# taz.de -- Kooperationsverbot Bund und Länder: Die Sechs-Milliarden-Euro-Frage | |
> Die Regierung will mehr Geld für Schulen und Hochschulen ausgeben. Dafür | |
> müsste sie das Grundgesetz ändern. Die SPD ist uneins, ob sie das will. | |
Bild: Die Leute haben genug von vollen Hörsälen und maroden Schulen, meint di… | |
BERLIN taz | An diesem Donnerstag wird die Linke im Bundestag die | |
Bundesregierung ein bisschen nerven. Und zwar mit einem Antrag zur | |
Abschaffung des Kooperationsverbots in der Bildung. Eine Stunde muss sich | |
das Plenum damit beschäftigen, bevor es ihn mehrheitlich ablehnt. Vor allem | |
die SPD aber wird so gezwungen, sich der Frage zu stellen: Was wollen wir | |
eigentlich? Das sei in der Fraktion heiß umkämpft, heißt es. | |
Bildung, Wissenschaft und Forschung sind Kernanliegen der Bundesregierung. | |
So steht es im Koalitionsvertrag. Doch mehr als hundert Tage nach | |
Inkrafttreten ist noch nichts passiert. Ein Grund ist das | |
Kooperationsverbot. Es erlaubt dem Bund nicht, sich in den Bildungsbereich | |
finanziell einzumischen. Genau das aber haben Union und SPD vereinbart: Sie | |
wollen die Länder bei Kitas, Schulen und Hochschulen um 6 Milliarden Euro | |
entlasten. Momentan ist die Summe beim Finanzminister geparkt, während die | |
Regierungspartner grübeln: Wie kommt das Geld legal in die Länder? | |
„Unser Grundsatz, das Kooperationsverbot für den gesamten Bildungsbereich | |
aufzuheben, gilt nach wie vor. Ich sehe momentan aber keine Mehrheiten“, | |
sagte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil der taz. Dennoch müsse man jetzt | |
schnell die Frage klären, wie die 6 Milliarden Euro in die | |
Bildungseinrichtungen transferiert werden könnten. Heil plädiert dabei für | |
pragmatische Wege unterhalb einer Grundgesetzänderung. Man müsse ausloten, | |
was man über zeitlich befristete Bundesprogramme erreichen könne. | |
„Irgendwelche Wege findet man immer“, meint dagegen Thüringens | |
Bildungsminister Christoph Matschie (SPD). „Es geht aber darum, sinnvolle | |
Wege zu öffnen zu einem kooperativen Bildungsföderalismus. Die Menschen im | |
Lande erwarten, dass Bund, Länder und Kommunen ihre Kräfte bündeln.“ | |
Matschie erscheint es sinnvoll, dafür das Grundgesetz anzupassen. | |
Eigentlich wollen sowohl SPD als auch Union das Grundgesetz zugunsten von | |
mehr Bildungszusammenarbeit ändern. Rein rechnerisch kein Problem: SPD und | |
Union verfügen im Bundestag und im Bundesrat über satte | |
Zweidrittelmehrheiten. Doch während die SPD vorschlägt, einen neuen | |
Paragrafen in der Verfassung zu verankern, der Zusammenarbeit bei Bildung | |
festschreibt, will die Union nur im Hochschulbereich „in Fällen | |
überregionaler Bedeutung“ kooperieren. Als Oppositionspartei war das der | |
SPD zu wenig. | |
## Jeder kocht sein eignes Süppchen | |
Damit der Bund für Studierende und Lehre an allen Hochschulen Geld | |
beisteuern darf, sei eine Grundgesetzänderung nötig, meint der | |
bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Ernst-Dieter Rossmann. Man | |
diskutiere derzeit in der Fraktion über eine ernsthafte Lösung. Ob die auch | |
den Schulbereich mit einschließt verrät er nicht, nach dem Motto: der Union | |
jetzt noch nicht zu weit entgegenkommen. | |
„Wir müssen aus der Blockade raus“, meint Matschie jetzt und fordert | |
Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) auf, die Länder zum Dialog zu | |
bitten. „Das Schlechteste wäre: Jeder wartet auf den anderen. Und nichts | |
bewegt sich.“ | |
Die Länder als Hüter der Schulen und Unis verfolgen wiederum eigene | |
Interessen, die sich nicht immer nach Parteilinien richten. In | |
Baden-Württemberg regieren die Genossen mit den Grünen. Der grüne | |
Ministerpräsident Winfried Kretschmann will, dass der Bund die 6 Milliarden | |
Euro ohne Auflagen rüberschiebt. SPD-Kultusminister Andreas Stoch sieht das | |
ebenso: „Die Kultushoheit liegt verfassungsgemäß bei den Ländern. Da bin | |
ich Föderalist.“ Da die Einnahmemöglichkeiten der Länder begrenzt seien, | |
müsse ihnen der Bund bei der Erfüllung ihrer Aufgaben helfen. „Dafür müss… | |
wir nicht den verfassungsrechtlichen Kompetenzrahmen sprengen“, sagt Stoch. | |
Der Grünen-Hochschulexperte Kai Gehring schüttelt den Kopf: „Jetzt muss | |
sich was bewegen. Die Leute haben genug von maroden Schulen und vollen | |
Hörsälen. Aber die SPD weiß nicht was sie will.“ | |
3 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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