# taz.de -- Erfolg für US-Ureinwohner in Dakota: Pipeline-Bau vorerst gestoppt | |
> Die Dakota-Access-Pipeline soll Fracking-Öl transportieren. Sie darf | |
> nicht ohne weitere Prüfungen durch das Standing-Rock-Reservat verlaufen. | |
Bild: Sioux aus North Dakota protestieren am Freitag gegen die Pipeline | |
NEW YORK taz | Siegesfeier am Cannonball River in North Dakota: Tausende | |
UreinwohnerInnen aus allen Teilen der USA tanzten, sangen und beteten am | |
Freitagabend, um eine Entscheidung der Obama-Regierung zu würdigen. Das | |
Justiz- und das Innenministerium in Washington hatten am Nachmittag | |
überraschend entschieden, die Bauarbeiten an der Dakota-Access-Pipeline in | |
der Nähe des Standing-Rock-Reservates bis auf Weiteres zu stoppen. In der | |
Zwischenzeit sollen neue „Umweltverträglichkeitsprüfungen“ sowie Gespräc… | |
mit indianischen Gruppen stattfinden | |
Wenige Momente bevor die beiden Ministerien in Washington am Freitag ihre | |
Entscheidung bekannt gaben, hatte Bundesrichter James Boasberg einen | |
Baustopp per einstweiliger Verfügung abgelehnt. Das Standing Rock Reservat | |
hatte eine Woche zuvor einen entsprechenden Eilantrag bei dem Gericht | |
eingereicht. Denn die Pipeline-Route führt auch durch indianische Kult- und | |
Grabstätten, die bei den Bauarbeiten zerstört würden. | |
Indianische Gruppen protestieren seit Monaten gegen die Pipeline, die Öl | |
aus Tausenden von Fracking-Bohrstellen in North Dakota quer durch vier | |
Bundesstaaten des Mittleren Westens nach Illinois und von dort aus weiter | |
in die Raffinerien längs der Golf- und Ostküste bringen soll. Neben dem | |
Schutz von Kultstätten ist die Wasserreinheit ihr Hauptargument. | |
Die Pipeline von North Dakota bis Illinois unterquert auf ihrer 1.700 | |
Kilometer langen Route zahlreiche Wasserwege, darunter wenige hundert Meter | |
nördlich des Standing-Rock-Reservats auch den Missouri, der an dieser | |
Stelle zum Lake Oahe gestaut ist. Ein Leck in der Pipeline könnte die | |
Trinkwasserversorgung des Reservates zerstören, die zu 100 Prozent aus dem | |
Missouri kommt. | |
## Landesweite Protestbewegung | |
Die Proteste gegen die Pipeline hatten längs der Route angefangen, sich | |
jedoch im Laufe des Sommers unter dem Motto [1][#RezpectOurWater] quer | |
durch die USA ausgedehnt. Den Anstoß für die nationale Ausweitung der | |
Protestbewegung gab eine Gruppe von Teenagern aus dem | |
Standing-Rock-Reservat, die im Juli die 3.200 Kilometer von North Dakota | |
bis nach Washington, D.C., gerannt waren, um dort eine Petition abzugeben. | |
Seither waren beinahe täglich neue indianische Gruppen in das Protestlager | |
am Cannonball River, direkt an der Pipeline-Route, gekommen. Dort sind die | |
Proteste zu der stärksten indianischen Bewegung der letzten Jahrzehnte | |
geworden. Mindestens 200 der mehr als 500 indianischen Stämme in den USA | |
haben sich solidarisch mit den Pipeline-Gegnern erklärt. | |
Das texanische Unternehmen Energy Transfer Partners betonte hingegen, dass | |
es sämtliche Genehmigungen für den Bau seiner Pipeline habe, die nach ihrer | |
Fertigstellung eine Kapazität von bis zu 570.000 Barrel (mehr als 90 | |
Millionen Liter) Öl pro Tag haben soll. Das Unternehmen setzte die | |
Bauarbeiten auch noch fort, nachdem das Reservat seinen Eilantrag bei | |
Gericht eingereicht hatte. | |
## Wachhunde auf Demonstranten losgelassen | |
Am vergangenen Samstag kam es daraufhin zu blutigen Szenen an der | |
Pipeline-Trasse nördlich des Reservats. Während Planierraupen Schneisen in | |
den Acker rissen, ließen private Wachschützer ihre Hunde auf die | |
Demonstranten los. Sechs Menschen erlitten Hundebisse, mindestens 30 wurden | |
von den Wachschützern mit Pfefferspray traktiert. | |
Wie viele indianische Reservate ist auch Standing Rock ein Gebiet mit | |
extremer Armut. Das durchschnittliche Jahreseinkommen auf dem Reservat | |
liegt bei 4.421 Dollar. Zugleich sind hier die Erinnerungen an eine andere, | |
ein halbes Jahrhundert zurückliegende Ungerechtigkeit noch frisch: Als 1958 | |
der Oahe-Stausee angelegt wurde, vertrieb die Regierung zahlreiche | |
Ureinwohner aus ihren Häusern und überschwemmte das Land. | |
Die Dakota-Access-Pipeline ist bereits zu mehr als der Hälfte fertig | |
gestellt. Außerhalb der unmittelbaren Umgebung des Standing-Rock-Reservats | |
darf sie auch nach dem Washingtoner Entscheid weiter gebaut werden. Nach | |
der Planung des Betreibers, in dessen Vorstadt auch der verhinderte | |
republikanische Präsidentschaftskandidat Rick Perry sitzt, soll die | |
Pipeline bereits Anfang 2017 in Betrieb gehen. | |
Doch dieses Datum erscheint angesichts der neuen Entwicklungen illusorisch. | |
Ein Abstimmungsprozess, wie ihn die Ministerien am Freitag vorgeschlagen | |
haben, wird Jahre dauern. Und die Pipeline-GegnerInn am Cannonball River | |
haben bereits angekündigt, dass sie sich nicht mit einem Aufschub zufrieden | |
geben, sondern für ein definitives Ende der Pipeline sorgen wollen. | |
10 Sep 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://rezpectourwater.com/ | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
## TAGS | |
Pipeline | |
Öl | |
North Dakota | |
Fracking | |
North Dakota | |
USA | |
Pipeline | |
Ureinwohner | |
Öl | |
Erdöl | |
Fracking | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Pipeline-Bau in North Dakota: Etappensieg für Sioux | |
Seit Wochen blockieren Demonstranten den Bau der North-Dakota-Pipeline. | |
Jetzt haben sie einen ersten Erfolg: Ein Pionierkorps unterbrach die | |
Baumaßnahmen. | |
Protest gegen Pipelinebau in North Dakota: Gekommen, um zu bleiben | |
Die Camps des Pipeline-Protests sollen geräumt werden, fordert North | |
Dakotas Gouverneur. Die Demonstranten denken gar nicht daran. | |
Indigener Protest gegen Öl-Pipeline: Eiskalter Wasserwerfer | |
Polizei und Demonstranten gerieten an der Dakota-Access-Pipeline im Norden | |
der USA aneinander. Es gab 167 Verletzte. 17 wurden ins Krankenhaus | |
eingeliefert. | |
US-Ureinwohner gegen Ölpipeline: Flüsse und Kultstätten in Gefahr | |
Die Sioux wollen in North Dakota den Bau einer Pipeline verhindern, die | |
Heiligtümer und Wasserversorgung bedroht. Ein Gericht entscheidet nun. | |
Knappe Abstimmung im US-Senat: Keystone-Pipeline gescheitert | |
Eines der größten Bauvorhaben in den USA wurde vom Senat vorerst gestoppt. | |
Das endgültige Aus für die Keystone-XL-Pipeline ist das aber noch nicht. | |
Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Das Ende der Erdölleitung | |
Die geplante Verlängerung der Keystone XL soll Öl nach Houston in Texas | |
bringen. Doch dort herrscht schon jetzt ein ökologischer Notstand. | |
Entlang der Keystone-XL-Pipeline: Die Öl-Boomtown | |
Watford City war einmal ein beschauliches Städtchen in der Prärie. Nun ist | |
es von Wohncontainern umringt, denn hier sprudelt das Öl. |