# taz.de -- US-Ureinwohner gegen Ölpipeline: Flüsse und Kultstätten in Gefahr | |
> Die Sioux wollen in North Dakota den Bau einer Pipeline verhindern, die | |
> Heiligtümer und Wasserversorgung bedroht. Ein Gericht entscheidet nun. | |
Bild: Native Americans demonstrieren am 12.8.2016 in North Dakota gegen den Pip… | |
WASHINGTON taz | „Keine Anhörung – keine Zustimmung“ ist auf einem | |
Transparent zu lesen. „Wir sind immer noch hier“ auf einem anderen. Frauen | |
und Männer verschiedener indianischer Stämme, manche von ihnen mit | |
Federschmuck und Gesichtsbemalung, tragen die Spruchbänder über einen Acker | |
in North Dakota unweit des Missouri-Flusses. | |
Der Ölkonzern „Energy Transfer Partners“ will an dieser Stelle eine 78 | |
Zentimeter dicke Pipeline verlegen, durch die schon ab Anfang 2017 täglich | |
Hunderttausende Barrel Rohöl fließen sollen. Die Ureinwohner wollen das | |
verhindern. Denn der Acker liegt nur wenige hundert Meter oberhalb der | |
„Standing Rock Indian Reservation“, einem der kleinen Reservate, die von | |
ihrem einst grenzenlosen Land übrig geblieben sind. | |
Die Schlacht um die „Dakota Access Pipeline“, auch „Bakken-Pipeline“ | |
genannt, tobt seit Juli, als eine Gruppe von Jugendlichen aus dem Reservat | |
die 3.200 Kilometer lange Strecke bis in die Hauptstadt Washington gerannt | |
ist, um Respekt für ihr Wasser und ihr Land zu verlangen. Doch an diesem | |
Wochenende eskalierte sie. | |
Nachdem der Standing-Rock- Sioux-Stamm am Freitag vor Gericht einen | |
Baustopp beantragt hatte, weil die geplante Pipeline-Route quer durch | |
verschiedene indianische Kultstätten und Grabstellen geht, planierten am | |
Samstag erneut Bulldozer den Acker. Parallel versuchten private Wachleute | |
mit Pfeffergas und Hunden, DemonstrantInnen zu vertreiben. Fünf Erwachsene | |
und ein Kind wurden verletzt, als die Wachleute ihre Hunde auf sie | |
losließen. | |
## Die Pipeline unterquert zahlreiche Flüsse | |
„Unverschämt“, nannte der Stammesvorsitzende David Archambault II das | |
Vorgehen des Unternehmens: „Sie setzten die Zerstörung unserer Stätten auch | |
fort, nachdem wir dem Gericht die Dokumente über unsere heiligen Stätten | |
gegeben haben.“ Das Bundesgericht in Washington will noch diese Woche über | |
die einstweilige Verfügung entscheiden. Weitere Klagen befassen sich mit | |
möglichen Wasserverschmutzungen durch Lecks in der Pipeline – auf ihrer | |
Route unterquert sie zahlreiche Flüsse, darunter auch zweimal den Missouri, | |
der das Standing-Rock- Reservat mit Wasser versorgt – und mit der | |
Beschlagnahmung von Land, wogegen sich zahlreiche Farmer wehren. | |
Die knapp vier Milliarden Dollar teure Bakken-Pipeline soll das Öl aus den | |
Tausenden von Fracking-Bohrstellen abtransportieren, die North Dakota in | |
den letzten Jahren zum zweiten Ölstaat der USA (nach Texas) gemacht haben. | |
Auf 1.700 Kilometern führt sie von North Dakota über South Dakota und Iowa | |
bis nach Illinois, von wo aus das Rohöl weiter in die Raffinerien an der | |
Ostküste und am Golf von Mexiko gehen soll. | |
Als die Pipeline geplant wurde, lagen die Rohölpreise noch bei über 100 | |
Dollar pro Barrel; derzeit schwanken sie zwischen 40 und 50 Dollar. Doch | |
die Energy Transfer Partners, bei denen der ehemalige texanische Gouverneur | |
und verhinderte republikanische Präsidentschaftskandidat Rick Perry im | |
Vorstand sitzt, setzen darauf, dass der Preis wieder in die Höhe geht. | |
## 3.000 Menschen demonstrieren | |
Ihr kanadischer Konkurrent Enbridge hat hingegen in der vergangenen Woche | |
seinen Genehmigungsantrag für die Sandpiper Pipeline, die auf einer weiter | |
nördlich gelegenen Route Rohöl aus North Dakota nach Wisconsin bringen | |
sollte, zurückgezogen, weil ihm das Risiko angesichts gesunkener Ölpreise | |
und politischer Widerstände zu groß schien. | |
Anders als die Pipeline Keystone-XL, die im vergangenen Jahr nach | |
siebenjährigem politischem Tauziehen von der Obama-Regierung gestoppt | |
wurde, überquert die Bakken-Pipeline keine internationale Grenze. Darum | |
ging auch ihr Zulassungsverfahren schnell: Sie bekam schon im Juli die | |
Genehmigung. | |
Doch davon lassen sich die Pipeline-Gegner, unter denen die indianischen | |
Gruppen führend sind, nicht beeindrucken. In diesem Sommer sind bereits | |
mehr als 3.000 Menschen aus allen Teilen der USA in ihr Protestlager am | |
Missouri-Fluss gekommen. Damit hat der Widerstand gegen die neue Pipeline | |
schon jetzt für die größte politische Versammlung US-amerikanischer | |
Ureinwohner seit Jahrzehnten gesorgt. | |
6 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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