| # taz.de -- Verhandlungen über große Koalition: Streit? Welcher Streit? | |
| > Union und SPD üben sich in professioneller Harmonie. Sie einigen sich, | |
| > die Linie in Europa fortzuführen. Es bleiben aber noch immer dicke | |
| > Brocken. | |
| Bild: In sich gekehrt: Die SPD-Phalanx in der große Verhanldungsrunde | |
| BERLIN taz | Der Satz zum Nachdenken kam von CSU-Generalsekretär Alexander | |
| Dobrindt. „Wir lassen uns unsere Diskussionskultur durch Harmonie nicht | |
| stören.“ Kurz stutzten seine KollegInnen Andrea Nahles (SPD) und Hermann | |
| Gröhe (CDU), dann schmunzelten sie. Ein Scherz, na klar. | |
| Als die drei Generalsekretäre am Mittwochnachmittag im Konrad-Adenauer-Haus | |
| die Ergebnisse der großen Verhandlungsrunde vortragen, überbieten sie sich | |
| darin, die jüngsten Dissonanzen kleinzureden. Nahles beteuerte, es sei | |
| „normal, dass es auch mal ruckelt und rumst“, um zu erklären, warum | |
| SPD-Verhandler zuvor zwei Arbeitsgruppen unterbrochen hatten. Gröhe | |
| pflichtete bei, dass dies tief in der Nacht durchaus sinnvoll sei. Und | |
| Dobrindt versprach zum Streit über Volksabstimmungen auf Bundesebene | |
| treuherzig, da werde nicht versucht, „zwei gegen einen zu spielen“. | |
| Streit? Welcher Streit? Alle drei übten sich darin, – sehr professionell – | |
| Harmonie vorzuspielen. Und sie verkündeten Konsens über ein zentrales | |
| Thema: die Europapolitik der kommenden Bundesregierung. Dabei läuft alles | |
| auf ein „Weiter so!“ hinaus. Gröhe betonte, dass die Linie, für die | |
| Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble stehen, | |
| weiterverfolgt werde. Die Parteien seien sich einig, das verschuldete | |
| Staaten ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken müssten. Instrumente wie | |
| Eurobonds oder ein Altschuldentilgungsfonds lehne man ab, weil sie die | |
| Vergemeinschaftung von Schulden bedeuteten, sagte Gröhe. | |
| Eine Überraschung ist die Einigung nicht: Die SPD hatte Merkels | |
| Rettungskurs im Parlament stets zugestimmt und sich von Ideen wie Eurobonds | |
| längst verabschiedet, weil eine Mehrheit der Bevölkerung sie skeptisch | |
| sieht. Nahles ergänzte, die Koalitionäre in spe hätten einen „gemeinsamen | |
| Kompass“. Und hob die für ihre Partei wichtigen Punkte hervor, etwa eine | |
| stärkere Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit oder Initiativen gegen | |
| Sozial- und Lohndumping. | |
| ## Einigungen bei Asylgesetz | |
| Neben weiteren Einigungen, etwa über Lockerung der Residenzpflicht für | |
| Asylbewerber, schaffte aber auch diese Verhandlungsrunde es nicht, dicke | |
| Brocken abzuräumen. Bei vielen wichtigen Themen liegen Union und SPD noch | |
| weit auseinander, etwa bei der Vorratsdatenspeicherung, der doppelten | |
| Staatsbürgerschaft und dem Kooperationsverbot in der Bildungspolitik. Alle | |
| drei Themen wurden besprochen, aber erneut ungelöst beiseitegelegt. | |
| Auch was Volksabstimmungen angeht, sind die Fronten unverändert. Während | |
| sich CSU und SPD mehr Basisdemokratie auf Bundesebene vorstellen können, | |
| mauert die CDU. Dobrindt verwies ausdrücklich auf die übergroße Mehrheit | |
| der künftigen Koalition und die kleine Opposition. | |
| In so einer Situation müsse anders über politische | |
| Entscheidungsmöglichkeiten zwischen Wahlen nachgedacht werden als sonst, | |
| sagte er. Nahles fand eine schöne Metapher für die Lage. „Wir haben die | |
| Ernte noch nicht in der Scheune.“ | |
| 13 Nov 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrich Schulte | |
| ## TAGS | |
| SPD | |
| CDU/CSU | |
| Koalitionsverhandlungen | |
| Europapolitik | |
| SPD | |
| SPD | |
| SPD | |
| Sigmar Gabriel | |
| Konservative | |
| Volksentscheid | |
| Verkehr | |
| Schwarz-rote Koalition | |
| Schwarz-rote Koalition | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kooperationsverbot Bund und Länder: Die Sechs-Milliarden-Euro-Frage | |
| Die Regierung will mehr Geld für Schulen und Hochschulen ausgeben. Dafür | |
| müsste sie das Grundgesetz ändern. Die SPD ist uneins, ob sie das will. | |
| Streitthema doppelte Staatsbürgerschaft: Gröhe könnte sich da was vorstellen | |
| Die CDU ist, glaubt man Generalsekretär Hermann Gröhe, bereit, beim Thema | |
| doppelte Staatsbürgerschaft auf die SPD zuzugehen. Junge Erwachsene können | |
| hoffen. | |
| Strategiepapier der SPD: Gut wären ein bis zwei Kinder | |
| Ein geheimes Strategiepapier der SPD lotet die Perspektiven der Partei aus. | |
| Und fordert radikale Konsequenzen in der Personalpolitik. | |
| Parteitag der SPD: Die Reifung des Sigmar Gabriel | |
| Der SPD-Vorsitzende leidet an seiner Partei. Sie ist ihm zu unbeweglich. | |
| Und sie leidet an ihm: bei seiner Wiederwahl bekommt er weniger Stimmen. | |
| Kolumne Konservativ: Spiel’s noch einmal, Sozi | |
| Bei den Koalitionsverhandlungen zeigt sich: Es gibt noch eine konservative | |
| Partei. Die SPD. Sie fügt sich deprimiert ins selbst gemachte Schicksal. | |
| Kommentar Bundesweite Volksentscheide: Die Angst vor dem Bürger | |
| Union und SPD diskutieren in ihren Koalitionsgesprächen über | |
| Volksentscheide – aber eher halbherzig. Dabei sind die WählerInnen mehr als | |
| reif dafür. | |
| Neue Regierung, neuer Zoff: Maut bremst SPD und Union aus | |
| Koalitionäre brechen Verhandlungen im Streit über Lkw-Gebühr ab. Anwohner | |
| sollen durch ein Verbot für laute Züge geschützt werden. | |
| Schwarz-rote Koalitionsrunde: Für bundesweite Volksabstimmungen | |
| Einem Medienbericht zufolge wollen Union und SPD Plebiszite auf Bundesebene | |
| ermöglichen. Etwa bei „europapolitischen Entscheidungen“. | |
| Schwarz-rote Koalitionsgespräche: Einigung bei Mietpreisbremse | |
| Union und SPD haben festgelegt, dass Mietsteigerungen in Ballungsräumen | |
| begrenzt werden sollen. Andere Themen, wie Energiewende und Pkw-Maut wurden | |
| vertagt. |