: Das Repräsentantenhaus hat für die | |
| Pipeline Keystone XL gestimmt. Nur Obama bremst. | |
| Umwelt-Gefahr: Zeitbombe Nordsee-Öl | |
| Das Risiko einer Katastrophe bei der Ölförderung wächst, warnt eine Studie. | |
| Grund dafür sei die alternde Infrastruktur. | |
| Milliardenentschädigung von Argentinien: Repsol hofft auf Geldsegen | |
| Der Ölkonzern Repsol soll fünf Milliarden Dollar erhalten. Die Summe ist | |
| als Entschädigung für die Teilverstaatlichung der argentinischen | |
| Tochterfirma gedacht. | |
| Überzeugungen eines Energiechefs: Das große Ganze im eigenen Garten | |
| Der Boss von ExxonMobil ist fürs Fracking. Eigentlich. Uneigentlich ist er | |
| es nicht mehr, wenn die Förderung in seiner Nachbarschaft passiert. | |
| Studie zur Keystone-Pipeline: Das Öl kommt, so oder so | |
| In den USA ist eine Studie über die Umweltauswirkungen der umstrittenen | |
| Öl-Pipeline „Keystone XL“ vorgelegt worden. Sie liefert Kritikern wie | |
| Befürwortern Argumente. | |
| Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Und plötzlich kamen die Erdbeben | |
| Öl ist in Oklahoma eine der Quellen des Wohlstands mit Kultstatus. Doch nun | |
| gibt es eine neue Fördermethode – und die hat fatale Nebenwirkungen. | |
| Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Die Öl-Boomtown | |
| Watford City war einmal ein beschauliches Städtchen in der Prärie. Nun ist | |
| es von Wohncontainern umringt, denn hier sprudelt das Öl. | |
| Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Das braune Öl am Yellowstone | |
| Der Bakken, eine geologische Formation in Kanada, ist reich an fossilen | |
| Verbindungen. Wer hier lebt, findet es normal, dass eine Ölpipeline platzt. | |
| Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Der CO2-Fänger | |
| Zu viel Kohlendioxid? Das lässt sich mit CCS einfangen und unterirdisch | |
| speichern, meint der Geologe Colin Shaw. Den richtigen Ort will er auch | |
| schon haben. | |
| Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Öl bahnt sich immer seinen Weg | |
| Ob der Bau der Pipeline genehmigt wird, ist unklar. Doch die Industrie | |
| arbeitet schon an Alternativen. Ölzüge werden dabei immer wichtiger. | |
| Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Aus Teersand wurde Ölsand | |
| Im Shell-Museum in Alberta wird die wunderbare Welt der Ölgewinnung | |
| demonstriert. Dass der Abbau von Teersand extrem umweltschädlich ist, weiß | |
| dort keiner. | |
| Entlang der Keystone-XL-Pipeline: „Die 60-Milliarden-Dollar-Frage" | |
| Die Märkte für Teersandöl liegen in den USA und China, sagt der Ökonom Todd | |
| Hirsch. Deshalb spiele Europas Unbehagen am Abbau keine Rolle. | |
| Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Ein Ölstaat mitten in Kanada | |
| Im Bundesstaat Alberta boomt die Förderung von Erdöl aus Teersanden. Das | |
| vergiftet Menschen und Umwelt. Aber die Behörden schauen lieber weg. | |
| Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Vergiftete Seen, vergiftete Seelen | |
| Die Entscheidung der US-Regierung zum Bau der Keystone-Pipeline nach Kanada | |
| steht noch aus. Ein Besuch an dem Ort, wo die Reise des Öls beginnen soll. |