# taz.de -- Uneinigkeit bei Ganztagsschulen: Koalition müht sich um Kooperation | |
> Damit die künftige Bundesregierung eine Grundfinanzierung leisten darf, | |
> müsste das Grundgesetz geändert werden. Das will die CSU verhindern. | |
Bild: Höhere Mathematik: Wer bezahlt die neuen Ganztagsschulen? Einer Zusammen… | |
BERLIN taz | Gute Ganztagsschulen und besser finanzierte Hochschulen – | |
ginge es nur ums Prinzip wären sich CDU, CSU und SPD rasch einig. „Wir | |
wären vermutlich in einer Stunde durch mit den Gesprächen“, hieß es vor den | |
Koalitionsverhandlungen aus der Arbeitsgruppe Bildung. | |
Doch nach drei Runden haben die potenziellen Koalitionspartner beim | |
entscheidenden Knackpunkt noch keinen Kompromiss gefunden. Und deshalb | |
steht beim Treffen der Arbeitsgruppe am Sonntag erneut die Frage auf der | |
Agenda: Wer bezahlt die schönen neuen Ganztagsschulen und pumpt Geld in die | |
Hochschulen? Sollen die Länder das wie bisher allein stemmen oder darf der | |
Bund dauerhaft mitmischen? | |
Einer unkomplizierten Zusammenarbeit von Bund und Ländern beim Thema | |
Bildung steht bisher das Grundgesetz im Wege. Es wurde 2006 im Zuge der | |
Föderalismusreform geändert. Damals verzichteten die Bundesländer auf | |
Mitspracherechte bei der Gesetzgebung, im Gegenzug erhielten sie das | |
Monopol auf die Bildungspolitik. | |
Diesen Kuhhandel bedauern inzwischen auch viele Unionspolitiker. So | |
unternahm bereits die Vorgängerin der amtierenden Bundesbildungsministerin | |
Johanna Wanka (CDU), Parteikollegin Annette Schavan, einen Vorstoß, das | |
sogenannte Kooperationsverbot zu lockern und einzelne Hochschulen gemeinsam | |
zu fördern. | |
Schavan plante, den Artikel 91 b des Grundgesetzes zu ergänzen. Bisher | |
heißt es dort, dass Bund und Länder zusammenwirken können bei der Förderung | |
von Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen. Das heißt, | |
zeitlich begrenzte Projekte dürfen mit Bundesgeld bezahlt werden. Doch für | |
die Grundfinanzierung der Hochschulen sind allein die Länder zuständig. | |
## SPD: Bund muss Ganztagsschulen fördern | |
Der CDU-Entwurf scheiterte damals im Bundesrat an den SPD-geführten | |
Ländern. Die SPD will, dass der Bund nicht nur alle Hochschulen sondern | |
auch neue Ganztagsschulen fördern darf, und möchte das Grundgesetz um einen | |
entsprechenden Absatz ergänzen. | |
Die SPD-Verhandlungsführerin der Arbeitsgruppe Bildung, Doris Ahnen, | |
stellte am Freitag noch einmal klar, dass ihre Partei weiterhin den großen | |
Wurf plant: „Wir brauchen ein Jahrzehnt der Hochschulen“, zitierte sie den | |
Wissenschaftsrat. Dazu müssten finanzielle Möglichkeiten eröffnet werden, | |
die auf Dauer angelegt seien. Außerdem wolle man ein neues | |
Ganztagsschulprogramm im Umfang von zwei Milliarden Euro pro Jahr auflegen. | |
„Es ist klar, dass man dazu eine Grundgesetzänderung braucht“, meinte | |
Ahnen. | |
Die Union ist sich in dieser Frage uneins. Der CSU-Bildungspolitiker Albert | |
Rupprecht meint, dass Bund und Länder auch ohne Grundgesetzänderung | |
erfolgreich zusammenarbeiten können. Der taz sagte Rupprecht: „Ich bin | |
gegen einen zentralistischen Ansatz. Wir sollten zuerst über Inhalte | |
diskutieren und dann darüber, ob dafür wirklich die Verfassung geändert | |
werden muss.“ | |
Das CSU-geführte Bayern und das geschäftführend schwarz-gelb regierte | |
Hessen sind die härtesten Gegner einer Grundgesetzänderung. An dieser | |
Blockade scheint die CDU bisher auch nicht energisch rütteln zu wollen, | |
entsprechend schlecht war die Stimmung bei den SPD-Unterhändlern nach | |
Verhandlungsrunde Nummer drei. „Es ist ziemlich schrecklich“, stöhnte | |
mancher und glaubte, dass die Arbeitsgruppe die Themen Ganztagsschule und | |
Hochschule wohl doch an die Große Runde der Koalitionsverhandler | |
weiterreichen müsse. | |
## CDU: Optimistische Signale | |
Die CDU sendete am Wochenende jedoch optimistische Signale: „Wir sind uns | |
bei dauerhaften Zuschüssen des Bundes für die Hochschulen einig“, sagte | |
Sachsens parteilose Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemmer der | |
Frankfurter Allgemeinen Sontagszeitung. Auch Wanka äußerte sich | |
zuversichtlich. „Wir brauchen jetzt eine Grundgesetzänderung, damit der | |
Bund sich auch unbefristet an den Hochschulen engagieren kann“, sagte sie | |
der Zeitung. | |
Das reicht der SPD jedoch nicht. „Ohne Ganztagsschulen kein | |
Koalitionsvertrag“, hieß es vor Beginn der Verhandlungen am Sonntag. Einen | |
großen Trumpf halten die Sozialdemokraten dabei in der Hand. Der | |
Mitgliederkonvent darf am Ende über den ausgehandelten Koalitionsvertrag | |
entscheiden. Ein „Masterplan Ganztagsschulen“ mit dem Ziel allen Kindern | |
eine gute Ganztagsschule in der Nähe ihres Wohnortes anzubieten war ein | |
zentrales Wahlversprechen der Partei. Und das werden die Mitglieder wohl | |
eingelgelöst sehen wollen. | |
10 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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